Sep ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Nizzawim 5776

Paraschat Nitzawim

daf-nitzavim-5776

30. September/1. Oktober 2016
28. Elul 5776

Dewarim 29:9 – 30:20
Haftara: Jeschajahu 61:10 – 63:9

Die Parascha in Kürze

• Erneuerung des Bundes mit Haschem für alle Generationen
• Warnung vor Götzendienst und Exil
• Zukünftige Erlösung
• Immerwährende Zugänglichkeit der Tora für jeden Juden
• Freier Wille im Gegensatz zu Vorher-bestimmung

Konzept der Woche
כִּי־קָרוֹב אֵלֶיךָ הַדָּבָר מְאֹד בְּפִיךָ וּבִלְבָבְךָ לַעֲשׂתוֹ:

„Denn nahe ist dir das Wort ungemein, mit deinem Mund und mit deinem Herzen es zu vollbringen (30:14).”

Ramban (Rabbiner Mosche ben Nachman, 1194-1270) und Sforno (Rabbiner Ovadia Sforno, 1475-1550) gehören zu den Rabbinern, die den Beginn des Verses 30:11 – כִּי הַמִּצְוָה הַזֹּאת אֲשֶׁר אָנֹכִי מְצַוְּךָ הַיּוֹם – denn dieses Gebot, das Ich dir heute gebiete – als die Mitzwa von Teschuwa ansehen.
Sforno betont, dass Teschuwa die besondere Eigenschaft hat, an jedem Ort und jederzeit getan werden zu können, denn sie ist nur abhängig vonלְבָבְךָ – der Erkenntnis im Herzen, gesündigt zu haben – und von בְּפִיךָ – dem Aussprechen des Sündenbekenntnisses.
Rav Chaim Shmuelevitz (1902-1979, Rosch Jeschiwa von Mir), fragt, warum es denn so wenige wahre Büßer gibt, wenn Teschuwa doch so leicht und überall getan werden kann, und warum es tatsächlich schwer ist, wirkliche Teschuwa zu tun. Er sieht zwei Haupthindernisse auf dem Weg der Reue. Erstens fällt es einem meistens schwer, sein eigenes Verhalten ehrlich und genau zu beurteilen. Man weiß zwar, was richtig und gut ist, aber verbindet es nicht mit der eigenen Handlungsweise. Dadurch ist man eigentlich mit sich zufrieden und sieht gar keinen Anlass, zu bereuen und sich zu verbessern. Das zweite Hindernis auf dem Weg zur Teschuwa ist הֶרְגֵל – man ist so gewohnt, sein Leben mit gewissen Sünden zu verbringen, dass man nichts mehr hinterfragt. Auch wenn man weiß, dass gewisse Taten (oder Unterlassungen) nicht nur falsch, sondern auch seinem spirituellen Leben abträglich sind, ist die Macht der Gewohnheit so stark, dass es äußerst schwierig ist, davon abzulassen oder etwas zu ändern. Im Allgemeinen, so betont Rav Shmuelevitz, ist ein plötzlicher Schock von außen nötig, der einem Menschen die Augen öffnet. Meistens wird sich ein Mensch erst dann im Klaren sein, dass er etwas ändern muss. Je mehr er erkennt, dass plötzliche Ereignisse von außen ihn aufrütteln sollen und er sich auf Veränderungen einlässt, desto erfolgreicher wird er sein, andere Wege einzuschlagen und nicht in der Trägheit der Gewohnheit zu verharren.
Der Chofetz Chaim (Rabbiner Jisroel Meir Kagan, 1838-1933) erklärt die Worte בְּפִיךָ וּבִלְבָבְךָ לַעֲשׂתוֹ – mit deinem Mund und mit deinem Herzen es zu vollbringen – auf folgende Weise: man könnte annehmen, dass Gedanken, Gefühle und Verpflichtungen im Herzen den ausgesprochenen Worten vorangehen und daher sollte doch das Wort „in deinem Herzen“ dem Wort „in deinem Mund“ im Vers vorausgehen. Der Chofetz Chaim weist darauf hin, dass jemand zwar wirklich Teschuwa tun möchte, aber zu sehr mit seinen Alltagssorgen und -problemen beschäftigt ist. Ein Mensch solle sich daher mit der Tora beschäftigen – auf wohltuende Art und Weise, selbst wenn es nur oberflächlich ist – und die Worte der Tora werden ein inneres Erwachen bewirken, die ihn zu Teschuwa führen. In diesem Sinne sind es die Worte aus dem Mund, die in das Herz eindringen.

Frage der Woche: Wie macht man „vollständige“ Teschuwa? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Welche Bäume wurden nicht für Bikkurim in Betracht gezogen? Bäume, die zu nahe an die Grenzen eines Feldes gepflanzt wurden, so dass ihre Wurzeln in das Nachbarfeld wuchsen und daraus Nahrung zogen, wurden nach einer Ansicht in der Gemara (siehe Traktat Bava Basra 26b-27b) nicht für Bikkurim in Betracht gezogen.
Biographie der Woche

Rabbi Jonathan Eibeschütz

Jahrzeit 21. Elul

Rabbiner Jonathan Eibeschütz wurde 1690 in Krakau geboren. Er verlor seinen Vater in jungen Jahren. Da aber sein Genie im Toralernen früh erkannt worden war, wurde er sehr gefördert und lernte als Teenager in der Jeschiwa des Maharam Asch (Rav Meir Asch, 1670-1744) im mährischen Prossnitz. 1711 heiratete er in Prag eine Enkelin des Rabbiners der AHU-Gemeinden (Altona, Hamburg und Wandsbeck) und verbrachte zwei Jahre mit seiner Frau in Hamburg. 1714 kehrte er nach Prag zurück und wurde dort Rosch Jeschiwa. Obwohl seine Gelehrsamkeit allgemein anerkannt wurde, machte er sich Feinde und er wurde beschuldigt, ein Sabbatianer zu sein, was er vehement bestritt.
1741 wurde er Rabbiner von Metz und 1750 als Rabbiner der AHU-Gemeinde berufen. Dort wurden die Vorwürfe gegen Rav Eibeschütz wieder laut, ein Sabbatianer zu sein und als Beweis wurden Sätze aus von ihm geschriebenen Amuletten angeführt. Unter der Führung von Rav Jakob Emden (1697-1776) kam es zu jahrelangen Streitigkeiten, in die auch die Regierung verwickelt wurde. Er blieb dennoch Rabbiner in Hamburg und starb dort 1764.
Rav Eibeschütz verfasste viele halachische Werke, die größtenteils erst posthum veröffentlicht wurden. Er verfügte nicht nur über ein großes Torawissen, was Expertise in Kabbala einschloss, sondern war auch versiert in Philosophie und Naturwissenschaften.

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