Dez ‍‍2015 - תשעה / תשעו

Paraschat Wajeschew 5776

Daf Paraschat HaSchawua

Daf Vayeishev 5776

Paraschat Wajeschew
Schabbat Mewarchim
4./5. Dezember 2015
23. Kislew 5776

Bereschit 37:1 – 40:23
Haftara: Amos 2:6–3:8

Die Parascha in Kürze

• Jakow hat sich in Eretz Jisrael niedergelassen und zieht seinen Sohn Joseph den anderen Kindern vor
• Die Brüder verkaufen Joseph und lassen Jakow glauben, er sei tot
• Peretz, der Vorfahr von König David, wird Jehuda und Tamar geboren
• Joseph wird nach Ägypten ins Haus Potiphars verkauft und steht bald dem Haushalt vor
• Potiphars Frau verleumdet Joseph und er kommt ins Gefängnis

Konzept der Woche
הִוא מוּצֵאת וְהִיא שָׁלְחָה אֶל־חָמִיהָ לֵאמֹר לְאִישׁ אֲשֶׁר־אֵלֶּה לּוֹ אָנֹכִי הָרָה וַתֹּאמֶר הַכֶּר־נָא לְמִי הַחֹתֶמֶת וְהַפְּתִילִים וְהַמַּטֶּה הָאֵלֶּה
„Sie ward hinausgeführt – sie hatte aber zu ihrem Schwiegervater geschickt und ließ ihm sagen: dem Manne, dem diese gehören, habe ich empfangen! Und sie sprach: erkenne doch, wem diese, das Siegel, die Schnüre und der Stab, gehören! (38:25)”

Seinen Mitmenschen nicht zu beschämen ist eines der höchsten Ziele, das unsere Weisen uns für unsere Lebensführung voranstellen. Die Gemara zitiert den obigen Vers im Traktat Sota 10b und fragt, warum Tamar nicht geradeheraus gesagt hat, wer der Vater ihrer ungeborenen Kinder sei. Sie wusste, dass ihr die Todesstrafe drohte, aber sie war bereit, sich eher verbrennen zu lassen als ihren Schwiegervater öffentlich zu beschämen. Der Talmud sagt, dass wir daraus lernen, dass man sich lieber in einen heißen Ofen werfen lassen muss als seinen Mitmenschen in der Öffentlichkeit zu beschämen.
Tamar wusste, dass aus ihrer Verbindung mit Jehuda Könige und Propheten – und letztlich der Moschiach – hervorkommen würden. Der Midrasch erzählt uns, dass Jehuda von Haschem zu Tamar gelenkt wurde, damit die königliche Linie hier beginnen sollte. Aber Tamar war sich bewusst, dass selbst das g-ttliche Eingreifen keine Entschuldigung dafür war, Jehuda öffentlich zu kompromittieren. Rabbiner Yerucham Levovitz (1873-1936) macht darauf aufmerksam, dass es oft vorkommt, dass ein Mensch eine große Mitzwa tun will. Im Verlaufe der Ausführung dieser Mitzwa handelt er aber achtlos und verletzt dabei die Gefühle vieler Menschen. Rav Levovitz sagt ganz deutlich, dass solche Taten falsch sind, gleichgültig, wie nobel das Ziel ist, und G-tt wird sie nicht gutheißen.
Jehuda andererseits zeigte Größe, indem er ohne zu Zögern die Wahrheit bekannte. Er suchte weder nach Entschuldigungen noch versuchte er, die Sache zu vertuschen und nur im Geheimen die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Somit zeigte Jehuda die besten Eigenschaften eines Königs und bewies, dass er wieder auf der Stufe angelangt war, der Ahnherr der Könige zu werden. Seine Verstrickung am Verkauf seines Bruders Joseph nach Ägypten hatte ihn von seiner vorherigen Führungsrolle unter den Brüdern demontiert. Seine Brüder warfen ihm vor, dass ein Wort von ihm genügt hätte und sie hätten Joseph zu ihrem Vater Jakow zurückgebracht. Hieraus sehen wir, dass ein Mensch zwar eine prädestinierte Rolle besitzen kann, aber es auf ihn und sein Verhalten ankommt, ob er sie wirklich innehaben und ausüben kann.
Man muss sich jederzeit bemühen, sein Potential auszufüllen, sonst kann man seine Position verlieren. Aber es ist auch jederzeit möglich, Teschuwa zu tun und dann richtig zu handeln. Mit stetigem Bemühen kann es gelingen, nicht nur in die vorherige Position zurückzukehren, sondern sogar über sich selbst hinauszuwachsen.

Frage der Woche: Warum vergab Pharao dem Mundschenk, aber nicht dem Bäcker? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wo ist im Birkat Hamason (Tischgebet) ein Teil des Dialogs zu finden, den Jakow mit Esaw führte? Ein Teil dieses Dialog ist im Birkat Hamason an der Stelle zu finden, wo wir Haschem bitten, uns zu segnen wie er unsere Stammväter gesegnet hat: בַּכֹּל, מִכֹּל, כֹּל. Das Wort כֹּל bezieht sich auf Jakows Aussage gegenüber Esaw: יֵֹש לִי כֹּל – ich habe alles.
Biographie der Woche

Rabbiner Jakob Ettlinger

Aruch LaNer

Jahrzeit 25. Kislew

Rabbiner Ettlinger wurde 1798 in Karlsruhe geboren. Sein Vater war Rosch Jeschiwa in Karlsruhe und auch sein erster Lehrer. Von 1816 bis 1819 lernte er bei Rabbiner Abraham Bing (1752-1841) in Würzburg, zu dessen Schülern gleichzeitig auch Rabbiner Isaac Bernays (1792-1849) zählte. Beide studierten neben ihren Jeschiwastudien auch an der Würzburger Universität und gehörten damit zu den ersten jüdischen Studenten der Universität Würzburg.
1826 wurde Rabbiner Ettlinger nach Mannheim berufen, wo auch Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888) sein Schüler war. 1836 wurde Rav Ettlinger als Oberrabbiner nach Altona berufen, das zu jener Zeit ein Teil Dänemarks war. Im benachbarten zu Deutschland gehörenden Hamburg war Rav Bernays als Rabbiner der aschkenasischen Gemeinde tätig.
Rabbiner Ettlinger war einer der wegweisenden Rabbiner der deutschen Orthodoxie des 19. Jahrhunderts. Er war ein bedeutender Toragelehrter, dessen Werk Aruch LaNer mit seinen Kommentaren zu verschiedenen Talmudtraktaten auch heute noch von großer Wichtigkeit ist. Responsen und sein Buch Bikurej Jakow über die Gesetze von Sukkot zeugen ebenfalls von seiner herausragenden Position. Rav Ettlinger setzte sich vehement für die traditionell orthodoxe jüdische Lebensweise ein. Das aufsprossende Reformjudentum lehnte er rundweg ab und setzte einen anderen Weg dagegen, den seine Schüler Rav Samson Raphael Hirsch und Rav Esriel Hildesheimer (1820-1899) als Tora im Derech Eretz mit jeweils unterschiedlicher Couleur weiterentwickelten. Die erste Zeitschrift der deutschen Orthodoxie: Der treue Zionswächter – Organ zur Wahrung der Interessen des orthodoxen Judentums wurde von Rav Ettlinger ab Sommer 1845 mitherausgegeben.
Das Amt des Oberrabbiners von Altona hatte Rav Ettlinger bis zu seinem Tod inne. Er starb 1871 in Altona.
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