Dez ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Wajeze 5777

Paraschat Wajetze

daf-vayeitze-5777

9./10. Dezember 2016
10. Kislew 5777

Bereschit 28:10 – 32:3
Haftara: Hoschea 12:13 – 14:10

Die Parascha in Kürze

• Jakow trifft Rachel in Charan und arbeitet sieben Jahre für Lawan, um sie zu heiraten
• Lawan gibt Jakow Leah zur Frau und verlangt für Rachels Hand weitere sieben Jahre Dienst
• Jakow werden elf Söhne und eine Tochter von seinen Frauen geboren
• Nach zwanzig Jahren der Arbeit für Lawan verlässt Jakow mit seiner Familie und seinem Vieh Charan und geht nach Eretz Jisrael

Konzept der Woche
וַיַּעֲבֹד יַעֲקֹב בְּרָחֵל שֶׁבַע שָׁנִים וַיִּהְיוּ בְעֵינָיו כְּיָמִים אֲחָדִים בְּאַהֲבָתוֹ אֹתָהּ:
„So diente Jakow um Rachel sieben Jahre, durch seine Liebe zu ihr waren sie aber in seinen Augen wie einige Tage (29:20).“
In diesem Vers sagt uns die Tora, dass Jakow sieben Jahre für Lawan arbeiten musste, um Rachel heiraten zu dürfen, aber diese Zeitspanne erschien ihm nicht als lang. Eigentlich entspricht es eher der menschlichen Natur, den Zeitraum des Wartens auf etwas sehr Erfreuliches als unendlich lang zu empfinden. Die Mefarschim (Tora-Kommentatoren) geben uns unterschiedliche Erklärungen dafür, warum die sieben Jahre für Jakow nur einige Tage zu sein schienen.
Misrachi (Rav Elijahu Misrachi, ca. 1450-1526) meint, dass der Vers die Frage beantwortet, warum sich Jakow für eine so lange Zeit verpflichtet hat, wenn er doch von seiner Mutter Riwka die Anweisung erhalten hatte, nur einige Tage zu bleiben (Vers 27:44 וְיָשַׁבְתָּ עִמּוֹ יָמִים אֲחָדִים ). Misrachi meint, dass der Zeitraum von sieben Jahren für Jakow annehmbar war, weil sie ihm nur wie einige Tage vorkamen.
Tur (Rav Jakow ben Ascher, 1270-1340) hat einen anderen Ansatz für diesen Vers. Er sieht ihn nicht von der Perspektive, wie sich das Vergehen der Zeit für Jakow angefühlt hat, sondern davon, wie sehr Jakow Rachel geschätzt hat. Er zieht den Vergleich mit jemandem, der eine enorme Summe für ein makelloses Juwel bezahlt, aber sich dabei im Klaren ist, dass er ein Schnäppchen geschlagen hat. Er weiß nämlich, dass das Juwel in Wirklichkeit ein Vielfaches mehr wert ist. Tur sagt, dass Jakow jeden Tag dieser langen Jahre gezählt hat, aber sie ihm dennoch wie Tage vorgekommen sind, denn für einen solch wertvollen Menschen wie Rachel hätte er auch siebzig Jahre arbeiten können.
Rav Aharon Kotler (1891-1962) bemerkt, dass der Plan, für die Heirat mit Rachel sieben Jahre zu arbeiten, von Jakow und nicht von Lawan kam. Warum hat Jakow nicht abgewartet, bis Lawan einen Preis genannt hat? Lawan hätte zweifellos eine exorbitante Summe gefordert, aber Jakow hätte sicherlich jemanden zu seinem Vater schicken können, um das Geld zu besorgen. Jakow wusste, antwortet Rav Kotler, dass er noch nicht in der Lage war, zu heiraten und Vater der zwölf Stämme zu werden. Er hatte sich zwar nach seiner Flucht aus dem Elternhaus zuerst vierzehn Jahre in der Jeschiwa von Schem und Ewer aufgehalten und Tora gelernt, wie uns der Midrasch sagt, aber dort hatte er sich auf die spirituellen Herausforderungen eines Lebens in der Diaspora und im Hause eines Schurken vorbereitet. Nun musste er es in die Praxis umsetzen und jahrelang unter schwierigsten Umständen Lawans Schafe hüten, während er dabei auf der höchsten Stufe von Ehrlichkeit und Integrität lebte. Jakow wusste, dass er so gewappnet sein musste, um als ethisch hochstehender Mensch den Betrügereien einer nichtjüdischen Umwelt zu begegnen, so dass es ihm zur zweiten Natur wurde. Diese Eigenschaften wollte und musste er an seine Söhne weitergeben und damit schließlich an ganz Am Jisrael.
Aus diesem Grund, erklärt Rav Kotler, konnte Jakow die sieben Jahre als wichtige Vorbereitungszeit betrachten und sie erschienen ihm wie einige Tage. Hätte er nur eine sinnlose Tätigkeit ausgeübt, wären sie ihm in der Tat wie eine Ewigkeit vorgekommen.
Wir können uns heutzutage sicherlich nicht mit dem spirituellen Niveau von Jakow Awinu vergleichen, aber es ist auch an uns, nie darauf zu vertrauen, dass wir auf alle Wägbarkeiten des Lebens genügend vorbereitet sind. Wir müssen immer an uns arbeiten, die Anforderungen, die an uns als Juden gestellt werden, zu erfüllen und nicht aufzugeben, wenn es nicht sogleich gelingt.
Frage der Woche: In welchem Zeitraum wurden Jakows elf Söhne und seine Tochter geboren? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: An wen wandte sich Riwka, als sie unerklärliche Schmerzen in ihrer Schwangerschaft hatte? Riwka wandte sich an die Jeschiwa von Schem und Ewer.
Biographie der Woche

Rabbi Schlomo Luria

Maharshal

Jahrzeit 12. Kislew

Rabbiner Schlomo Luria wurde 1510 in Brisk geboren. Sein Vater Rabbi Jechiel Luria war sein erster Lehrer und nach dessen frühen Tod lernte er mit seinem mütterlichen Großvater Rabbi Jitzchak Kalover (gest. 1538) in Posen weiter, der dort Rosch Jeschiwa war. In Lublin setzte er seine Studien unter Rav Schalom Schachna (ca. 1510-1558) fort und lernte dann in der Jeschiwa von Rav Kalonymus Haberkasten in Ostroh. Er heiratete Rav Haberkastens Tochter und wurde bald als Rabbiner nach Brisk und anderen litauischen Gemeinden berufen. Später wurde er als Nachfolger seines Schwiegervaters Rabbiner von Ostroh und übernahm anschließend die Position Rav Schalom Schachnas als Rosch Jeschiwa von Lublin. Wegen gewisser Zwistigkeiten trat er zurück und eröffnete seine eigene Jeschiwa in Lublin.
Der Maharschal – das Akronym für Morenu Rav Schlomo Luria (unser Lehrer Rav Schlomo Luria) – war seit jungen Jahren allseits für sein Torawissen und seinen scharfen Verstand berühmt. Er ging sehr analytisch vor und maß den talmudischen Quellen sehr viel mehr Gewicht bei als den Kommentaren seiner großen rabbinischen Vorgänger des Mittelalters. Er verfasste einen Kommentar zur Gemara, in dem er u.a. viele Unstimmigkeiten verschiedener Talmudausgaben auswies. Dieses Werk, das unter dem Namen Chochmas Schlomo veröffentlicht wurde, ist in einer verkürzten Form heute jeder Ausgabe des Talmuds zugedruckt. Sein Werk Jam shel Schlomo geht ausführlich auf die Ableitung verschiedener Halachot ein. Von weiterer Bedeutung ist seine Sammlung von Responsen.
Der Maharschal setzte sich kritisch mit den großen Rabbinern seiner Zeit auseinander, die seine Betrachtungsweise nicht teilten. Obwohl sie sich gegenseitig achteten, vertraten sie doch unterschiedliche Standpunkte, auf die der Maharschal hinwies. Dazu gehörte seine vehemente Ablehnung des Philosophiestudiums.
Er starb 1573 in Lublin, wo man auch heute noch sein Grab aufsuchen kann.

Impressum: Herausgegeben von HMS © 2016