Mrz ‍‍2024 - תשפד / תשפה

Big Bang und Big Crunch

Diese Woche haben wir über die Erschaffung der Welt gelesen. Wenn wir Schabbat halten, bezeugen wir unseren Glauben an die Schöpfung in sieben Tagen und die Tatsache, dass G’tt die Welt erschaffen hat. Lassen Sie uns das ein wenig näher beleuchten.

Tradition eines klaren Zeitbegriffs

Unsere Zählung beginnt mit der Schöpfung. Das Judentum hatte als erstes die Tradition eines klaren

Zeitbegriffs, der in der griechischen klassischen Philosophie völlig fehlt. Wir wissen, dass es einen festen Ausgangspunkt gibt für die Schöpfung, die zentrale Achse, um die sich die irdische Geschichte dreht, die Offenbarung auf dem Berg Sinai, und auch das Ende der Zeit ist mehr oder weniger deutlich angegeben.

6000 Jahre

Nach unserer Tradition wird diese Welt, wie wir sie in ihrer heutigen Form kennen, sechstausend Jahre bestehen. Im siebten Jahrtausend – in etwa wie am siebten Tag, dem Schabbat – wird der Maschiach kommen, und danach wird alles Geschaffene in der G’ttheit verschwinden, dem big Crunch. Die gewöhnliche Welt von sechstausend Jahren ist in der Jüdischen Tradition in drei Blöcke von jeweils zweitausend Jahren unterteilt:

–      In den ersten zweitausend Jahre gab es die Thora noch nicht. Im Jahre 1948 nach der Schöpfung erhob sich Awraham, unser erster Erzvater, und begann mit der Verbreitung des Wissens der Thora. – Die Thora wurde uns im Jahre 2448 nach der Schöpfung gegeben, und dieser zweite Block von 2000 Jahren war der Zeitraum, in dem uns die Thora gegeben und schließlich die Mündliche Lehre (Mischna und Talmud, die Essenz des Judentums) niedergeschrieben wurde.

–      Die letzten zweitausend Jahre der sechstausend Jahre, die wir in dieser G’ttes-Finsternis noch vor uns haben, nennt man die Ära des Maschiachs.

Freitagnachmittag

Zur Zeit haben wir das jüdische Jahr 5784, zurückgezählt in Wochentagen ab Freitagnachmittag. Charakteristisch für den Freitagnachmittag ist die Rationalisierung und Beschleunigung von allem, was geschieht. In den traditionellen Jüdischen Familien herrscht am Freitagnachmittag Rushhour. Wenn uns die Vorzeichen nicht täuschen, scheint die Ankunft des Maschiach ein langsamer, aber sicherer Prozess zu sein.

eine historische Bewegung und ein apokalyptischer Zustand

Es sollte uns nicht überraschen, dass einige Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts einen Zusammenhang zwischen dem Holocaust und der Gründung des Staates Israel sehen: den Sieg der Hoffnung nach einer kurzen, aber massiven Katastrophe. Der Staat Israel ist jedoch nicht die Erfüllung der messianischen Erwartung. Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen Messianismus und Zionismus. Letztere ist eine historische Bewegung, erstere ein apokalyptischer Zustand. Aber Geschichte und Heilsgeschichte lassen sich nicht immer klar voneinander trennen.

Wuchs zur Einheit hin

Gibt es auch in der Welt des Judentums ein Wachstum in Richtung des Monotheismus? Ein Trend, der die Einleitung in die Erfüllung der Prophezeiung Zacharias 14,9 sein wird: „Worauf G’tt der Eine und Sein Name der Einzige sein wird“. Das Judentum hat wenige Dogmen, aber eine Aussage bildet die absolute Grundlage für Alles: „Höre Israel, G’tt ist unser G’tt, G’tt ist eins“ (Dewarim 6:4). Die jahrhundertealte Tradition, die der Bedeutung, dieser Aussage gegeben wird, ist: der G’tt, der jetzt nur unser G’tt ist, wird eines Tages der einzige G’tt für alle Völker sein (Raschi).

Messianische Zeiten

Die messianische Zeit muss nicht wie Donner plötzlich den klaren Himmel aufbrechend, sondern kann auch auf natürlichere Art und Weise und allmählich entstehen, wobei sich immer mehr Puzzleteile zueinander fügen werden. Nach und nach nimmt die Sammlung der Vertriebenen gemäß dem Wort der Thora Gestalt an: „Auch wenn eure Ausgestoßenen am Ende der Welt sind, wird G’tt euch sammeln und in das Land eurer Vorfahren bringen und euch vermehren lassen“ (Dewarim/Deut. 30:5-6). In der Welt um uns herum sehen wir einen langsamen Prozess des Zerfalls jedes Hauchs von Götzendienst und eine Entwicklung des menschlichen religiösen Bewusstseins, die schließlich zu der Idee des „G’tt allein“ führen wird.

Big Bang und Big Crunch

Das Judentum geht davon aus, dass die Welt von einem einzigen materiellen Punkt aus geschaffen wurde. Dieser materielle Punkt war der Grundstein auf dem Tempelberg, wo immer die Heilige Lage mit den steinernen Tafeln und der Thorarolle von Mosche lag. Von diesem materiellen Punkt aus dehnte sich das Universum aus, bis G’tt das ungehemmte Wachstum der Materie gestoppt hatte.

Der Tempelberg bildet auch das geistige Zentrum, den Nabel der Welt. Nach und nach werden sich alle Völker darauf richten.

Nach der Ankunft des Maschiach – etwa im Jahr 6000 nach der Schöpfung – werden ein oder zwei Jahrtausende ungebremster Seelenfreude ausbrechen. Ummantelt in einer irdischen Hülle aus Fleisch und Blut werden die Seelen in den vollen Genuss der Ausstrahlung G’ttes kommen, wie sie in der heutigen Welt bereits potenziell vorhanden ist.

was jetzt potenziell vorhanden ist wird dann Wirklichkeit

Maimonides sagt am Ende seines umfangreichen Kodex (Gesetzesbruch), dass der einzige Unterschied zwischen heute und der Zeit des Maschiach darin bestehen wird, dass das, was jetzt potenziell vorhanden ist, dann Wirklichkeit wird. Die Menschheit wird sich der intensiven, allgegenwärtigen Präsenz des Allmächtigen erfreuen können. Eine größere Freude gibt es nicht, eine größere Belohnung kann man sich nicht vorstellen. Am Ende des siebten oder achten Jahrtausends wird die Welt wieder zerfallen und vom Allmächtigen aufgenommen werden. So sieht die apokalyptische Zeitlinie im Judentum aus. Ich glaube, dass es kein positiveres Endbild gibt als die Vorstellung, dass die ganze Welt, das gesamte Universum, wieder vollständig verschmolzen wird und mit G’tt eine Einheit bildet.