Jan ‍‍2010 - תשע / תשעא

Der Kreis der Reinheit

Die Mikwe und das jüdische Eheleben

Die Vereinigung von Mann und Frau in der jüdischen Ehe ist dem Schöpfer wertvoll und heilig. Die Familie ist das Fundament, auf dem das jüdische Volk aufbaut, und so ist ihre Reinheit seit eh und je hochgehalten worden.

Das Gebot für die Frau, einmal im Monat in die Mikwe zu gehen, ist ein Teil des Kreises des Ehelebens, wie die Zeit der Absonderung und der Wiedervereinigung. Die Familienreinheitsgesetze lehren uns, dass die Wiedervereinigung das höchste Potential an Heiligkeit besitzt, es ist eine Art, G-tt zu dienen.

Im zweiten Jahrhundert versuchte Rabbi Meir dieses Gesetz wie folgt zu erklären: „Weshalb lehrt die Thora uns, dass eine Frau für den Zeitraum von sieben Tagen sich körperlich von ihrem Mann absondert? …Damit sie von ihrem Ehemann so geliebt wird, wie an dem Tag, als sie unter der Chuppa (dem Hochzeitsbaldachin) stand.“ (Babylon Talmud Niddah 31b) Für viele Frauen liegt darin viel Wahrheit – die Mikwe-Nacht ist wie eine monatlich wiederkehrende Hochzeitsnacht.

Der Tod und das Wasser des Lebens

Der Monatszyklus der Frau ist ein Verbindungspunkt zwischen Leben und Tod. Das Element des Todes liegt darin, dass potentielles Leben in Form eines Kindes nicht geboren wird. Die Mikwe aber ist ein Zeichen des Lebens: Das Wasser darin wird als „Maim chajim“, „lebende Gewässer“, bezeichnet – es bietet sich jeden Monat erneut die Möglichkeit der Entstehung eines neuen Lebens.

Bereits bei der Schöpfung der Welt erkennen wir die besondere Rolle von Wasser in der Welt. Bis zum dritten Tag der Schöpfung war die Welt mit Wasser bedeckt. Erst am dritten Tag weist G’tt an (1. Buch Mose, 1,9): „Und G’tt sprach: Es sammeln sich die Wasser unterhalb des Himmels an einen Ort, und es werde sichtbar das Trockene; und es ward also.“ In den ersten Tagen war die Welt bedeckt und gleichzeitig versteckt. Nachdem das Wasser sich gesammelt hatte, wurden Land und Wasser zum ersten Mal voneinander getrennt und kamen zu dem uns heute bekannten Zustand.

Wasser symbolisiert Lebenskraft. Wir trinken Wasser und waschen uns damit. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Es ist auch interessant, dass die Tora und G’ttes Aussagen mit Wasser verglichen wurden. Der Prophet Jeremia sagte, als das Volk Israel sich schlecht verhalten und sich von G’tt abgewendet hatte: „…. Dass sie verlassen haben die Quelle lebendigen Wassers, den Ewigen.“ (Jeremia, 17, 13). Genau wie der Mensch nicht ohne Trinkwasser überleben kann, so kann er auch ohne G’tt nicht überleben.

Verbindung mit G“tt und Natur

Die Tora hebt die Orte hervor, an denen sich der Mensch reinigen kann und weist ihn an, wie er sich reinigen soll: „Jedoch Quelle und Grube, Wasserbehälter, ist rein;“ (3. Buch Mose, 11, 36). Der Mensch kann sich reinigen durch das Waschen in einer Wasserquelle (ein Wasseraustritt aus der Erde) oder in einer Grube (Sammelort von Regenwasser). Und die Weisen erklären: Kann man auch Wasser mit der Hand auffüllen und sich damit reinigen? Nein! Die Tora hebt das Wort „Wasserquelle“ hervor. Wasserquelle hängt vom G’tteswillen ab, und genauso muß eine Mikwe vom G’tteswillen abhängig sein (Torat Kohanim). Es wurde klar betont, dass sich der Mensch nicht durch eigenhändiges Übergießen reinigen kann. Die Reinigung des Menschen kann nur mit Wasser, das durch G’tt gesammelt wurde, erfolgen. Die Mikwe symbolisiert also die unberührte Natur, in der sich das Wasser ohne direkten menschlichen Eingriff sammelt. Durch das Eintauchen ins Wasser der Mikwe verbindet sich der Mensch mit der ursprünglichen und von G“tt geschaffenen Natur.

Neugeburt im Mikwe-Wasser

Beim Untertauchen im Mikwe-Wasser achten wir darauf, dass der ganze Körper ohne irgendeine Trennung mit Wasser bedeckt wird, einschließlich des Kopfhaares. Es reicht, dass ein Haar nicht von Wasser bedeckt wird, um den Reinigungsprozess zu verhindern. Deshalb wird von uns verlangt, alle Hindernisse, die die Berührung mit Wasser verhindern könnten, zu entfernen. Warum muß die Reinigung gerade auf diese Weise erfolgen?

Damit entstehen verschiedene Zustände, die an Neubeginn erinnern. Zunächst: Die Schöpfung der Welt. Genau wie die Welt vollkommen mit Wasser bedeckt war, so bedecken wir uns mit Wasser und beginnen danach das Verdeckte mit dem Ausgang aus dem Wasser aufzudecken. Es handelt sich dabei um einen Prozeß des Zudeckens und Aufdeckens, eine Art neuer Schöpfung. Zweitens: Während der neun Schwangerschaftsmonate, in denen der Fötus sich im Mutterleib befindet, entwickeln sich seine Körperteile, bis er bereit ist, auf die Welt zu kommen. Während unseres Eintritts in das Wasser der Mikwe werden unsere Körperteile und unsere Seele repariert. Es handelt sich hierbei um eine einmalige Möglichkeit für den Menschen, erneut geboren zu werden. Drittens: Wasser bietet einen Lebensraum, in dem Menschen nicht atmen, und somit nicht leben können. Beim Untertauchen im Wasser begibt sich der Mensch in eine Situation, in der er der Lebensfähigkeit beraubt ist, und durch das Wiederauftauchen kehrt er zurück in seinen Lebensraum, es entspricht einer Auferstehung zu neuem Leben.

Reinheit im neuen Leben

Der Mensch muß einen Prozeß durchmachen, der dem Prozeß der Neugeburt ähnelt, um vom unreinen Zustand in einen Zustand der Reinheit überzugehen. Dann beginnt ein neues Leben, das eine andere Bedeutung hat als das Leben in unreinem Zustand. Als die Mischna in Joma 85 über die Wege der Vergebung des Menschen für seine Sünden spricht, stützt sie sich auf die Aussagen des Propheten Ezechiel: „Und Ich werde auf euch sprengen reines Wasser, und ihr werdet rein sein von allen euren Unreinheiten.“ (Ezechiel 36, 25). Das Wasser besitzt die Kraft, einen Menschen zu reinigen, der ohne Hindernisse auf dem Körper in das Wasser eintaucht. Er kann danach sogar ein neues Leben in Reinheit beginnen. Der Prophet Ezechiel setzt fort: (Ezechiel 36, 26) „Und Ich gebe euch ein neues Herz, und einen neuen Geist geb’ Ich in eure Brust, und schaffe das Herz von Stein aus eurem Fleische, und gebe euch ein Herz von Fleisch.“ Die Reinigung des Körpers in der Mikwe bringt unmittelbar das Ergebnis, weil dem Menschen ein neues Herz und ein neuer Geist gegeben werden.

Möge das Lernen und Erfüllen dieses Gebotes die Bindung zwischen Mann und Frau sowie zwischen dem Volk Israel und seinem Schöpfer stärken.

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