Jan ‍‍2007 - תשסז / תשסח

Miteinander – Füreinander

„Als das Volk den Moment der Übergabe der Thora erleben durfte, stand das Volk wie eine Person mit einem Herzen dazu bereit“, kommentiert Raschi das bedeutsame Erlebnis am Berge Sinai. Wir wissen und verstehen, dass nicht Moses allein, sondern das gesamte Volk vereint die Gesetze und die Thora erhielt. Das gemeinsame Erleben und Annehmen der Thora und die nun beginnende Konzentration aller Anwesenden auf ein gemeinsames Ziel schafft Einheit.. Auf den zweiten, tieferen Blick können wir erkennen, dass die Übergabe der Thora ein Prozess des wechselseitigen Nehmens und des Gebens und G“ttes Vertragspartner nicht Moses allein, sondern das gesamte Volk ist – ein Volk als eine Person, im Herzen miteinander vereint.

Das Grundprinzip des Gebens und Nehmens zeichnet das jüdische Volk aus, und die Solidarität und soziale Verantwortung sind die Grundpfeiler dieses Prinzipes. Im Talmud wird berichtet, dass Raban Jochanan ben Zekai berichtet, dass er auf einem Esel ritt und die Altstadt Jerusalems verließ. Der zweite Tempel war zu seiner Lebenszeit bereits zerstört. Er sah ein junges Mädchen, das Weizen von den Beinen des Viehs sammelte. Als sie Raban Jochanan sah, schämte sie sich und bedeckte sich mit einem Schal. Sie sagte zu ihm: „Rabbi, sorge für meine Nahrung!“ Er fragte, wer sie sei. „Ich bin die Tochter von Nakdimon Ben Gurion“ Raban Jochanan erkannte in ihr die Tochter des bekanntlich reichsten Mannes Jerusalems besserer Zeiten. Man erzählte, dass ein Stoff aus Seide unter seine Füße gelegt wurde, während er auf die Straße ging, damit das Laufen ihm angenehmer sei. Der kostbare Stoff wurde jedoch auf der Straße liegen gelassen, damit er den Armen als Almosen verbleibe. Raban Jochanan fragte das Mädchen, wo das gesamte Vermögen ihres Vaters nur geblieben sei. Sie antwortete: „Rabbi, man sagt in Jerusalem, dass derjenige, der sein Vermögen nicht verlieren möchte, es bewahren solle, ganz genauso wie Salz das Fleisch bewahrt, damit man gute Taten vollbringen könne!“. Der Talmud erklärt an dieser Stelle, dass – obwohl Nakdimon Ben Gurion gute Taten vollbrachte – diese nicht als Wohltat galten, weil er in der Lage war, sie ohne Anstrengung zu tun. Deswegen habe er sein Vermögen verloren.Selbstverständlich, jeder von uns vollbringt gute Taten und jeder hilft seinem Nächsten. Aber es liegt dennoch an jeden Einzelnen prüfen, ob er auch wirklich genügend tut. Und nur durch die Gegenseitigkeit bei der Wohltätigkeit kann die Gesellschaft verbessern. Durch den anhaltenden Prozess des Gebens und Nehmens und ihrer Wechselseitigkeit entstehen eine Verbindung und die Sorge um die Bedürfnisse den Anderen. Geld für wohltätige Zwecke zu spenden ist natürlich eine löbliche und wichtige Handlung, aber der Begriff der Wohltätigkeit, der „Zedaka“, umfasst alle möglichen Bereiche der Hilfe, anonym oder persönlich, für Erwachsene, für Kinder oder Freunde, die in misslichen und schweren Zeiten der Hilfe bedürfen.

In der Wohltätigkeit liegt der entscheidende Grund, der die Einheit des Ganzen erklärt. Sie zeigt aber auch den Stand einer Gesellschaft an: Ist die Wohltätigkeit Teil des Alltages, herrscht sozialer Frieden und die Einheit der Gesellschaft oder des Volkes gesichert.

Wenn sich jeder vornimmt seine Anstrengungen Gutes zu vollbringen und seinen Augenmerk stärker auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und des sozialen Umfeldes lenkt, dann wird die Einheit, in guten und schlechten Zeiten, auch in Zukunft gesichert sein und uns der Erlösung näher bringen, ganz so, wie der Jesaja es anmahnte und prophezeite: „Wahret das Recht und übt Gerechtigkeit, denn mein Heil ist nahe …“.

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