Okt ‍‍2018 - תשעח / תשעט

Daf Paraschat Haschawua Noach 5779

Paraschat Noach
12./13. Oktober 2018
4. Cheschwan 5779

Bereschit 6:9 – 11:32
Haftara: Jeschaja 54:1 – 55:5

Hier können Sie das Daf als pdf herunterladen: Daf Noach 5779

Die Parascha in Kürze

• Noach wird von Haschem instruiert, eine Arche zu bauen, seine Familie sowie ein Paar aller unreinen Tiere und sieben Paare aller reinen Tiere an Bord zu bringen, weil Er eine Sintflut über die Erde bringen wird
• Es regnet 40 Tage und Nächte und die Sintflut tötet alle Lebewesen
• Nach einem Jahr ist die Flut zurückgegangen und der Boden getrocknet; die Bewohner verlassen die Arche
• Haschem verspricht, nie mehr eine Sintflut zu schicken
• Der Turmbau zu Babel und die Zerstreuung der Menschen über die Erde

Konzept der Woche
וַיּוֹלֶד נֹחַ שְׁלֹשָׁה בָנִים אֶת־שֵׁם אֶת־חָם וְאֶת־יָפֶת:

„Da zeugte Noach drei Söhne: Schem, Cham und Japhet.“ (6:9)

Warum zitiert die Tora zu Beginn dieser Parascha erneut die Namen der Söhne Noachs, nachdem wir doch schon in der vorigen Parascha, in Vers 5:32, diese Information bekommen haben?
Abarbanel (Rav Jitzchak Abarbanel, 1437-1508) erklärt, dass Noach und seine Kinder die einzigen menschlichen Überlebenden der Sintflut waren. Somit wurde Noach, wie Adam, zum Vater der Menschheit und daher führt die Tora seinen Namen und die Namen seiner Söhne noch einmal auf, bevor die Geschichte über die Arche und die Sintflut vor uns ausgebreitet wird.
Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888) erklärt die Bedeutung der Namen, die Noachs Söhne tragen. שֵׁם bedeutet ‚Name‘ und weist auf eine geistige Tätigkeit hin, die sich auf ein Erkennen, Begriff- und Namengeben erstreckt. חָם bedeutet ‚heiß‘ und steht für die aufgeregte sinnliche Bewegung. יָפֶת, verwandt mit dem Wort יָפֶה – schön, entspricht dem Gemüt, der Phantasie, die für das Schöne empfänglich ist. Rabbiner Hirsch führt aus, dass wir hier die Repräsentanten der drei Hauptrichtungen vor uns haben, die das Wesen der Menschen und der Völker in der Erscheinung charakterisieren. Japhet repräsentiert das Gemüt, die Empfindung, und stellt die Mitte dar, in der sich Geist und Sinnlichkeit begegnen. Er schreibt: „Aus diesen drei Potenzen besteht der innere Mensch: Geist, Sinnlichkeit, Gemüt, und diese Potenzen treten auch charakterisierend bei Völkern auf. Nicht als ob es einseitige Völker gäbe, die entweder nur Geist, nur Gemüt usw. hätten. Sondern wie bei allen Menschen alle drei Seiten vorhanden sind, jedoch bei jedem eine derselben vorherrschend, tonangebend ist, und diese vorherrschende Seite des Wesens den Mann kennzeichnet: also auch bei Völkern.“ Rabbiner Hirsch betont, dass es wichtig ist, „seinen Geist zur Erkenntnis und sein Gemüt zur Anerkenntnis des Wahren und Guten an sich zu erheben.“
Kultur ist schwankend – die Zeiten ändern sich und was unter Kultur verstanden wird, ist Moden unterworfen. In heutigen Zeiten sehen wir, dass sich das Wertesystem immens schnell verändern kann und im Westen erheben wir politische Korrektheit zum höchsten Gut. Für uns als Juden gibt es allerdings nur einen Leitfaden, die Tora, die keinerlei Moden mitmacht und ein beständiger Fels in den Wogen der sich ändernden Zeiten ist. Der Rahmen, den uns die Tora für jeden Schritt in unserem Leben gibt, gibt uns die Sicherheit, absolute Werte zu besitzen. Es ist unser Ziel, im Leben unser Potential auszuschöpfen und die uns von Haschem gegebenen Möglichkeiten zu verwirklichen. Spirituell zu wachsen wird uns letztendlich die höchste Befriedigung geben und die guten Taten, die damit einhergehen, sind die einzigen Dinge, die wirklich zählen und die wir sogar in die Kommende Welt mitnehmen.
In welcher Weise die drei Wesensrichtungen: Geistiges, Sinnlichkeit und Kultur miteinander verwoben werden können, hat Menschen schon seit alters her beschäftigt. Rabbiner Hirsch hat im 19. Jahrhundert einen Weg vorgeschlagen, der ‚Tora im Derech Erez‘ heißt. Damit wurde ein Weg benannt, der traditionelles Judentum mit der Bildung, dem weltlichen Wissen und den Umgangsformen des kultivierten Deutschlands verband. Orthodoxe deutsche Juden hielten sich streng an halachische Vorschriften und besuchten gleichzeitig Universitäten. Der Doktor-Rabbiner war in damaligen Zeiten keine Rarität, sondern wurde von fast allen Gemeinden zu Beginn des 20. Jahrhunderts als unabdingbar angesehen. Leider musste bald erkannt werden, dass diese Liebesbeziehung ziemlich einseitig und dass die nichtjüdische Kultur nicht sehr erfreut über diese Synthese war. Selbst diejenigen Juden, die ihr Judentum zugunsten von Integration in die Kultur Deutschlands fast aufgegeben hatten, mussten einsehen, dass sie nie wirklich dazugehörten. Deutlich bleibt, wie schon seit Jahrtausenden, dass die Tora allein die jüdische Kultur ist.

Frage der Woche: Wie viele Jahre vergingen zwischen der Sintflut und dem Turmbau zu Babel? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Wie viele Tage nach der Schöpfung wurde Hewel getötet und wann wurde Kajin bestraft? Rabbenu Bachya (1255-1340) schreibt, dass Hewel am 50. Tag nach der Schöpfung getötet wurde und Kajin an demselben Tag bestraft wurde.
Biographie der Woche

Rabbi Jitzchak von Dampierre

Ri HaSaken

Jahrzeit 27. Tischrej

Rav Jitzchak ben Schmuel wurde circa 1120 in Ramerupt/Frankreich geboren. Sein Großvater väterlicherseits war Rav Simcha von Vitry (11. Jhd.) und sein Großvater mütterlicherseits war Raschis Schwiegersohn Rav Meir. Somit waren Rabbenu Tam (Rav Jakow ben Meir, 1100-1171) und der Raschbam (Rav Schmuel ben Meir, 1085-1158) seine Onkel mütterlicherseits.
Der Ri gehörte zu den Tosafisten (Rabbiner des 11. und 12. Jahrhunderts in Frankreich und Deutschland, die den Talmud kommentierten) und nur der Name von Rabbenu Tam wird öfter als sein Name in unseren Ausgaben der Tosafos genannt.
Nachdem Rabbenu Tam nach Troyes gezogen war, übernahm der Ri die Leitung der Jeschiwa in Ramerupt. Später ließ er sich in Dampierre nieder, wo er eine angesehene Jeschiwa gründete. Es ist überliefert, dass der Ri sechzig ausgezeichnete Schüler hatte, von denen jeder ein ganzes Talmudtraktat auswendig konnte, und somit jederzeit die gesamte talmudische Literatur zur Verfügung stand.
Der Ri war als großer Talmud-Gelehrter anerkannt und lebte ein sehr asketisches Leben. Der Beiname „HaSaken“ unterscheidet ihn von seinem Schüler Rav Jitzchak, mit dem der Name „Ri HaBachur“ verbunden wird.
Der Ri starb circa 1200 in Dampierre.
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