Rabbiner für Gräberschutz – Arbeiten neben Friedhof ruhen ()

Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland hat am Freitag in einem Schreiben an die Stadt gefordert, keine weiteren Arbeiten auf dem Grabfeld in der Fritz-Kohl-Straße 24 vorzunehmen. Dort hatten am Dienstag Bauarbeiter jüdische Grabsteine gefunden.

Von Michael Erfurth

Vieles deutet darauf hin, dass auf dem Areal direkt neben dem Alten Jüdischen Friedhof bei den Aushubarbeiten tatsächlich eine jüdische Begräbnisstätte aus dem 10. oder 11. Jahrhundert entdeckt wurde, sagte Bürgermeister Norbert Schüler am Freitag im AZ-Gespräch. Nach dem Vor-Ort-Termin am Donnerstag (die AZ berichtete) ging am Freitag die Stellungnahme der Rabbinerkonferenz mit Sitz in Köln zum weiteren Verfahren bei der Stadt ein. Vorstandsmitglied Rabbiner Netanel Teitelbaum hat darin gefordert, die „Vorschriften der Halacha“ zu beachten und keine weiteren Arbeiten oder andere Berührungen in dem gefundenen Grabfeld vorzunehmen – hierbei sei auch das Reinigen des Grabfeldes oder das Beseitigen von Unrat inbegriffen.

„Wir wollen das Vorgehen nach Bergung der Funde weiterhin einvernehmlich abstimmen“, sagte Schüler. Bis zum nächsten Vor-Ort-Termin würden daher die Arbeiten auf der Baustelle ruhen. Darin sei Einvernehmen mit der Wilma Wohnen Süd erzielt worden. Das Grundstück, auf dem das Wiesbadener Unternehmen sieben Privatvillen geplant hat, werde weiterhin durch einen Sicherheitsdienst bewacht.

Bislang ist auf dem 9000 Quadratmeter großen Areal, das die Stadt an die Wilma Wohnen verkauft hat, die Bodenplatte der ehemaligen Landwirtschaftsschule entfernt worden. Dabei sind die jüdischen Grabplatten zum Vorschein gekommen. Der Bürgermeister rechnet damit, dass bei weiteren Aushubarbeiten weitere jüdischen Gräber gefunden werden. Denn bevor der jetzige jüdische Friedhof im 15. Jahrhundert angelegt wurde, habe es in vorangegangenen Jahrhunderten an dem Hang eine größere jüdische Begräbnisstätte gegeben.

Nach einem Gespräch in der nächsten Woche sollen die weiteren Schritte beraten werden. Auch Erfahrungen aus anderen Städten sollen dabei einfließen. In Hamburg zum Beispiel sei ein Bauprojekt „auf Stelzen“ über einem Gräberfeld realisiert worden. „Die Stadt Mainz wird mit diesem Sachverhalt mit der gebotenen Sorgfalt und großem Fingerspitzengefühl umgehen“, versicherte Schüler.