Nov ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Paraschat Wejera 5777

Daf Paraschat HaSchawua

daf-vayeira-5777

Paraschat Wajera
18./19. Oktober 2016
18. Cheschwan 5777

Bereschit 18:1 – 22:24
Haftara: Melachim II 4:1 – 37

Die Parascha in Kürze

• Drei Engel in Menschengestalt kommen zu Awraham – Jitzchaks Geburt wird angekündigt
• Sodom und Amora werden zerstört, aber Awrahams Neffe Lot gerettet
• Jitzchaks Geburt; Vertreibung von Hagar und Jischmael aus Awrahams Haus
• G-tt verlangt von Awraham, seinen Sohn Jitzchak zu opfern, wozu er sofort bereit ist
• Awraham besteht die Prüfung und statt Jitzchak wird im letzten Moment ein Widder geopfert

Konzept der Woche
וַיַּשְׁכֵּם אַבְרָהָם בַּבֹּקֶר אֶל־הַמָּקוֹם אֲשֶׁר־עָמַד שָׁם אֶת־פְּנֵי ה‘: וַיַּשְׁקֵף עַל־פְּנֵי סְדֹם וַעֲמֹרָה וְעַל כָּל־פְּנֵי אֶרֶץ הַכִּכָּר וַיַּרְא וְהִנֵּה עָלָה קִיטֹר הָאָרֶץ כְּקִיטֹר הַכִּבְשָׁן:
„Awraham machte sich früh am Morgen auf nach dem Orte hin, wo er vor Haschems Angesicht gestanden, und schaute hinab auf die Richtung von Sodom und Amora und auf die Richtung des ganzen Landes der Ebene, da sah er, und siehe, schon stieg der Rauch des Landes auf wie der Rauch eines Kalkofens (19:27-28).“
In den vorherigen Versen erzählt uns die Tora von Lots Rettung aus Sodom. Die Tora unterbricht hier die Geschichte über Lot mit obigen Versen und berichtet, was Awraham nach Sodoms Zerstörung tut. Es scheint, als ob die Tora den Grund dafür auslässt, warum Awraham an die Stelle zurückkehrt, an der er am Vortag mit Haschem gesprochen hatte. Die Mefarschim (Tora-Kommentatoren) geben verschiedene Erklärungen dazu.
Zuerst betrachten wir, wie der Targum Onkelos, die 2000 Jahre alte aramäische Übersetzung der Tora, die Worte übersetzt אֲשֶׁר־עָמַד שָׁם אֶת־פְּנֵי ה‘ – wo er vor Haschems Angesicht gestanden hatte. Ungewöhnlicherweise fügt er ein interpretierendes Wort ein: בִּצְלוֹ – im Gebet – was bedeutet, dass Awraham an den Ort zurückgekehrt ist, wo er Haschem vorher um Gnade für das Leben der Menschen in Sodom und Amora gebeten hatte.
Sforno (Rav Ovadya ben Yaakov Sforno, 1475-1550) erklärt, dass Awraham an diesem Ort einen weiteren Versuch des Gebets unternehmen wollte, das Leben der Einwohner dieser sündigen Städte zu verschonen. Am Vortag hatte Awraham argumentiert, dass es im Sinne von Gerechtigkeit wäre, nicht die Sünder mit den Unschuldigen zu töten. Tatsächlich hatte sich G-tt auf Awrahams „Verhandlungen“ insoweit eingelassen, dass Er einverstanden war, die Städte nicht zu zerstören, wenn sich zehn Gerechte dort finden ließen. Bei diesem erneuten Versuch Awrahams, meint Sforno, würde Awraham zwar die Schuld der Bewohner Sodoms und Amoras anerkennen, aber Haschem anflehen, dennoch deren Sünden zu übersehen. Als Awraham allerdings an die Stelle kam, an der er zuvor gestanden und gebetet hatte, war es zu spät: es stieg schon Rauch über den zerstörten Städten auf.
Raschbam (Rav Schmuel ben Meir, 1085-1158, Raschis Enkel) schreibt Awrahams Blick über Sodom eine andere Motivation zu. Haschem hatte Awraham nicht mitgeteilt, ob zehn Gerechte in den sündigen Städten zu finden seien. Nun wollte Awraham sehen, ob Sodom zerstört worden war oder sich zehn Gerechte angefunden hatten.
Aber auch Alschich (Rav Mosche Alschich, 1508-1593) meint, dass Awraham zum Beten an diese Stelle zurückgekehrt ist. Er zitiert den Talmud im Traktat Brachot 6b, wo steht, dass der G-tt Awrahams jedem hilft, der einen speziellen Platz für sein Gebet hat. Weiter macht sich Alschich Gedanken darüber, wofür Awraham beten wollte. Awraham hatte gehofft, dass in Lots engster Familie zehn Gerechte seien. Nun aber musste er erkennen, dass dem leider nicht so war, weil schon Rauch über den Städten zu sehen war. Er betete nun, sagt Alschich, dass Lot nicht dasselbe Schicksal ereilt hatte wie den Rest der Bevölkerung.
Frage der Woche: Welches Gebet wird mit den Worten angedeutet: אֶל־הַמָקוֹּם אֲשֶר־עָמַד שָם – nach dem Ort hin, wo er gestanden hat? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Worin sehen wir zu Beginn der Parascha einen Hinweis, dass Awraham mit hundert Jahren einen Sohn haben würde? Darauf weisen die Worte לֶךְ־לְךָ hin, die die Gematria von 100 haben, sagt der Baal HaTurim (Rav Yaakov ben Ascher, 1270-1340).
Biographie der Woche

Rabbi Schlomo Carlebach

„the singing rabbi“

Jahrzeit 16. Cheschwan

Rabbiner Schlomo Carlebach wurde 1925 in Berlin geboren und entstammte einer berühmten deutschen Rabbinerfamilie. Sein Vater Rabbiner Naftali Carlebach (1889-1967) nahm 1931 eine Rabbinatsstelle in Baden bei Wien an, wo die Familie bis 1938 ansässig war.
Auf der Flucht vor den Nazis kam die Familie 1938 nach New York. Eine kleine Synagoge auf der Upper West Side von Manhattan bot Rabbiner Naftali Carlebach die Position des Rabbiners an. Schlomo Carlebach lernte an Jeschiwot in Brooklyn, NY und in Lakewood, NJ, wo er einer der besten Schüler von Rabbiner Aharon Kotler (1891-1962) war. Seine musikalische Begabung zeigte sich schon in dieser Zeit. Schlomo Carlebach wurde zum Anhänger von Rebbe Yoseph Yitzchok Schneersohn (1880-1950) und damit zum Chassid von Chabad Lubavitch. Dessen Nachfolger Rebbe Menachem Mendel Schneerson (1902-1994) schickte ihn 1951-1954 als einen der ersten Chabad-Gesandten in amerikanische Universitätsstädte, um junge Leute wieder mit ihren jüdischen Wurzeln vertraut zu machen. Rabbiner Carlebach setzte dabei seine musikalische Begabung und seine magnetische Ausstrahlung ein.
Ende der fünfziger Jahre brach Chabad mit Schlomo Carlebach und Reb Schlomo, wie er liebevoll genannt wurde, schlug seinen eigenen Weg ein. Er reiste viel und trug seine selbstkomponierten Lieder, deren Texte aus dem Tenach und der Liturgie kamen, in kleinem und großem Kreis in den USA, in Israel und in Europa vor. Seine Schallplatten fanden ein großes Publikum, denn Reb Schlomo traf mit seinem Wesen und seiner Musik den Nerv der Zeit. Im Umbruch der etablierten westlichen Gesellschaft in den Sechziger Jahren waren viele junge Leute auf der Suche nach Spiritualität und fühlten sich von Reb Schlomos Musik und jüdischen Geschichten sehr angesprochen. Heute sind viele seiner Lieder so populär, dass sie Eingang in viele G-ttesdienste gefunden haben, vielmals ohne dass sich die Zuhörer dessen bewusst sind, dass es sich nicht um uralte jüdische Melodien handelt.
Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Rabbiner Eli Chaim war Rabbiner Schlomo Carlebach von 1967 bis zu seinem Tod Rabbiner der Synagoge seines Vaters in Manhattan. Heute heißt diese Synagoge kurz die „Carlebach-Shul“. Alle G-ttesdienste werden dort durchgehend mit den Melodien von Reb Schlomo gebetet. Inzwischen sind aber solche „Carlebach-Minjanim“ an vielen Orten zu finden.
Rabbiner Carlebach starb 1994 nach einem Herzinfarkt auf einem Flug nach Kanada.
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