Jul ‍‍2023 - תשפג / תשפד

FALSCHE PRIORITÄTEN

Ein kleiner semantischer Hinweis verrät den Hintergrund der Diskussion zwischen Mosche Rabbenu und den Stämmen Ruben und Gad

Was war geschehen? Die Juden befanden sich auf der anderen Seite des Flusses Jarden (Jordan) im heutigen Jordanien. Die Stämme Ruben und Gad wollten dort bleiben. Die Tora beschreibt das in vielen Worten (Num. 32:1-18, gekürzt): „Die Nachkommen Rubens aber hatten viel Vieh, und die Nachkommen Gads hatten viel mehr Vieh. Sie sahen sich das Land Jaezer und das Land Gilead an, und siehe, es war ein guter Platz für das Vieh. Da kamen die Nachkommen von Gad und die Nachkommen von Ruben und sprachen zu Mose und zu dem Priester Elasar und zu den Obersten der Gemeinde: … Und sie sprachen: Wenn wir Barmherzigkeit in deinen Augen gefunden haben, so gib dieses Land deinen Knechten zum Besitz; wir wollen den Jordan nicht überschreiten. Mose aber sprach zu den Nachkommen Gads und den Nachkommen Ruben: Eure Brüder ziehen in den Krieg, und ihr selbst wollt hier bleiben?…Da traten sie zu ihm und sagten: Wir wollen hier Schafställe für unser Vieh und Städte für unsere Kinder bauen. Wir selbst aber werden uns zum Kampf rüsten und vor den Israeliten her eilen, bis wir sie an ihren Ort gebracht haben. Unsere kleinen Kinder aber sollen in den befestigten Städten bleiben wegen der Bewohner des Landes. Wir werden nicht in unsere Häuser zurückkehren, bis jeder Israelit sein Erbgut erhalten hat.“

Was Raschi (1040-1105, Troyes und Worms) auffällt, ist, dass sie „zu ihm (Mosche) kamen und sagten: ‚Wir wollen hier Unterkünfte für unser Vieh und Städte für unsere kleinen Kinder bauen'“ (32:16).

Der Besitz schien wichtiger zu sein als ihre Kinder

Raschi erklärt hier, dass die beiden Stämme, die sich an Mosche wandten, um weiterhin jenseits des Jordans leben zu dürfen, mehr um ihren Besitz als um ihre Kinder besorgt waren. In der Tat stellten sie die Unterkünfte für ihr Vieh über die Häuser für ihre Kinder. Mosche war äußerst sensibel für kleine sprachliche Nuancen. Mosche schimpfte mit ihnen: „Das ist nicht gut. Lasst die wichtigsten Dinge zuerst kommen und die weniger wichtigen erst danach. Zuerst sollt ihr Städte für eure Kinder bauen und dann Schafställe für euer Kleinvieh.“ Hier geht es um die Frage, was den Eltern wirklich wichtig ist. Ihre Kinder oder ihr Reichtum.

Mosche korrigiert sie

Raschi verweist hier auf eine falsche Priorität der Stämme Gad und Ruben. Tatsächlich zitiert Raschi Mosche’s Antwort in dem Pasuk (Vers) 32:24. Dort sagt Mosche wörtlich: „Baut Städte für euch selbst und für eure Kinder und Schafställe für eure Schafe.“ Raschi wurde auf diese Antwort von Mosche aufmerksam. Raschi sagt ausdrücklich, dass Mosche sie korrigierte, indem er die Reihenfolge in seiner Antwort änderte. Er machte ihnen sehr deutlich, dass sie zuerst Städte für ihre Kinder bauen sollten und erst dann Unterkünfte für die Tiere bauen sollten.

Und die Stämme Ruben und Gad akzeptieren dies

Diese Wortfolge ist nicht zufällig. Wenn die Stämme Ruben und Gad Mosche antworten, machen sie deutlich, dass sie seine implizite Lehre verstanden haben. Sie sagen wörtlich: „Deine Diener werden tun, was unser Herr uns befiehlt. Unsere Kinder, Frauen und unser Kleinvieh werden in den Städten Gilads bleiben.“ Im weiteren Verlauf (32:34-36) wird auch deutlich, dass sie diesem Befehl folgten, als sie ihre Pläne verwirklichten.

Moral der Geschichte

Zur Zeit des Babylonischen Exils waren diese im Osten lebenden Stämme die ersten, die ins Exil (Galut, Goles) verschleppt wurden. Von diesen Stämmen und den übrigen acht der zehn verlorenen Stämme hat man nie wieder viel gehört. Sie verschwanden aus der jüdischen Geschichte und wir dürfen hoffen, dass sie in der Zeit des Maschiach zu ihren Wurzeln zurückkehren werden.