Jan ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Wajigasch 5777

Paraschat Wajigasch
6./7. Januar 2017
9. Tewet 5777

daf-vayigash-5777

Bereschit 44:18 – 47:27
Haftara: Jecheskel 37:15–28

Die Parascha in Kürze
• Jehuda bittet den ägyptischen Vizekönig, den er immer noch nicht als seinen Bruder Josef erkennt, um Benjamins Freiheit und bietet sich selbst als Sklaven an
• Josef gibt sich den Brüdern zu erkennen und schickt sie mit Nahrungsmitteln nach Hause, um ihren Vater Jakow zu holen
• G-tt sagt zu Jakow, dass er nach Ägypten hinabziehen soll
• Jakow zieht mit 70 Nachkommen nach Ägypten, sieht Josef nach 22 Jahren wieder und wird vom Pharao empfangen; dies ist der Beginn der Galut Mitzrajim – des Exils in Ägypten
• Die Familie lässt sich in der Provinz Goschen nieder

וַיְכַלְכֵּל יוֹסֵף אֶת־אָבִיו וְאֶת־אֶחָיו וְאֵת כָּל־בֵּית אָבִיו לֶחֶם לְפִי הַטָּף:
„Josef versorgte seinen Vater und seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Nahrung nach Bedürfnis der Kinder (47:12).”

Der Midrasch stellt fest, dass nur wenige Personen im Tenach (Akronym von Tora, Nevi’im, Ketuvim – Tora, Propheten, Schriften) als צַדִּיק – Gerechter – bezeichnet werden. Ein Mensch, mit dem wir immer den Beinamen „HaTzaddik“ verbinden, ist Josef. Beim Propheten Amos heißt es in Vers 2:6 עַל־מִכְרָם בַּכֶּסֶף צַדִּיק וְאֶבְיוֹן בַּעֲבוּר נַעֲלָיִם – für ihren Verkauf eines Tzaddiks für Silber und eines armen Mannes für Schuhe – was sich eindeutig auf den Verkauf Josefs für zwanzig Silberstücke bezieht.
Eine weitere Person, die so genannt wird, ist Noach; in Bereschit 6:9 steht über ihn: נֹחַ אִישׁ צַדִּיק – Noach, ein gerechter Mann. Der Midrasch erklärt, dass die beiden Männer diesen Ehrentitel erhielten, weil beide sich um Haschems Geschöpfe in Zeiten der Not gekümmert und sie versorgt haben. Noach fütterte jedes Tier, als sie während der Sintflut ein Jahr lang in der Arche lebten und die Tiere daher völlig von ihm abhängig waren. Über Josef lesen wir in diesen Wochen in der Tora, dass er Ägypten und die Bewohner der Anliegerländer zur Zeit der großen Hungersnot aus den angelegten Speisevorräten zu essen gab.
Wir sind uns alle einig, dass es eine bewundernswerte und große Mitzwa ist, G-ttes Geschöpfen, die in Not und hungrig sind, mit Essen zu versorgen. Aber ist es wirklich so großartig, dass man durch solches Handeln als Tzaddik angesehen wird?
Die Antwort finden wir in dem hohen Stellenwert, den Leben im Judentum hat. Die Tora zeigt menschliches Leben als ein so großes Gut auf, dass fast alle Verbote der Tora übertreten werden dürfen, wenn es darum geht, menschliches Leben zu retten und zu erhalten. Die Gemara konstatiert im Traktat Schabbat 151b: חַלֵּל עָלָיו שַׁבָּת אֶחָד כְּדֵי שֶׁיִּשְׁמוֹר שַׁבָּתוֹת הַרְבֵּה – breche für ihn einen Schabbat, damit er viele Schabbatot hüten kann. Ein Leben zu retten und dem Menschen damit zu ermöglichen, viele weitere Mitzwot zu erfüllen, hat Vorrang über das Einhalten der Schabbatgebote. Auch der Rambam (Rav Mosche ben Maimon, 1135-1204) betont die Wichtigkeit, ein Leben zu retten, woraus sich ergibt, dass weitere Kinder und neues Leben in die Welt gebracht werden können.
Das Sefer HaChinuch (anonym verfasst in Spanien im 13. Jahrhundert) leitet aus der ersten Mitzwa in der Tora פְּרוּ וּרְבוּ – seid fruchtbar und mehret euch – ab, dass Haschem die Erde bevölkert haben will, wodurch alle anderen Mitzwot erst möglich werden.
Das hebräische Wort צַדִּיק wird von dem Wort צֶדֶק abgeleitet, was sowohl richtig als auch gerecht heißen kann. Ein Tzaddik ist eine Person, die sich aus ihrem tiefsten Inneren richtig benimmt und also ein Leben gemäß Haschems Willen führt. Mit jeder Mitzwa führen wir Haschems Willen aus, aber die Mitzwa, Leben zu erhalten und zu bewahren, ist so multidimensional und grundlegend, dass durch sie alles andere erst ermöglicht wird. Die Gesetze der Tora zu hüten und sie zu lernen, sich richtig gegenüber G-tt und Menschen zu verhalten, ist nur möglich, wenn es Leben gibt. Diese Mitzwa ist absolut und vollkommen richtig und der Mensch, der diese Mitzwa in Perfektion ausübt, wie Josef und Noach, wird daher ein Tzaddik genannt.

Frage der Woche: Welche Person, die in dieser Parascha genannt wird, tötet ihren eigenen Großonkel? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: An welcher anderen Stelle kommt im Tenach ein jüdischer Mann vor, der den Traum eines Königs deutet? Daniel deutet Träume für König Nevuchadnezar und König Belschazar.
Biographie der Woche

Rabbi Jair Chaim Bacharach

Chovos Jair

Jahrzeit 1. Tewet

Rabbiner Jair Chaim Bacharach wurde 1638 im mährischen Leipnik geboren. Seine Großmutter Chava war eine Enkelin des Maharal von Prag (Rav Juda Löw, 1520-1609) und eine außergewöhnlich gelehrsame Frau, in deren Andenken Rav Jair Chaim Bacharach seine Sammlung von Responsen Chovot Jair benannte.
1666 wurde er Rabbiner in Koblenz, aber nach dem Ableben seines Vaters, der Rabbiner in Worms gewesen war, 1670 zunächst nicht zu dessen Nachfolger gewählt. Er schrieb einen umfangreichen Kommentar zum Orach Chaim-Teil des Schulchan Aruch, mit dem Titel Mekor Chaim. Zeitgleich wurden allerdings die Kommentare von Rav David HaLevi Segal (Tas, 1586-1667) und von Rav Avraham Gombiner (Magen Avraham, 1635-1682) zum Schulchan Aruch veröffentlicht und Rav Bacharach zog sein Werk zurück.
Rav Bacharach war der Autor eines Kompendiums von 46 Bänden zum Judentum, worin auch Schriften seines Vaters und Großvaters enthalten waren. Leider sind die Manuskripte verlorengegangen und nur der Katalog der Schriften ist erhalten. Zusätzlich zu seiner außerordentlichen Tora-Gelehrsamkeit besaß er tiefe Kenntnisse der Naturwissenschaften und in der Musik, aber auch ein großes Interesse an Geschichte.
Infolge des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde Worms 1689 zerstört und Rav Bacharach zog nach Metz, Frankfurt und Heidelberg, was ihn frühzeitig altern ließ und seiner Gesundheit sehr abträglich war. 1699 wurde die jüdische Gemeinde in Worms wiederbegründet und nun wurde Rav Bacharach zu ihrem Rabbiner gewählt. Er starb allerdings im Jahr 1702 nach nur kurzer Amtszeit.
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