Nov ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Lech Lecha 5777

Daf Paraschat HaSchawua

Paraschat Lech Lecha

daf-lech-lecha-5777

11./12. November 2016
11. Cheschwan 5777

Bereschit 12:1 – 17:27
Haftara: Jeschaja 40:27 – 41:16

Die Parascha in Kürze

• Awraham geht auf Haschems Befehl von Charan nach Kanaan
• Wegen einer Hungersnot muss Awraham nach Ägypten gehen, wo sich seine Frau Sara als seine Schwester ausgibt
• Haschem verspricht Awraham, dass Eretz Jisrael seinen Nachkommen gehören wird, die sehr zahlreich sein werden
• Sara gibt Awraham ihre Magd Hagar zur Frau, die ihm den Sohn Jischmael gebiert
• Im Alter von 99 Jahren schließt Haschem mit Awraham einen Bund und gebietet ihm, sich und alle männlichen Haushaltsmitglieder zu beschneiden. ER verspricht ihm einen Sohn mit seiner Frau Sara

Konzept der Woche
וַיֵּלֶךְ אַבְרָם כַּאֲשֶׁר דִּבֶּר אֵלָיו ה‘ וַיֵּלֶךְ אִתּוֹ לוֹט וְאַבְרָם בֶּן־חָמֵשׁ שָׁנִים וְשִׁבְעִים שָׁנָה בְּצֵאתוֹ מֵחָרָן:
„Da ging Awram, wie es G-tt ihm ausgesprochen hatte, und mit ihm ging Lot. Awram aber war 75 Jahre alt, als er aus Charan ging (12:4).“
Die Tora erzählt uns hier, dass Awram auf Haschems Veranlassung den Ort Charan verließ, der ihm Heimat geworden war und wo seine Familie wohnte. Er brach nach Eretz Jisrael auf, ohne in dem Moment zu wissen, was das Ziel seiner Reise sein würde. Sein Neffe Lot schließt sich ihm an.
Kaum in Eretz Jisrael angekommen, bricht eine Hungersnot im Land aus und Awram geht nach Ägypten, um zu überleben. Auch auf dieser Reise begleitet ihn Lot. Es ist interessant sich anzusehen, welche Worte die Tora an beiden Stellen benutzt, die Lots Teilnahme an den Reisen beschreiben. In obigem Vers stehtוַיֵּלֶךְ אִתּוֹ לוֹט – und mit ihm ging Lot. In Vers 13:1 lesen wir: וַיַּעַל אַבְרָם מִמִּצְרַיִם הוּא וְאִשְׁתּוֹ וְכָל־אֲשֶׁר־לוֹ וְלוֹט עִמּוֹ – da zog Awram, er, seine Frau und alle Seinigen und auch Lot mit ihm von Ägypten hinauf. Im Deutschen werden die Worte אִתּוֹ undעִמּוֹ übersetzt als „mit ihm“. Tatsächlich hat sowohl das Wort אֶת als auch das Wort עִם die Bedeutung „mit“, aber im Hebräischen versteht man die darin enthaltenen subtilen Unterschiede.
Malbim (Rav Meïr Leibusch ben Jechiel Michel Wisser, 1809-1879) erläutert, dass אֶת normalerweise einem Nomen vorausgeht, das es betont. Dadurch ist es per definitionem diesem Wort untergeordnet. Das Wort עִם hingegen hat ein gleichberechtigtes Feeling. Beim Verlassen von Charan hat sich also Lot seinem Onkel Awram untergeordnet, während er sich bei der Rückkehr aus Ägypten schon auf demselben Niveau sah. Dieser Hochmut fand seinen Ausdruck auch darin, dass sich Lot bald darauf in Sodom ansässig machte und so dem Einfluss seines Onkels entzog. Von den katastrophalen Folgen dieser Entscheidung berichtet uns die Tora in den nächsten Parascha.
Sein Zeitgenosse Rav Jakow Tzwi Mecklenburg (1785-1865) leitet das genaue Gegenteil von diesen Worten ab. Basierend auf dem Sohar sagt er, dass eine positive Entwicklung im Leben Lots abzulesen ist, wenn sich Lot zuerst auf einem niedrigeren spirituellen Niveau befindet, aber durch den intensiven Kontakt mit Awram spirituell steigt und sich auf einer Stufe befindet, die die Tora עִמּוֹ nennt.
Der Netziv (Rav Naftali Tzwi Jehuda Berlin, 1816-1893) sieht tatsächlich einen ähnlichen Anstieg in Lots spiritueller Entwicklung. Da ja immer viele Menschen zu Awram gekommen sind, um seinen Rat einzuholen, an seiner Weisheit teilzuhaben und sein Gebet zu erbitten, konnte Lot in unmittelbarer Nähe viel von seinem Onkel lernen. Lot war ein enger Schüler Awrams und so kamen auch zu ihm Menschen mit ihren Anliegen, wenn Awram zu beschäftigt war. Sie wollten von Lot wissen, was Awram ihnen raten würde und dadurch gewann auch Lot an Weisheit.
Ohr HaChaim (Rav Chaim ibn Atar, 1696-1743) meint allerdings, dass die Tora normalerweise das Wort עִמּוֹ benutzt, wenn sie „mit ihm“ sagen will. Es ist ungewöhnlich, dass sie אִתּוֹ im Zusammenhang mit Awrams Abreise aus Charan sagt und es deutet seiner Meinung nach darauf hin, dass Lot ursprünglich nicht mitgegangen ist, um Haschems Gebot zu erfüllen, sondern aus familiären Gründen mit Awram zusammenbleiben wollte.
Bei Lot ist ein Grundsatz unserer Weisen abzulesen, die immer wieder betonen, wie wichtig es ist zu fragen, in wessen Gesellschaft man lebt. Die Umwelt hat auf jeden Menschen großen Einfluss und nur wenige, sehr starke Individuen können sich negativen Strömungen verweigern. Rambam (Rav Mosche ben Maimon, 1135-1204) sagt: „Man muss sich mit rechtschaffenen Menschen umgeben und fortwährend mit gelehrten Menschen sitzen, so dass man von ihren Taten lernt.“
Frage der Woche: Worin sehen wir zu Beginn der Parascha einen Hinweis, dass Awraham mit hundert Jahren einen Sohn haben würde? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Welchen anderen Namen hatte Noachs Sohn Schem? Schem wurde auch Malchitzedek genannt und wird in Vers 14:18 als der König von Jerusalem genannt, der Awraham mit Brot und Wein entgegenkommt.

Biographie der Woche

Morenu Jacob Rosenheim

Jahrzeit 8. Cheschwan

Jacob Rosenheim wurde 1870 in Frankfurt geboren. Seine Familie gehörte zu den ersten Familien, die sich 1851 um Rabbiner Samson Raphael Hirsch scharten und die Frankfurter Austrittsgemeinde gründeten. Sein Vater war Buchhändler und sandte seinen Sohn in die 1853 begründete Realschule der Israelitischen Religionsgesellschaft. Er wurde Rabbiner, absolvierte auch eine Banklehre und arbeitete in Frankfurt als Verlagsbuchhändler.
1906 übernahm er von Rabbiner Marcus Lehmanns Sohn die Herausgabe der orthodoxen Wochenzeitschrift „Der Israelit“ und hatte diese Position bis 1935 inne. In der 1885 von Rabbiner S.R. Hirsch (1808-1888) gegründeten „Freien Vereinigung für das orthodoxe Judentum“ wurde Rabbiner Rosenheim 1907 Schriftführer und bemühte sich darin, die verschiedenen Strömungen der deutschen Orthodoxie zu vereinen. Als 1912 in Kattowitz die Agudas Jisroel als Vertretung der gesamten europäischen Orthodoxie gegründet wurde, gehörte Rabbiner Rosenheim zu den Gründungsmitgliedern und wurde ihr langjähriger Präsident. Auch der Israelitischen Religionsgesellschaft IRG in Frankfurt stand er vor.
1925 sandte er kompetente Lehrerinnen nach Krakau, die Sarah Schenirer (1883-1935) halfen, ihr neugegründetes Schulsystem für jüdische Mädchen aufzubauen und zu erweitern. Mit seiner Hilfe wurde ein Lehrerseminar in Krakau eingerichtet. Unermüdlich arbeite er für die Belange gesetzestreuer Juden in Deutschland und aller Welt und hatte auch zu nichtjüdischen Honoratioren gute Beziehungen. Das alles nützte ihm und seiner Familie bei der Machtübernahme der Nazis wenig und er wanderte 1935 zuerst nach London und später in die USA aus. Dort war er im Va’ad Hatzala für die Rettung europäischer Juden tätig, schrieb u.a. 1944 einen eindringlichen Brief an den amerikanischen Finanzminister Morgenthau, in dem er die Bombardierung der Eisenbahnknoten, die zu Konzentrationslagern führten, erbat.
Im Alter von knapp 80 Jahren machte er Aliyah und starb 1965 in Jerusalem.
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