Sep ‍‍2015 - תשעה / תשעו

Paraschat Wajelech

Daf Vayelech 5775

Daf Paraschat HaSchawua
Paraschat Wajelech/
Schabbat Schuwa

18./19.September 2015
6. Tischre 5776
Dewarim 31:1 – 31:30
Haftara: Hoschea 14:2-10 & Joel 2:11-27
Micha 7:18-20

Die Parascha in Kürze
• Der letzte Tag in Mosche Rabbenus Leben
• Mitzwa von Hak’hel: der König liest aus der Tora alle sieben Jahre (im ersten Jahr des Schmitta-Zyklus‘) an Chol HaMoed Sukkot vor dem gesamten Volk
וַיֹּאמֶר אֲלֵהֶם בֶּן־מֵאָה וְעֶשְׂרִים שָׁנָה אָנֹכִי הַיּוֹם לֹא־אוּכַל עוֹד לָצֵאת וְלָבוֹא וַה‘ אָמַר אֵלַי לֹא תַעֲבֹר אֶת־הַיַּרְדֵּן הַזֶּה:
„Er sprach zu ihnen: hundertundzwanzig Jahre bin ich heute, ich kann nicht mehr vor euch aus- und einziehen; und Haschem hat zu mir gesprochen: du sollst nicht über diesen Jordan ziehen (31:2).“

Konzept der Woche
Raschi kommentiert die Worte „bin ich heute“ folgendermaßen: heute sind meine Tage und meine Jahre voll; am heutigen Tag bin ich geboren und heute werde ich sterben. Rabbiner Raphael Blum (1907-2005) bemerkt dazu, dass man immer denken soll: heute wurde ich geboren und heute sterbe ich. Dies ist im Rahmen des Gespräches von Rabbi Elieser mit seinen Schülern zu sehen, von dem uns die Gemara im Traktat Schabbat 153a berichtet. Rabbi Elieser sagt dort: „ שׁוּב יוֹם אֶחָד לִפְנֵי מִיתָתְךָ – tue Teschuwa einen Tag vor deinem Tod!“ Seine Schüler fragen natürlich, woher man denn seinen Todestag kennen soll. Daraufhin antwortet Rabbi Elieser: „Umso mehr soll man sich immer sagen, dass man heute Teschuwa tun soll, denn man könnte ja morgen sterben. Auf diese Weise wird man all seine Tage in Teschuwa verbringen.“
Mosche Rabbenu will uns also sagen, dass man jeden Tag wie seinen letzten Tag betrachten und umkehren soll. Mit wirklicher, ehrlicher Teschuwa wird man wie neugeboren sein – ohne seine vorherigen Sünden.
Der Maharal (Rabbiner Jehuda Löw, 1525-1609) fragt, warum Rabbi Elieser nicht einfach gesagt hat, man solle jeden Tag Teschuwa tun? Der Maharal meint, dass uns Rabbi Elieser noch zusätzlich etwas lehren wollte. Hätte es geheißen, man solle täglich Teschuwa tun, aber man sich nicht daran hält, so könnte man vielleicht annehmen, es genüge nicht, erst kurz vor dem Tod zu bereuen. Durch Rabbi Eliesers Wortwahl ist dargelegt, dass man eine Gelegenheit zur Teschuwa benutzen soll. Selbst wenn man im Leben nur einmal Teschuwa tut – egal wann und wie weitgehend – wird es immer eine Auswirkung auf einen haben.
Rabbi Nachman von Breslav (1772-1810) sagte einmal einem Chassid: „Tue Teschuwa einen Tag vor deinem Tod!“ Dabei betonte er besonders die Worte „einen Tag“. Damit wollte er besonders hervorheben, wie groß und bedeutend die Wirkung von Teschuwa ist. Es kommt ja vor, dass ein Mensch eines Tages sehr motiviert ist, aus tiefstem Herzen G“tt nahe kommen will und ehrliche Teschuwa tut. Aber nicht immer gelingt es ihm, dieses Niveau aufrechtzuerhalten und er fällt wieder in sein vorheriges Leben und seine Gewohnheiten zurück. Dies gibt ihm oft ein Gefühl der Frustration, dass seine Teschuwa nichts wert war und nichts genützt hat. Rabbi Nachman will uns hiermit sagen, dass selbst ein einziger Tag von Teschuwa im Leben nicht vergeblich war. Im Gegenteil – dieser Tag ist wertvoller als alle Schätze der Erde. Am Ende seines Lebens hat dieser Mensch immer noch den Gewinn dieses Tages der Teschuwa, was ihn zumindest einen Tag G“tt näher gebracht hat.

Frage der Woche: Welchen Rat gab Mosche in Vers 31:23 Jehoschua, als er sagte, כִּי אַתָּה תָּבִיא אֶת־בְּנֵי יִשְׂרָאֵל אֶל־הָאָרֶץ – denn du wirst die Kinder Israels in das Land bringen? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Womit wird in Vers 29:9 auf die Pflicht angespielt, seinen Tora-Lehrer zu ehren? Der Vers sagt: „Ihr steht heute alle vor Haschem, eurem G-tt: eure Häupter, …“ Der Vers stellt „euer G-tt“ und „eure Häupter (d.h. eure Anführer)“ einander gegenüber. Damit wird angedeutet, dass man G-tt und seine Anführer ehren soll, sagt Baal HaTurim (Rav Jakow ben Ascher, 1270-1340).
Biographie der Woche

Rabbi Jitzchak Aryeh Wormser –
Baal Schem von Michelstadt

Jahrzeit 3. Tischre

Rabbiner Wormser wurde 1768 in Michelstadt, einem kleinen Ort im Odenwald, geboren. Von klein auf lernte er mit großer Intensität und zeigte geniale Züge beim Toralernen. Schon bald war er beim Lernen auf sich selbst gestellt, weil in seiner Umgebung kein geeigneter Lehrer zu finden war und seine Eltern den Jungen zunächst nicht in die Jeschiwa nach Frankfurt gehen lassen wollten, weil sie sich sehr um ihn sorgten. Im Alter von 16 Jahren wurde er schließlich in Frankfurt ein Schüler von Rav Nathan Adler (1741-1800), der ihn mit der Kabbala vertraut machte und ihn mit der damals jungen chassidischen Bewegung in Berührung brachte. Neben Rav Adler lebten zu jener Zeit bedeutende Rabbiner in Frankfurt, zu denen Rav Pinchas Horowitz (1731-1805) und Rav Mosche Schreiber (1762-1838, der Chasam Sofer) gehörten.
Nach sechs Jahren des Studiums in Frankfurt kehrte der jungverheiratete Rav Wormser nach Michelstadt zurück und übernahm nach dem Tod des Vaters das elterliche Geschäft. Dennoch lehrte er immer Tora und gründete eine Jeschiwa in Michelstadt, die er finanzierte. Bald kamen junge Männer von nah und fern, um von ihm zu lernen und er erwarb sich nicht nur den Ruf eines Toragelehrten, sondern auch eines Wunderrabbis. Er kümmerte sich persönlich um die Bedürfnisse armer Menschen, besorgte selbst das Stroh für ihr Nachtlager und während er großzügig ihren Hunger mit Fleisch, Fisch und Delikatessen stillen ließ, aß er selbst nur Gemüse und vegane Kost. Der Chasam Sofer sagte über ihn: „Die Mitzwa von Tzedaka und Gastfreundschaft habe ich von meinem Freund Rav Jitzchok Aryeh gelernt.“
Im Alter von 54 Jahren wurde er Rabbiner von Michelstadt und war in den letzten 25 Jahren seines Lebens in ganz Deutschland als wunderwirkender Rabbiner bekannt, zu dem selbst reiche Leute strömten, um seinen Segen zu erhalten, da sich seine Worte immer erfüllten.
Der Baal Schem von Michelstadt starb 1847 am Tzom Gedalja (3. Tischre). Auch heute besuchen viele Menschen das ganze Jahr über sein Grab in Michelstadt.

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