Okt ‍‍2015 - תשעה / תשעו

Paraschat Lech Lecha 5776

Daf Paraschat HaSchawua

Daf Lech Lecha 5776

Paraschat Lech Lecha

23./24. Oktober 2015
11. Cheschwan 5776

Bereschit 12:1 – 17:27
Haftara: Jeschaja 40:27 – 41:16

Die Parascha in Kürze
• Awraham geht auf Haschems Befehl von Charan nach Kanaan
• Wegen einer Hungersnot muss Awraham nach Ägypten gehen, wo sich seine Frau Sara als seine Schwester ausgibt
• Haschem verspricht Awraham, dass Eretz Jisrael seinen Nachkommen gehören wird, die sehr zahlreich sein werden
• Sara gibt Awraham ihre Magd Hagar zur Frau, die ihm den Sohn Jischmael gebiert
• Im Alter von 99 Jahren schließt Haschem mit Awraham einen Bund und gebietet ihm, sich und alle männlichen Haushaltsmitglieder zu beschneiden. ER verspricht ihm einen Sohn mit seiner Frau Sara

Konzept der Woche
וְלֹא־יִקָּרֵא עוֹד אֶת־שִׁמְךָ אַבְרָם וְהָיָה שִׁמְךָ אַבְרָהָם כִּי אַב־הֲמוֹן גּוֹיִם נְתַתִּיךָ:
„Und nicht mehr soll man dich Awram nennen, sondern Awraham soll dein Name sein; denn zum Vater vieler Völker habe ich dich bestimmt (17:5).”

Am Ende unserer Parscha gibt G-tt Awram einen neuen Namen – Awraham – und gebietet ihm, sich zu beschneiden. Auch Saraj bekommt einen anderen Namen – Sarah. In beiden Fällen wird der neue Name durch die Hinzufügung des Buchstaben ה – „Hej“ gebildet. Aus Sarajs Namen wird stattdessen der Buchstabe י – „Jud“ entfernt. In diesem Zusammenhang verspricht G-tt die Geburt ihres Sohnes Jitzchak.
Raschi erklärt in der Schöpfungsgeschichte zu Vers 2:4 (אֵלֶּה תוֹלְדוֹת הַשָּׁמַיִם וְהָאָרֶץ בְּהִבָּרְאָם – dies ist die Entstehungsgeschichte des Himmels und der Erde, als sie erschaffen wurden), dass das in der Torarolle kleiner geschriebene ה im Wort בְּהִבָּרְאָם – als sie erschaffen wurden – bedeutet, dass diese Welt mit dem Buchstaben ה erschaffen wurde. Das ה ist fast allseitig geschlossen und nach unten offen, was darauf hindeutet, dass schlechte Menschen nach unten absteigen, aber es eine kleine Möglichkeit an der Seite des ה gibt, wo ein Baal Teschuwa wieder nach oben steigen kann. Das ה hat also mit Schöpfung zu tun und drückt im Zusammenhang mit Awraham und Sarah aus, dass G-tt es ihnen jetzt ermöglicht, ein Kind zu bekommen. Das ה drückt aber auch die Natur aus, den gesetzmäßigen Ablauf der Welt und die bloße physische Existenz. Die Erwartung an den jüdischen Menschen, sich im Laufe seines Lebens zu verbessern und an sich mit Hilfe der Mitzwot zu arbeiten, wird auch durch das ה ausgedrückt: wir beginnen als physische Existenz und richten uns zu der kleinen Öffnung oben im ה auf in unseren Bemühungen, unser Potential auszunutzen und uns zu entwickeln.
Das Wort בְּהִבָּרְאָם enthält dieselben Buchstaben wie der Name Awraham und tatsächlich sagt der Midrasch, dass die Welt im Verdienst Awrahams erschaffen wurde. Awraham war der erste Mensch, der erkannt hat, dass Haschem die Welt geschaffen hat und lenkt. Sein G-ttvertrauen hat ihn die zehn Prüfungen bestehen lassen, die Haschem ihm auferlegt hat, und er hat sich damit nicht nur spirituell auf immer höhere Stufen begeben, sondern wurde dadurch auch ein Stammvater des jüdischen Volkes.
Ein anderer Midrasch erzählt, dass der Buchstabe י in Sarajs Namen, der den Zahlenwert von zehn besitzt, aufgespalten wurde in zwei Hälften mit dem Zahlenwert von fünf, was dem Buchstaben ה entspricht. Eine Hälfte bekam Sarah und die andere Hälfte ging an Awraham. Sie waren ein sich perfekt ergänzendes Paar. Der Beginn des Liedes Eschet Chajil, das wir jeden Freitagabend vor dem Kiddusch singen, bezieht sich auf Sarah: die tugendhafte Frau ist die Krone ihres Mannes. Sie ist sogar auf einer solch hohen Stufe, dass G-tt in Vers 21:12 zu Awraham sagt: כֹּל אֲשֶׁר תֹּאמַר אֵלֶיךָ שָׂרָה שְׁמַע בְּקֹלָהּ – in allem, was dir Sarah sagt, höre auf ihre Stimme. Sarah hatte mehr noch als Awraham erkannt, wie wichtig die richtige Umgebung und der richtige Umgang für ihren Sohn Jitzchak war, der als das erste jüdische Kind nicht von seinem Halbbruder Jischmael beeinflusst werden sollte. Denn der eigene Wunsch, sich über seine Natur zu erheben, wie es Awraham und Sarah gelungen war und was sie ihrem Sohn vorlebten, wird durch die geeignete Umgebung erleichtert.
Frage der Woche: Wann beginnt das in dieser Parscha angekündigte 400-jährige Exil? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Cham hat sich an seinem Vater Noach vergriffen. Warum verfluchte Noach dann Chams Sohn Kenaan? Noach verfluchte nicht seinen Sohn Cham, sondern Chams Sohn Kenaan, weil Noachs Söhne von G-tt gesegnet waren (Bereschit 9:1).

Biographie der Woche

Rabbi Kalonymus Kalman Shapira–
Piaseczner Rebbe

Jahrzeit 4. Cheschwan

Rabbiner Kalonymus Kalman Shapira wurde 1889 im polnischen Grozhisk geboren. Sein Vater, der Grozhisker Rebbe Elimelech Shapira (1823-1882), der Imre Elimelech, starb, als sein Sohn drei Jahre alt war. Er wurde von seiner Mutter Chana Bracha und seinem Verwandten, dem Kozhnitzer Rebben, Rav Yerachmiel Moshe Hopsztajn, erzogen, dessen Tochter er 1905 heiratete. 1909 wurde er der Rebbe von Piaseczno, einem Vorort von Warschau, und schon bald hatte er viele Anhänger, darunter auch Chassidim seines Vaters.
Im Jahre 1923 gründete er die Jeschiwa Da’as Mosche, die sich zu einer der größten chassidischen Jeschiwot im Warschau der Zwischenkriegszeit entwickelte. Warschau wurde im nun unabhängigen polnischen Staat als das „Paris Osteuropas“ betrachtet und offerierte ein vielfältiges, hauptsächlich areligiöses, jüdisches Leben. Rabbiner Shapira entwickelte einen neuen Ansatz im orthodoxen Erziehungssystem, das jungen Leuten die Werte der chassidischen Lebensweise auf frische Weise nahebrachte und präsentierte so eine Alternative sowohl zu dem zu diesem Zeitpunkt üblichen Lernstil der Jeschiwot als auch zu den säkularen Ideologien, die scharenweise Anhänger fanden. In seinem 1932 erschienen Buch „Chowas HaTalmidim“ erläutert er sein Ziel, seine Schüler zu aktiven Partnern ihrer eigenen Erziehung zu machen und sie mit der Pracht des jüdischen Lebens vertraut zu machen und zu verbinden.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges inspirierte Rabbiner Shapira im Warschauer Ghetto als Lehrer und geistiger Führer. Er wurde nach dem Aufstand im Ghetto 1943 ins Arbeitslager nach Trawniki deportiert, wo er am 3. November 1943 erschossen wurde.
Rabbiner Shapira wird auch der Rebbe des Warschauer Ghettos genannt. Er schrieb dort von 1939 bis 1942 Kommentare zum Wochenabschnitt, die er 1943 mit anderen Papieren im Ghetto versteckte. Nach dem Krieg wurden seine Schriften von einem Bauarbeiter gefunden und sein Parscha-Kommentar als Esch Kodesch veröffentlicht. Darin befasst er sich mit grundlegenden Fragen wie Glaube, die Bedeutung von Leiden, dem Schicksal des jüdischen Volkes und dem Kampf zwischen Gut und Böse – geschrieben unter extremen, lebensbedrohlichen Umständen.

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