Aug ‍‍2015 - תשעה / תשעו

Paraschat Schoftim 5775

Daf Shoftim 5775

Daf Paraschat HaSchawua

21./22. August 2015
7. Elul 5775

Dewarim 16:18 – 21:9
Haftara: Jeschaja 51:12 – 52:12

Paraschat Schoftim

Die Parascha in Kürze
• Unbestechliches Gerichtssystem
• Austilgung von Götzendienst
• Gesetze über einen jüdischen König
• Gesetze über Krieger und Kriegsführung
• Gesetze über ungeklärten Mordfall

Konzept der Woche
וַעֲשִׂיתֶם לוֹ כַּאֲשֶׁר זָמַם לַעֲשׂוֹת לְאָחִיו וּבִעַרְתָּ הָרָע מִקִּרְבֶּךָ:

„So sollt ihr ihm dasselbe tun, was er seinem Bruder zu tun gedachte; so sollst du das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen (19:19)”
Wenn zwei Zeugen sich zur Falschaussage zusammentun, um ihrem Bruder zu schaden, und ihr Plan aufgedeckt wird, sollen die Richter diese Zeugen mit derselben Strafe belegen, mit der sonst der Angeklagte bedacht worden wäre. Raschi zitiert das Traktat Makkot 5b, wo die Gemara sagt, dass die falschen Zeugen nur die dem Angeklagten zugedachte Strafe erhalten, wenn das Komplott vor der Umsetzung der Strafe aufgedeckt wurde. Sollten ihre Falschaussagen allerdings zur Verurteilung und Bestrafung des Angeklagten geführt haben, wird die entsprechende Strafe nicht über sie verhängt.
Intuitiv würden die meisten von uns das Umgekehrte erwarten und die falschen Zeugen mit derselben Strafe belegen, die der Angeklagte bekommen hatte, gerade wenn sie nicht rechtzeitig vor der Bestrafung des Angeklagten entlarvt worden waren. Viele Mefarschim (Tora-Kommentatoren) setzten sich über die Jahrhunderte damit auseinander, warum die Strafe für eine Falschaussage schärfer ist, wenn doch „nur“ ein ungerechtes Urteil ergangen ist.
Sifsej Chachamim (Rav Schabbesai Bass, 1641-1718) äußert, dass Haschem einem wahrhaft Rechtschaffenen kein Missgeschick zustossen lässt. Wenn der Angeklagte tatsächlich bestraft wird, zeigt es, dass er die Strafe auch verdient hat. Sollten aber die Zeugen vor der Bestrafung entlarvt werden, wird dadurch die wirkliche Rechtschaffenheit des beschuldigten Menschen dargelegt.
Die Gemara leitet das Gesetz כַּאֲשֶׁר זָמַם וְלֹא כַּאֲשֶׁר עָשָׂה – wie sie es ihm zugedacht haben und nicht wie sie es ausgeführt haben – von dem Wort אָחִיו – dein Bruder – ab und impliziert, dass der Angeklagte noch lebt. Davon abgeleitet bekommen die falschen Zeugen nur ihre Strafe, wenn das Urteil noch nicht ausgeführt wurde und der Verurteilte noch lebt. Ritva (Rav Yom Tov Assevilli, 1250-1330) merkt allerdings an, dass an vielen Stellen das Wort אָחִיו auch für Menschen gebraucht wird, die bereits gestorben sind. Wie kann also der Talmud das Gesetz von כַּאֲשֶׁר זָמַם von diesem Wort ableiten?
Maharshash erklärt, dass die Tora von zwei Arten von Brüdern spricht: Blutsbrüder (die dieselben Eltern haben) und Brüder, die miteinander verbunden sind, weil sie beide Juden und durch dieselben Gebote miteinander verbunden sind (siehe Traktat Bava Kamma 88a). Auch wenn beide Kategorien als Brüder bezeichnet werden, gibt es doch grundlegende Unterschiede. Ein Blutsbruder bleibt auch nach seinem Tod ein Bruder, während ein Bruder durch Mitzwot nur zu Lebzeiten ein Bruder genannt werden kann, weil er nur dann zu Mitzwot verpflichtet ist. Nach seinem Tod muss er keine Mitzwot mehr erfüllen und wird auch nicht mehr als Bruder bezeichnet. In unserem Vers muss es sich um die zweite Kategorie von Bruder handeln, gegen den falsche Zeugen auftreten, denn Blutsbrüder sind vor Gericht als Zeugen ausgeschlossen. Da also der Angeklagte Bruder genannt wird, muss er noch leben, wenn sich die Zeugen als falsche Zeugen herausstellen und ihnen wird die Strafe zuteil, die sie ihren Bruder ereilen lassen wollten.
Frage der Woche: Woraus lernen wir, dass sogar ein jüdischer König die Abgaben an die Kohanim leisten muss, genau wie jeder andere Jude? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Zuletzt gestellte Frage und Antwort: Was wird in Vers 16:8 mit dem Wort עֲצֶרֶת – Versammlung – angedeutet, das den siebten Tag Pessach beschreibt? Rav Samson Raphael Hirsch (1808-1888) sagt, dass wir die Erkenntnisse und Lehren, die wir aus den Pessachtagen in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten gezogen haben, zusammenfassend, also als Sammlung, festhalten und damit in unseren Alltag mitnehmen sollen.

Biographie der Woche
Rabbi Meir Simcha von Dvinsk – Ohr Sameach
Jahrzeit 4. Elul

Rav Meir Simcha HaKohen von Dvinsk wurde 1843 im litauischen Baltrimantz als Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmannes geboren. Er heiratete mit 17 Jahren und ließ sich mit seiner Frau in Bialystok nieder, wo er sich auf sein Torastudium konzentrierte, während seine Frau für den Lebensunterhalt sorgte. Nachdem er viele Angebote, als Rabbiner zu arbeiten, abgelehnt hatte, nahm er 1888 eine Rabbinerposition im lettischen Dvinsk an und stand der nicht-chassidischen orthodoxen jüdischen Gemeinde bis an sein Lebensende vor. Zu derselben Zeit war der Rogatchover Gaon (Rav Joseph Rosen, 1858-1936) Rabbiner der chassidischen Gemeinde in Dvinsk. Die beiden sehr unterschiedlichen Männer hatten großen Respekt voreinander und lebten fast vierzig Jahre in derselben Stadt.
Rav Meir Simcha war schon zu Lebzeiten als Tora-Größe anerkannt und ist heute vor allem als der Autor der Werke Ohr Sameach und Meschech Chochma berühmt. Bei Ohr Sameach handelt es sich um einen brillianten Kommentar zur Mischne Tora des Rambam (Rav Mosche ben Maimon, 1138-1204). Meschech Chochma ist ein Tora-Kommentar, der oft zitiert wird.
Rav Meir Simcha beschrieb die Juden der Weimarer Republik als Menschen, die ihre Herkunft vergessen haben und Berlin für Jerusalem halten – eine Einstellung, die er prophetisch als dem Untergang geweiht ansah.
Die jüdische Besiedelung von Eretz Jisrael betrachtete er als sehr positiv und begrüßte 1917 die Balfour Declaration. Interessanterweise war er auch der Ansicht, dass ein Rabbiner, der wirklich seine Leute leiten will, die Landessprache beherrschen sollte. Diese Haltung war unter den orthodoxen Rabbinern Osteuropas nicht gang und gäbe.
Rav Meir Simcha starb 1926 in Riga, wo er sich ärztlicher Hilfe anvertraut hatte.

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