Nov ‍‍2009 - תשסט / תשע

Das fehlende Stück

ZWEISAMKEIT Worauf es ankommt: Die Tora gibt Hinweise für die richtige Partnersuche

Alle jungen Erwachsenen beschäftigen sich irgendwann einmal mit der Frage: Wie soll ich den passenden Partner finden? Der Mensch möchte im Leben glücklich sein. Die Einsamkeit ist nicht gut, selbst wenn jeder ab und zu Ruhe braucht. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und es kommt eine Phase im Leben, in der er die Zweisamkeit sucht. So sagt G’tt denn auch direkt nach der Schöpfung des ersten Menschen: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei« (1. Buch Moses, 2, 18). Wir wurden so geschaffen, dass die Zweisamkeit ein Grundbedürfnis eines jeden von uns ist.

Der Talmud vergleicht die Suche nach einer Partnerin mit der Suche nach einem verloren gegangenen und geliebten Gegenstand. Bei der Schöpfung nahm G’tt eine Rippe des Mannes und schuf daraus seine Partnerin. Dadurch hat der Mann eine tiefe Verbindung zu seiner Partnerin. Seine Aufgabe besteht darin, sie zu suchen, zu finden und die Verbindung wiederherzustellen (Talmud, Kiduschin, 2, 2). Es wäre gut, wenn wir – wie in jedem Puzzle oder Dominospiel – das passende Teil finden und damit das Spiel beenden könnten. In unserem Puzzle aber gibt es Millionen von Teilchen und trotzdem wollen wir unter ihnen das passende für uns finden. Wie sollen wir das machen?

Vorbilder

Die früheren Väter und Mütter trafen ihre Partnerinnen und Partner auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Das Treffen von Jitzchak und Rebekka war vielleicht das einzigartigste und interessanteste von allen. Sie wuchsen nicht zusammen auf wie Abraham und Sara, und trafen sich auch nicht an einer Wasserquelle wie Jakob und Rachel. Der Weg, der Jitzchak und Rebekka zum gemeinsamen und glücklichen Leben führte, scheint auf den ersten Blick etwas primitiv zu sein. Was ist so bedeutungsvoll an diesem Treffen?

Als Abraham alt war und Sara verstarb, schickte er seinen Knecht Eliezer auf die Suche nach einer Braut für seinen Sohn Jitzchak. Der Knecht Abrahams, der viele Jahre bei ihm wohnte und Jitzchak sehr gut kannte, nahm seine Aufgabe sehr ernst.

Als Eliezer den Geburtsort Abrahams erreichte, wandte er sich in einem Gebet an den G’tt Abrahams und sagte: »Ewiger G’tt, meines Herren Abraham, füge es doch vor mich heute, und erweise Huld meinem Herrn Abraham.« Und weiter heißt es: »Siehe, ich will mich stellen an den Wasserquell, und die Töchter der Stadtleute werden herauskommen,Wasser zu schöpfen. Und es sei, das Mädchen, zu der ich sagen werde: Neige doch deinen Krug, dass ich trinke! Und sie wird sagen: Trinke und auch deine Kamele will ich tränken; diese habest du bestimmt deinem Knechte, dem Jitzchak« (1. Buch Mose, 24, 12-14).

Anstatt Jitzchak mitzunehmen und gemeinsam Mädchenschau zu halten – mit detaillierter Auskunft über Kontostand der Eltern und IQ der Kandidatin – suchte Eliezer einen anderen Weg. Er setzte sich zum Ziel, die Gutmütigkeit der Mädchen zu prüfen. Eliezer war nicht fein gekleidet und man konnte nicht erkennen, dass er aus einer bedeutenden Familie stammte. Trotzdem war die Reaktion Rebekkas sehr edel. Obwohl sie aus einer angesehenen Familie stammte – nach einigen Midraschim war ihr Vater Betuel der König von Aram –, half sie einem fremden und armen Mann. Ihr war es wichtig, ihm nicht nur ihre Zeit, sondern auch ihre Kraft zu widmen. Diese Gnade war ein eindeutiges Signal für Eliezer, dass dieses Mädchen zu Jitzchak passte. Bei seinem Herrn sah Eliezer die Tugend der Gnade und die Anstrengung Abrahams, gastfreundlich zu sein und das, ohne Un- terschiede zwischen Menschen zu machen. Hier stand er vor einem Mädchen, das sich auf die natürlichste Art genauso verhielt, mit Gnade. In der Art, wie Abraham seinen Knecht losschickte, und wie er an die Aufgabe heranging, erkennt man wichtige Regeln für die Partnersuche.

Grundregeln

Der Wille, die Schönheitskönigin oder den Ritter auf dem weißen Pferd zu heiraten, kann nicht auf der ersten Stelle unserer Prioritätenliste bei der Partnersuche sein. Die Persönlichkeit und der Charakter der Partner sind das Hauptelement bei der Partnerwahl. Nur wenn ein qualitatives Zusammenpassen der Partner existiert, kann als zusätzlicher Wert das Äußere mit berücksichtigt werden. Es wird von einem Mann erzählt, der mehrere Mädchen traf, aber keine Partnerin fand. Als er zu seinem Rabbiner ging und von seinem Problem berichtete, forderte der Rabbiner ihn auf: »Definieren Sie bitte, wen Sie heiraten wollen!« Der Mann erwiderte: »Ich möchte die Schönheitskönigin heiraten.« Der Gesichtsausdruck des Rabbiners wurde ernst und traurig. Als sich der Mann darüber wunderte, sagte der Rabbiner: »Es tut mir leid, ich muss Sie enttäuschen, Sie werden nie heiraten!« Der Mann fragte »Warum?«, und der Rabbiner antwortete: »Weil ich die Schönheitskönigin bereits geheiratet habe!«

Es ist für eine gesunde Partnerschaft sehr wichtig, dass beide Seiten ihre grundlegenden Wünsche erfüllt sehen. Auch wenn es sich um Äußerlichkeiten handelt. Die Tora erwähnt an dieser Stelle: »Und das Mädchen war sehr schön von Ansehen, eine Jungfrau, und kein Mann hatte sie erkannt« (1. Buch Mose, 24, 16). Doch sollte auf Schönheit nicht besonderer Wert gelegt werden. Sie ist vergänglich. Die Fähigkeit einer Partnerschaft, viele Jahre zu bestehen, wird nur durch gemeinsame Werte und Tugenden gesichert.

Der Schlüssel für den Erfolg eines Teams ist, dass es zusammenpasst. Es muss intellektuell, emotional und ästhetisch zusammenpassen. Aber jeder erfahrene Manager weiß, dass dies alles noch nicht für den Erfolg ausreicht. Das Wichtigste ist, die Erwartungen abzustimmen und den gemeinsamen Weg abzustecken – mit einem Ziel. Die klare Festlegung der gemeinsamen Richtung und das ständige Angleichen von Erwartungen ermöglicht es den Mitgliedern des Teams, alle Schwierigkeiten zu bewältigen und sich für das Ziel zu vereinen.

Rabbeinu Bachjei hat es zutreffend beschrieben: »Die Guten werden sich mit den Guten zusammentun und die Bösen nur mit den Bösen, weil jeder mit demjenigen geht, der ihm ähnelt. Die Guten lehnen die Bösen ab, deshalb wird es zu einem Konflikt kommen, wenn sie es gemeinsam versuchen, weil Frieden nur dann herrscht, wenn man sich mit jemandem zusammen tut, der einem ähnelt.«

Beziehung

War eigentlich die Verbindung zwischen Jitzchak und Rebekka erfolgreich? Dazu steht in der Tora: »und nahm Rebekka, und sie ward sein Weib und er gewann sie lieb« (1. Buch Mose, 24, 67). Angesichts der gemeinsamen Werte des Paares – auch wenn sie erst nach der Eheschließung zusammenlebten – entstand hier eine neue Situation. Die Hochzeit ist nicht die Blütezeit der Liebe, sondern ihre Wurzel (Rabbi Samson Raphael Hirsch)! Die Heirat soll nicht der Höhepunkt der Zweisamkeit sein, die danach mit schwächer werdender Liebe und beginnender Langeweile vielleicht sogar, G’tt behüte, zur Auflösung der Ehe führen kann.

Nein, sie ist die Wurzel, aus der die Liebe im Leben erblüht und das Verständnis und die Haltung zu einem gemeinsamen wertbezogenen Leben entsteht.