Jan ‍‍2012 - תשעב / תשעג

Darf man die Megila in der Landessprache vortragen?

Das zentrale Gebot von Purim besteht darin, die Megilat Esther (oder auch einfach: Megila), welche die Purim-Geschichte erzählt, zu lesen bzw. von dem Vorleser zu hören. Obwohl dieses Gebot selber nicht ganz eindeutig in der Megila geschrieben steht, fanden unsere Gelehrten einen Hinweis darauf und zwar im Vers: „לקים את אגרת הפורים הזאת „

In deutscher Übersetzung: „..den Purim-Brief zu erhalten/zu bestätigen..“ (Megilat Esther: 9,29).

Die Mischna (Lehrsatz) im talmudischen Traktat „Megila“, die sich mit den Purim-Vorschriften auseinandersetzt, behandelt die Frage des richtigen und falschen Vortragens der Megila.

Folgendes legt die Mischna und die darauf folgende Gemara u.a. fest:

Wenn die Megila in einer Übersetzung vorgetragen wird, so hat man das Gebot des Lesens der Megila nicht erfüllt. Dies gilt aber nur dann, wenn der Zuhörer, welcher die Megila hört, diese Übersetzung nicht versteht (in früheren Zeiten diente die aramäische Sprache als Übersetzungssprache). Wenn aber die Megila in einer fremden Sprache vorgetragen wird, die der Zuhörer sehr wohl beherrscht, weil es z.B. seine eigene Landessprache ist, so hat man das Gebot erfüllt.

Die Mischna legt damit fest: Die Megila kann dann in einer Fremdsprache, also nicht in Ivrit, vorgetragen werden, wenn das Publikum (die Megila wird vor versammeltem Publikum vorgetragen, aufgrund der Pflicht, das Purim-Wunder einer breiten Gemeinschaft zu verkünden), diese Sprache selber auch beherrscht und die Megila verstehen kann. Generell aber gilt: Jeder, der die Megila in der Originalsprache, sprich Ivrit, gehört hat, selbst wenn er kein Ivrit versteht, hat immer das Gebot erfüllt. (Talmud Megila, 2. Ab., 1. Mischna)

Folgende halachische Grundregel legt nun der RamBam fest: „Eine Megila, die in übersetzter Form vorliegt und die in dieser übersetzten Sprache vorgetragen wird, darf nur dann vorgetragen werden, wenn derjenige, der sie vorträgt und diejenigen die sie hören tatsächlich nur diese Sprache beherrschen.“ Diese Halacha übernimmt der Schulchan Aruch und sie hat Geltung.

(siehe Schulchan Aruch, Hilchot Megila. סימן תר“צ סעיף ט‘ (

Die Megila darf also in der nicht-hebräischen Landessprache vorgetragen werden, wenn man kein Ivrit beherrscht. Aber: Dies gilt nur im Notfall, nicht im idealen Falle. Denn schon die zitierte Mischna (s.o.), spricht über das Vortragen der Megila in der nicht-hebräischen Landessprache nur im Notfalle.

Das ideale Vortragen der Megila erfolgt in Hebräisch, selbst wenn der Zuhörer selber kein Hebräisch beherrscht, sondern nur die Landessprache. Und folgendermaßen legt der Schulchan Aruch nun diese Halacha fest: „Der Fremdsprachige, welcher die Megila in Laschon Kodesch (Tanach-Ivrit) gehört hat, sogar wenn er nicht versteht, worum es geht, hat das Gebot erfüllt.“ (Schulchan Aruch (סימן תר“צ סעיף ח‘

Die Mischna Brura erklärt an dieser Stelle in ihrem Kommentar zum Schulchan Aruch auch den Grund: In der Megila gibt es Stellen, die selbst für diejenigen, die Ivrit beherrschen inhaltlich und sprachlich unklar sind, so z.B. Beschreibungen wie „Haachaschtranim Bney Haramachim“. Niemand, so der Talmud, weiß genau zu sagen, wer damit gemeint sein soll. Vielmehr gehe es bei dem Vorlesen der Megila innerhalb der Gemeinschaft darum, das Purim-Wunder (durch das bloße Vortragen) in einer großen Öffentlichkeit zu verkünden (Pirsumey Nissa), siehe Mischna Brura die zitierte Stelle im Schulchan Aruch.

Hieraus ergibt sich: Es ist halachisch absolut richtig, die Megila in der Synagoge in Ivrit vorzutragen, sogar wenn viele aus dem Publikum die hebräische Sprache schlecht oder gar nicht beherrschen. Dies sollte von vornherein so sein. Denn bei dem Gebot der Megila geht es in erster Linie um das gemeinschaftliche Zusammenkommen, um die Zelebrierung des Purim-Wunders durch das Hören der Megila, auch für diejenigen, die nicht imstande sind die Megila sprachlich zu verstehen. Nur im Notfall, wenn es nicht anders geht, und da wo niemand die hebräische Sprache beherrscht, darf die Megila einem solchen Publikum auch in einer übersetzten Form vorgetragen werden.

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