Dez ‍‍2019 - תשעט / תשף

Daf Paraschat Toldot

Paraschat Wajetze

6./7.Dezember 2019
9. Kislew 5780

Hier finden Sie das DAF als pdf: Daf Vayeitze 5780

Bereschit 28:10 – 32:3
Haftara: Hoschea 12:13–14:10

Die Parascha in Kürze
• Jakow trifft Rachel in Charan und arbeitet sieben Jahre für Lawan, um sie zu heiraten
• Lawan gibt Jakow Leah zur Frau und verlangt für Rachels Hand weitere sieben Jahre Dienst
• Jakow werden elf Söhne und eine Tochter von seinen Frauen geboren
• Nach zwanzig Jahren der Arbeit für Lawan verlässt Jakow mit seiner Familie und seinem Vieh Charan und zieht nach Eretz Jisrael

Konzept der Woche
וַיְהִי כַּאֲשֶׁר רָאָה יַעֲקֹב אֶת־רָחֵל בַּת־לָבָן אֲחִי אִמּוֹ וְאֶת־צֹאן לָבָן אֲחִי אִמּוֹ וַיִּגַּשׁ יַעֲקֹב וַיָּגֶל אֶת־הָאֶבֶן מֵעַל פִּי הַבְּאֵר וַיַּשְׁקְ אֶת־צֹאן לָבָן אֲחִי אִמּוֹ

„Als Jakow Rachel, die Tochter Lawans, des Bruders seiner Mutter, und die Herde Lawans, des Bruders seiner Mutter, sah, trat er hin, wälzte den Stein von der Öffnung des Brunnens und tränkte die Herde Lawans, des Bruders seiner Mutter.“ (29:10)

Raschi zitiert den Midrasch und schreibt: „Da trat Jakow hin und wälzte, wie einer, der den Stöpsel von der Öffnung einer Flasche nimmt; das sagt dir, wie groß seine Kraft war.“ Zuvor hatte uns die Tora berichtet, dass der Stein groß war und nur von mehreren Männern von der Brunnenöffnung weggerollt werden konnte. In unserem Vers jedoch ist Jakow ganz allein in der Lage, diese schwere physische Aufgabe zu bewältigen und es scheint ihm noch dazu mit Leichtigkeit zu gelingen.
Rabbiner Chaim Shmuelevitz (1902-1979) vertritt die These, dass sich Jakow möglicherweise selbst nicht über das Ausmaß seiner Kräfte im Klaren war, bis er diese Aufgabe anging und sich dieses verborgene Potential herausstellte. Er meint, dass es in jedem Menschen latente Stärken gibt. Jeder besitzt ein großes Reservoir an Stärken, die es ihm erlauben, viele Hindernisse zu bewältigen und viel zu erreichen. Nur muss man sie erkennen, sie sich zunutze machen und in die Tat umsetzen.
Rav Shmuelevitz sieht einen Beleg dieser Idee im תְּפִלַת גֶֹּשֶם – dem Gebet für Regen – das wir an Schemini Atzeret sprechen. Darin führen wir die Rechtschaffenheit unserer Stammväter an und flehen zu G-tt, uns in ihrem Verdienst Regen zu senden. Bezüglich Jakow heißt es dort: יִחַד לֵב וְגָל אֶבֶן מִפִּי בְּאֵר מַיִם – er setzte sein Herz ein und rollte einen Stein von der Öffnung eines Brunnens. Rav Shmuelevitz sagt, dass das Gebet schwer zu verstehen ist, wenn es hier um Jakows körperliche Kraft allein ginge. Welches Verdienst können wir in Jakows physischer Kraft finden, dass wir, als seine Nachkommen, G-tt um Regen bitten? Es muss sich also um innerliche Stärke handeln, die aus seinem Einsatz herrührt. Jakows intensiver Wunsch, seiner Verwandten Rachel zu helfen und die dürstenden Schafe zu tränken, war so stark, dass er die Fähigkeit in sich fand, den schweren Stein fortzurollen, was normalerweise über seine Kräfte gegangen wäre. Es gelang ihm, weil er sein Herz einsetzte – dieser Einsatz ist es, den wir im Gebet um Regen anführen und der die Quelle seines Verdienstes für uns darstellen soll.
Die Tiefe des Mitgefühls für andere wird gespeist von einer Eigenschaft Haschems: וְרַחֲמָיו עַל כָּל מַעֲשָֹיו – Seine Barmherzigkeit ruht auf all Seinen Geschöpfen. Dadurch kann ein Mensch ein Übermaß an Kraft erhalten und das scheinbar Unmögliche tun. Rav Shmuelevitz sagt, dass jeder Jude eine Fülle von Kräften, Talenten und Fähigkeiten besitzt, die man nur freilegen und aktivieren muss. Wenn man mit eiserner Entschiedenheit versucht, erfolgreich zu sein, kann man Höhen erreichen, die man selbst nicht für möglich gehalten hat.

Frage der Woche: Warum hießen Lawans Götzen Terafim? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wer wird im Tenach noch אַדְמוֹנִי – rötlich – genannt außer Esaw? David HaMelech wird so im Vers Schmuel I 16:12 beschrieben.
Biographie der Woche

Rabbiner Schlomo Luria –
Maharschal

Jahrzeit 12. Kislew

Rabbiner Schlomo Luria wurde 1510 in Posen oder Brisk geboren. Sein Vater Rabbi Jechiel Luria war sein erster Lehrer und seine Großmutter Miriam Luria war eine der wenigen Frauen in der jüdischen Geschichte, die sich durch herausragendes talmudisches Wissen hervortaten und sogar lehrten.
Nach dem frühen Tod seines Vaters lernte Rav Schlomo Luria mit seinem mütterlichen Großvater Rabbi Jitzchak Kalover in Posen weiter, der dort Rosch Jeschiwa war. In Lublin setzte er seine Studien unter Rav Schalom Schachna (ca. 1495-1558) fort und lernte dann in der Jeschiwa von Rav Kalonymus Haberkasten in Ostroh. Er heiratete Rav Haberkastens Tochter und wurde bald als Rabbiner nach Brisk und anderen litauischen Gemeinden berufen. Später wurde er als Nachfolger seines Schwiegervaters Rabbiner von Ostroh und übernahm anschließend die Position Rav Schalom Schachnas als Rosch Jeschiwa von Lublin. Wegen gewisser Zwistigkeiten trat er zurück und eröffnete seine eigene Jeschiwa in Lublin.
Der Maharschal – das Akronym für Morenu Rav Schlomo Luria (unser Lehrer Rav Schlomo Luria) – war seit jungen Jahren allseits für sein Torawissen und seinen scharfen Verstand berühmt. Er ging sehr analytisch vor und maß den talmudischen Quellen sehr viel mehr Gewicht bei als den Kommentaren seiner großen rabbinischen Vorgänger des Mittelalters. Er verfasste einen Kommentar zur Gemara, in dem er u.a. viele Unstimmigkeiten verschiedener Talmudausgaben auswies. Dieses Werk, das unter dem Namen Chochmas Schlomo veröffentlicht wurde, ist in einer verkürzten Form heute jeder Ausgabe des Talmuds zugedruckt. Sein Werk Jam shel Schlomo geht ausführlich auf die Ableitung verschiedener Halachot ein. Von weiterer Bedeutung ist seine Sammlung von Responsen.
Der Maharschal setzte sich kritisch mit den großen Rabbinern seiner Zeit auseinander, die seine Betrachtungsweise nicht teilten. Obwohl sie sich gegenseitig achteten, vertraten sie doch unterschiedliche Standpunkte, auf die der Maharschal hinwies. Dazu gehörte seine vehemente Ablehnung des Philosophiestudiums.
Er starb 1573 in Lublin, wo man auch heute noch sein Grab aufsuchen kann.
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