Sep ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Schoftim 5776

Paraschat Schoftim

daf-shoftim-5776

9./10. September 2016
7. Elul 5776

Dewarim 16:18 – 21:9
Haftara: Jeschajahu 51:12 – 52:12

Die Parascha in Kürze

• Unbestechliches Gerichtssystem
• Austilgung von Götzendienst
• Gesetze über einen jüdischen König
• Gesetze über Krieger und Kriegsführung
• Gesetze über ungeklärten Mordfall

Konzept der Woche

כִּי־יִמָּצֵא חָלָל בָּאֲדָמָה אֲשֶׁר ה‘ אֱלֹקֶיךָ נֹתֵן לְךָ לְרִשְׁתָּהּ נֹפֵל בַּשָּׂדֶה לֹא נוֹדַע מִי הִכָּהוּ:……….. כַּפֵּר לְעַמְּךָ יִשְׂרָאֵל אֲשֶׁר־פָּדִיתָ ה‘ וְאַל־תִּתֵּן דָּם נָקִי בְּקֶרֶב עַמְּךָ יִשְׂרָאֵל וְנִכַּפֵּר לָהֶם הַדָּם:
(Dewarim 21:1-8)
(Aus Platzgründen ist der Inhalt der obigen Verse diesmal zusammengefasst.)
Die Tora weist an, was gemacht werden muss, wenn ein Mordopfer auf freiem Feld außerhalb einer Stadt gefunden wird. Die Honoratioren der Stadt, eine Delegation des Sanhedrins (des höchsten Gerichtshofs) aus Jerusalem und, laut einer Meinung in der Gemara, auch der Kohen Gadol müssen zum Fundort der Leiche gehen und ausmessen, welche Stadt am nächsten gelegen ist. Diese Stadt muss ein Kalb, das noch nie gearbeitet und noch kein Joch getragen hat, zur Verfügung stellen, es in ein felsiges Tal (נַחַל אֵיתָן), wo weder geackert noch gesät wurde, hinabführen und es dort enthaupten. Die Ältesten der Stadt sollen sich dann über der עֶגְלָה עֲרוּפָה – dem geköpften Kalb – die Hände waschen und erklären, dass sie nichts mit dem Mord zu tun hatten. Sie bitten Haschem, im Verdienst der Mitzwa der Egla Arufa, den unbekannten Mord zu sühnen und nicht unschuldiges Blut im Volk Israel zu vergießen. So wird ihnen die Blutschuld vergeben werden.
Ramban (Rav Mosche ben Nachman, 1194-1270) konstatiert, dass diese Mitzwa zu den חֻקִים – den Gesetzen, die wir verstandesmäßig nicht wirklich nachvollziehen können – zu zählen ist. Wir können allerdings in dem Procedere deutlich erkennen, wie wichtig menschliches Leben für einen toratreuen Juden ist. Der Mord an einem jüdischen Menschen ist eine Tragödie für die gesamte Gemeinde und jedes Mitglied der Gemeinde hat sich zu einem gewissen Grad mitschuldig daran gemacht, weil es vielleicht nachlässig oder gleichgültig war, so dass das Mordopfer allein auf weiter Flur seinem Schicksal begegnen musste. Es ist interessant, dass die Tora darauf besteht, dass der Abstand der Leiche zur nächstgelegenen Stadt tatsächlich gemessen werden muss, auch wenn es auf der Hand liegt, um welche Stadt es sich handelt. Dazu müssen eigens Richter vom Sanhedrin aus Jerusalem herbeigeholt werden. Der Vorgang ist sehr zeitaufwendig und involviert die Spitzen der jüdischen Gesellschaft. Damit wird dem Volk Gelegenheit gegeben, nicht nur den Wert menschlichen Lebens zu schätzen, sondern auch möglicherweise den Mörder zu finden, weil das aufsehenerregende Ritual Informationen zum Vorschein bringen könnte, die zur Aufklärung des Mordes beitragen. Wahrscheinlich befindet sich ja der Mörder in der nächstgelegenen Stadt und verschiedene Anhaltspunkte der Tatumstände könnten Hinweise auf seine Identität liefern. Es ist das Ziel, die Tat zu sühnen und oberste Priorität hat es, den Täter zu finden und ihm seine gerechte Strafe zu erteilen.
Auch die Wahl des Ortes, wo das Kalb geköpft wird, ist sehr aufschlussreich: נַחַל אֵיתָן – ein felsiges Tal, wo noch nie geackert und gesät wurde und wo auch danach nie geackert und gesät werden darf, wie uns die Gemara im Traktat Sota 46b erklärt. Dieser Ort soll für alle Zeiten mit diesem ungeklärten Mord und dem darauffolgenden Ritual der Egla Arufa verbunden bleiben, so dass auch kommende Generationen daran erinnert werden. Der Tod eines Menschen an einer einsamen Stelle hinterlässt einen tiefen Eindruck auf seine Umwelt und führt hoffentlich dazu, dass wir uns immer bemühen, äußerst umsichtig zu sein, damit es nicht zum Vergießen unschuldigen Blutes kommt.

Frage der Woche: Wer muss die Leiche des Mordopfers finden, damit die Gesetze der Egla Arufa Anwendung finden? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Welch allgemeine Regel kann man ableiten von פָתֹחַ תִּפְתַּח אֶת־יָדְךָ – du sollst deine Hand öffnen (Vers 15:8)? Rabbiner Mosche Alschich (1508-1593) erklärt, dass man daraus ableiten kann, man möge seine Hand öffnen und Tzedaka geben, wenn man möchte, dass der Himmel sich für seine Wünsche öffne.
Biographie der Woche

Rabbi Jitzchak ben Scheschet

Rivasch

Jahrzeit 2. Elul

Rav Jitzchak ben Scheschet wurde 1326 in Barcelona geboren. Er war ein Schüler des RaN (Rabbiner Nissim ben Reuven von Girona, 1320-1376), eines der bedeutendsten Dezisoren seiner Zeit. Sein Ruf als großer Talmudgelehrter machte ihn schon in jungen Jahren über alle Grenzen bekannt und er schrieb viele Responsen auf Anfragen aus aller Welt. Bis zum Alter von 50 Jahren verdiente er seinen Lebensunterhalt jedoch als Geschäftsmann und nahm dann die Position des Rabbiners von Saragossa an. Querelen innerhalb der jüdischen Gemeinde veranlassten seinen Umzug nach Valencia, wo er eine Jeschiwa leitete. 1391 flüchtete er vor antijüdischen Verfolgungen nach Algier, wo er zum Rabbiner ernannt wurde. Auch dort gab es Bestrebungen gegen ihn, u.a. unter der Ägide des Raschbatz (Rabbiner Schimon ben Zemach Duran, 1361-1444). Er wurde jedoch von den Juden Algeriens sehr verehrt und sein Grab wird bis heute an seiner Jahrzeit aufgesucht. Er starb 1408 in Algier.
Rivasch hinterließ mehr als 500 Responsen, die u.a. für Rav Josef Karo (1488-1575) von großer Bedeutung waren, aber auch Licht auf das Leben der Juden in Spanien und Algerien im 14. Jahrhundert werfen. Er schrieb Kommentare zu Chumasch und Talmud, die uns leider nicht mehr vorliegen. Wie sein Lehrer RaN stand er der Kabbala und mystischem Gedankengut eher skeptisch gegenüber.

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