Jul ‍‍2018 - תשעח / תשעט

Daf Paraschat D´warim 5778

Paraschat Dewarim
Schabbat Chason

Hier können Sie das Daf als pdf herunterladen: Daf Devorim 5778

20./21. Juli 2018
9. Aw 5778
Dewarim 1:1 – 3:22
Haftara: Jeschajahu 1:1 –27

Die Parascha in Kürze

• Mosche rekapituliert die Ereignisse des vierzigjährigen Aufenthalts in der Wüste inklusive des Desasters der Aussendung der Kundschafter
• Mosche erinnert an die siegreichen Kämpfe mit Sichon und Og und die Übergabe derer Gebiete an die Stämme Reuwen, Gad und den halben Stamm Menasche

Konzept der Woche
גַּם־בִּי הִתְאַנַּף ה‘ בִּגְלַלְכֶם לֵאמֹר גַּם־אַתָּה לֹֽא־תָבֹא שָֽׁם:

„Auch wider mich hat Haschem um euretwillen zürnend gesprochen: auch du sollst nicht dorthin kommen.“ (1:37)

Viele Mefarschim (Tora-Kommentatoren) lassen sich darüber aus, dass dieser Vers nicht zu den übrigen Versen passt, in denen er steht. Mosche Rabbenu spricht ja über die leidige Geschichte der Meraglim (Kundschafter), die knapp 39 Jahre zuvor das Land Israel auskundschaften sollten und übel über das Land gesprochen hatten. Das Volk hatte ihnen geglaubt und gemurrt, was die Konsequenz mit sich brachte, dass erst die nächste Generation in das Land einziehen durfte. Es steht allerdings nirgendwo in der Originalgeschichte, die wir in Paraschat Schlach (Bamidbar, Kapitel 13 bis 14) gelesen haben, dass Haschems Zorn entbrannt ist, weil Mosche etwas getan hatte. Warum spricht also Mosche hier davon, dass seine Strafe, nicht das Land betreten zu dürfen, eine Konsequenz der Meraglim-Geschichte war?
Ramban (Rav Mosche ben Nachman, 1194-1270) erklärt, dass Mosche damit sagen will, dass das Volk nicht nur wegen der Sünde der Meraglim bestraft wurde, sondern dass sie weitergesündigt hätten und als Folge einer dieser Sünden er selbst auch nicht ins Land einziehen durfte. Er bezieht sich dabei auf ihr Klagen über Wassermangel, woraufhin Mosche den wassergebenden Felsen geschlagen hatte (Mej Meriwa in Bamidbar 20:1-13).
Ohr HaChaim (Rav Chaim ibn Attar, 1696-1743) sieht den Zusammenhang anders als Ramban und fragt: Wie kann sich dieser Vers auf die Mej Meriwa beziehen, wenn sich die weiteren Verse mit den Meraglim befassen? Er meint, dass es wenig Sinn macht, dass sich Mosche mitten in der Wiedergabe der Geschichte über die Meraglim plötzlich auf eine andere Sache bezieht und schlägt eine alternative Interpretation dieses Verses vor, die auf einer Stelle in der Gemara im Traktat Sota 35a basiert. Dort analysiert die Gemara die Geschichte über die Kundschafter. Nachdem die Meraglim dem Volk ihren niederschmetternden Bericht abgegeben hatten, sagt die Tora: וַיִּבְכּוּ הָעָם בַּלַּיְלָה הַהֽוּא – und es weinte das Volk diese Nacht hindurch (Bamidbar 14:1). Die Gemara erläutert, dass es sich um die Nacht des 9. Aw handelte und Haschem dort sagt: „Sie haben an diesem Datum aus keinerlei Grund geweint – Ich werde daher dieses Datum als eine Nacht des Weinens für viele Generationen einrichten.“ Daher wurden beide Tempel am 9. Aw zerstört. Ohr HaChaim stützt sich auf die Erklärung unserer Weisen, dass der Bet Hamikdasch unzerstörbar gewesen wäre, wenn Mosche hätte ins Land einziehen und den Bet Hamikdasch aufbauen dürfen. Es folgt also daraus, dass, weil die Sünde der Meraglim die Zerstörung der Tempel nach sich zog, auch Mosche wegen der Meraglim bestraft wurde, nicht das Land zu betreten. Wenn Mosche nach Eretz Jisrael gekommen wäre und den Bet Hamikdasch aufgebaut hätte, hätte er nie zerstört werden können.
Auf diesen Schabbat fällt der 9. Aw – Tischa BeAw auf Hebräisch. Der Fast- und Trauertag wird auf Sonntag verschoben, weil wir am Schabbat nicht trauern dürfen. In jedem Jahr lesen wir die Parascha Dewarim vor Tischa BeAw und machen uns mit der erneuten Präsentation der Meraglim-Geschichte bewusst, dass viele Taten nicht nur eine momentane Konsequenz haben, sondern uns oft noch lange Zeit danach ihre Auswirkungen spüren lassen.

Frage der Woche: Der Vers 1:37 gibt zu verstehen, dass Mosche wegen der Sünde der Meraglim Eretz Jisrael nicht betreten durfte. War die Ursache dafür nicht die Sünde von Mej Meriwa? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Warum wird das Wort מַסְעֵי dreimal in Paraschat Massej (Bamidbar 33:1-2) gebraucht? Der Netziv (Rav Naftoli Zwi Jehuda Berlin, 1817-1893) erklärt den dreimaligen Gebrauch des Wortesמַסְעֵי : Das jüdische Volk ist in drei zeitlichen Abschnitten durch die Wüste gezogen. 1. vom Auszug aus Ägypten bis zur Sünde der Meraglim, 2. von der Sünde der Kundschafter bis es Midbar Zin erreicht hat, 3. von Midbar Zin bis zum Einzug nach Eretz Jisrael.

Biographie der Woche

Rabbi Chaim Oser Grodzensky

Jahrzeit 5. Aw

Rav Chaim Oser wurde 1863 in einer kleinen Stadt in der Nähe von Wilna geboren. Sein Vater und sein Großvater waren jahrzehntelang Rabbiner der Stadt. Das unglaubliche Gedächtnis und Lernvermögen des jungen Chaim Oser fiel schon sehr früh auf und er wurde schon vor seiner Bar Mitzwa nach Eyschischok, einer der ältesten Ansiedlungsorte von Juden in Litauen, geschickt, wo ein hochkarätiges Toralernen möglich war. Mit fünfzehn Jahren wurde er in der Jeschiwa von Volozhin aufgenommen und hatte den Beinamen „das Genie aus Ejwje“.
Üblicherweise waren vielversprechende junge Toragelehrte sehr begehrt als Schwiegersöhne und er heiratete mit 20 Jahren die Tochter des Vilnaer Dajans Elijahu Elieser Grodnensky (1831-1887), die auch eine Enkelin von Rav Jisrael Salanter (1809-1883) war.
Nach dem frühen Tod seines Schwiegervaters nahm er dessen Stelle als Dajan in Vilna ein. Aufgrund seiner Jugend gab es einige Vorbehalte gegen ihn, aber seine Fähigkeiten ließen ihn diese Position bis an sein Lebensende einnehmen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts war Rav Chaim Oser weltweit als Tora-Autorität anerkannt und man trat mit Fragen nicht nur aus Europa, sondern auch aus Amerika an ihn heran. Bis zum heutigen Tag sind seine halachischen Entscheidungen von großer Bedeutung.
Rav Chaim Oser gehörte zu den Mitbegründern von Agudath Israel, einer heute führenden orthodoxen Organisation, deren Gründungssitzung 1912 in Kattowitz stattfand.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kümmerte er sich eingehend um die Belange der vielen Jeschiwot, die aus Polen nach dem noch unabhängigen Litauen geflohen waren. Zahlreiche Rabbiner und Talmidim konnten von Litauen in die Freiheit nach Amerika fliehen.
Zu seinen Werken gehört das brillante Achieser, das er ab 1922 veröffentlichte und das seinen Kommentar zu Teilen des Schulchan Aruch und des Talmuds enthält.
Rav Chaim Oser starb 1940 in Vilna.
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