Mai ‍‍2013 - תשעג / תשעד

Was ist Nat Bar Nat?

Darf man eine Kartoffel, die in einem fleischigen Topf gekocht worden ist, zusammen mit einer milchigen Speise essen?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir das Konzept von Nat Bar Nat verstehen.
„Nat Bar Nat“ steht als Abkürzung für den halachischen Begriff „Noten Taam Bar Noten Taam“. Damit ist eine Speise (beispielsweise unsere Kartoffel) gemeint, die den fleischigen Geschmack nicht direkt vom Fleisch bekommt (denn die Kartoffel wurde nicht mit Fleisch gekocht), sondern lediglich in dem Topf, in welchem Fleisch gekocht worden ist. Die Kartoffel erhält also einen abgeschwächten fleischigen Geschmack, nämlich über den Topf. Damit wäre der Topf der Noten Taam (Geschmacksträger), der wiederum, den Geschmack an die Kartoffel weiterleitet. Die Kartoffel wäre dann der Noten Taam Bar Noten Taam, oder kurz: Nat Bar Nat.
Folgendermaßen funktioniert das halachische Konzept von Nat Bar Nat.
Im Talmud wird diskutiert, ob nach Tora-Gesetz der Geschmack einer verbotenen Speise ebenso verboten ist, wie die verbotene Speise selber (siehe z.B. Talmud Pessachim, Blatt 44). Halachisch halten wir tendenziell fest, dass auch der bloße Geschmack des Verbotenen nach Toragesetz verboten ist.
Nun bespricht der Talmud folgenden Fall (siehe Talmud Chulin, Blatt 111):
Ein heißer Fisch, der auf einen fleischigen Teller gelegt worden ist (auf dem Teller ist kein Fleisch, aber auf ihm wurde heißes Fleisch gegessen, er ist also „fleischig“). Darf dieser Fisch nun mit einer richtigen milchigen Speise gegessen werden (nachdem er also den fleischigen Geschmack vom Teller erhalten hat)? In dieser Frage entscheidet der Talmud, nach einem Streit zwischen den Gelehrten, dass es erlaubt ist. Denn dies ist ein Fall von Nat Bar Nat, und Nat Bar Nat ist nicht verboten. Denn der Fisch hat den fleischigen Geschmack nicht von Fleisch, sondern lediglich von fleischigem Geschirr erhalten.
Da aber der Talmud nur in diesem einen Fall entschieden hat, wo der Fisch den Geschmack von einem Teller bekommen hat, streiten sich nun die Rischonim auch über andere, härtere Fälle im Kontext von Nat Bar Nat.
Was wäre wenn der Fisch (oder auch eine andere Parve-Speise wie z.B. eine Kartoffel) in einem fleischigen Topf gekocht wird? Darf man den Fisch / die Parve-Speise mit Milch essen? Nach der Meinung von Raschi und RamBam darf man dies, denn auch hier gilt die Nat Bar Nat-Regel, nach der Meinung des RiVan zählen wir dies nicht zu dem genannten erlaubten Fall des Talmuds, wir wenden also beim Kochen einer Parve-Speise nicht die Regel des Nat Bar Nat an.
Im Schulchan Aruch wird die Halacha so festgelegt (siehe Schulchan Aruch שו“ע יו“ד צה א (:
Auch eine Parve-Speise, die in einem fleischigen Topf gekocht und sogar gegrillt worden ist, darf mit Milch gegessen werden, denn das ist Nat Bar Nat. In seinem Ergänzungskommentar schreibt der RaMa allerdings: Nur wenn die Parve-Speise versehentlich schon gekocht worden ist, darf sie danach mit Milch gegessen werden.
Daher gilt für uns diese Halacha: Eine Kartoffel, die in einem fleischigen Topf gekocht worden ist, darf mit Milch gegessen werden, aber man darf nicht von vornherein diese Regel bewusst anwenden, sondern nur wenn es nicht anders geht. Wer die Speise absichtlich und von vornherein (Lekatchila) in einem fleischigen Topf kochen möchte, um sie danach mit Milch zu essen, dem ist so etwas verboten.
Übrigens: Der fleischige Topf von dem hier die Rede ist, ist ein „Ben Yomo“, sprich: ein Topf, in dem der Geschmack des Fleisches noch frisch ist, da er in den letzten 24 Stunden benutzt worden ist. Ein fleischiger Topf, der aber nicht „Ben Yomo“ ist, darf – nach der Meinung vieler Poskim – von vornherein für das Kochen von Parve-Gerichten benutzt werden, die dann mit Milch gegessen werden können.