Aug ‍‍2019 - תשעט / תשף

Daf Paraschat Re´eh 5779

Paraschat Re’eh
Schabbat Rosch Chodesch
30./31. August 2019
30. Aw 5779

Hier können Sie das Daf als pdf herunterladen: Daf Re’eh 5779

Dewarim 11:26 – 16:17
Maftir Bamidbar 28:9-15
Haftara: Jeschaja 66:1 – 24

Die Parascha in Kürze

• Das Volk soll nach dem Einzug nach Eretz Jisrael jeglichen Götzendienst aus dem Land tilgen
• Warnung vor falschen Propheten
• Auflistung der koscheren Tiere
• Ma’aser-Abgaben, Schmitta-Jahr und Umgang mit einem jüdischen Knecht
• Die drei Wallfahrtsfeste

Konzept der Woche
רְאֵה אָנֹכִי נֹתֵן לִפְנֵיכֶם הַיּוֹם בְּרָכָה וּקְלָלָה: אֶת־הַבְּרָכָה אֲשֶׁר תִּשְׁמְעוּ אֶל־מִצְוֹת ה‘ אֱלֹקֵיכֶם אֲשֶׁר אָנֹכִי מְצַוֶּה אֶתְכֶם הַיּוֹם: וְהַקְּלָלָה אִם־לֹא תִשְׁמְעוּ אֶל־מִצְוֹת ה‘ אֱלֹקֵיכֶם וְסַרְתֶּם מִן־הַדֶּרֶךְ אֲשֶׁר אָנֹכִי מְצַוֶּה אֶתְכֶם הַיּוֹם לָלֶכֶת אַחֲרֵי אֱלֹהִים אֲחֵרִים אֲשֶׁר לֹא־יְדַעְתֶּם:
„Siehe, so gebe Ich heute vor euch hin: Segen und Fluch. Den Segen: dass ihr auf die Gebote Haschems, eures G-ttes, hören werdet, die ich euch heute gebiete; und den Fluch, wenn ihr auf die Gebote Haschems, eures G-ttes, nicht hören werdet und weichen werdet von dem Weg, den ich euch heute gebiete, anderen Göttern, von denen ihr nichts erfahren habt, nachzugehen.“ (11:26-28)
Viele Mefarschim meinen, dass Haschem dem jüdischen Volk die Wahl zwischen Segen und Fluch gibt und somit der freie Wille jedes Einzelnen zum Ausdruck gebracht wird. Die Wortwahl und der sprachliche Ausdruck deuten allerdings darauf hin, dass es viele Vorteile hat, auf dem Pfad des Segens zu wandeln. Es wird oft hervorgehoben, dass mit בְּרָכָה – Segen – die Worte verbunden sind: אֲשֶׁר תִּשְׁמְעוּ אֶל־מִצְוֹת ה‘ – dass ihr auf die Gebote Haschems, eures G-ttes, hören werdet, während sowohl אִם־לֹא תִשְׁמְעוּ – wenn ihr nicht hören werdet – als auch וְסַרְתֶּם מִן־הַדֶּרֶךְ – und ihr vom Weg weichen werdet – erforderlich sind, um קְלָלָה – Fluch – auf sich zu ziehen.
Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888) weist eindringlich darauf hin, dass es beim Segen heißt:אֲשֶׁר תִּשְׁמְעוּ (dass ihr hören werdet) und nichtאִם תִּשְׁמְעוּ (wenn ihr hören werdet), denn die Erfüllung der Mitzwot ist schon ein wahrer Bestandteil des Segens und mit jeder Mitzwa-Tat segnen wir uns selbst.
Ramban (Rav Mosche ben Nachman, 1194-1270) sagt allerdings, dass Mosche das Volk darüber informiert, dass jeder Segen erfahren wird, wenn er die Gebote hält und Fluch, wenn es sie nicht hält. Er verweist auf den Vers 30:15, den wir in Paraschat Nitzawim in einigen Wochen lesen werden, der ganz ähnlich beginnt und wo es heißt: רְאֵה נָתַתִּי לְפָנֶיךָ הַיּוֹם אֶת־הַחַיִּים וְאֶת־הַטּוֹב וְאֶת־הַמָּוֶת וְאֶת־הָרָע – Siehe, ich habe heute das Leben und das Gute und auch den Tod und das Schlechte vor dich hingegeben.
Rabbi Levi Jitzchak von Berditchew (1740-1809) fragt jedoch, ob es nicht mehr Sinn machen würde, wenn es hieße „wenn ihr hören werdet“ statt „dass ihr hören werdet“. Wäre denn nicht der Segen das Resultat des Befolgens der Gebote? Unsere Weisen lehren uns in der Gemara im Traktat Kidduschin 39b eine grundlegende Regel: Haschem belohnt den Menschen nicht auf dieser Welt für die Mitzwot, die er getan hat – Er reserviert den Lohn für eine Mitzwa für die kommende Welt. Rabbi Levi Jitzchak führt allerdings eine Ausnahme an. Eine Art von Lohn, sagt uns die Mischna in Pirkej Awot 4:2, gibt es doch auf dieser Welt: שְׂכַר מִצְוָה מִצְוָה – die Belohnung für eine Mitzwa ist eine Mitzwa! Man hat also das Verdienst, eine Mitzwa tun zu dürfen und so Haschems Willen zu erfüllen.
Haschem hat uns die Tora zum Geschenk gemacht und hat uns nur das Beste gegeben. Die Mitzwot der Tora sind Gebote und Verbote, die uns mit unserem beschränkten menschlichen Verstand nicht immer vollkommen verständlich sind, die wir aber dennoch tun müssen. So wie Eltern ihre Kinder lieben und ihnen einen Kodex von Regeln geben, an die sie sich halten sollen, damit sie sich optimal entwickeln, so hat uns G-tt einen Rahmen durch die Gebote der Tora gegeben, die uns helfen, unser Potential mit besten Kräften zu erfüllen. Wie süß das Ausführen von Mitzwot sein kann und wieviel Freude man dabei empfinden kann, können wir gerade heutzutage im Geschenk des Schabbats erkennen. Während die ganze Welt jeden Tag 24 Stunden lang hinter sich selbst her hetzt, jeder ununterbrochen erreichbar sein muss, Emails am Abend und am Wochenende zum Normalfall gehören, hört bei uns am Freitagabend, 18 Minuten vor Sonnenuntergang, alle Alltagsaktivität auf und wir lassen uns mit unserem ganzen Körper und unserer ganzen Seele auf den Schabbat ein. Die Vorschriften des Schabbathütens erlauben uns, uns auf eine höhere Ebene zu begeben. Etwa 25 Stunden lang dürfen wir uns darauf konzentrieren, was uns als Menschen und als Juden wirklich ausmacht.
Frage der Woche: Warum ist das Wort הַיּוֹם dreimal in obigen Versen zu finden? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Welche Halachot werden mit den drei Worten in Vers 8:10 וְאָכַלְתָּ וְשָׂבָעְתָּ וּבֵרַכְתָּ – issest du dann und hast dich gesättigt, so segne! – angedeutet? Wir können daraus ableiten, dass die Tora drei Berachot (Segenssprüche) für das Birkat HaMason (Tischgebet) vorschreibt und dass man drei Männer für den Simun vor dem Tischgebet braucht.
Biographie der Woche

Rabbi Naftali Zwi Jehuda Berlin

Netziv

Jahrzeit 28. Aw

Rabbiner Naftali Zwi Jehuda Berlin wurde 1816 in Mir, das damals zum russischen Reich gehörte, geboren. Er tat sich in seiner Kindheit und Jugend nicht durch eine überaus große Begabung, sondern durch enormen Fleiß hervor. Er lernte in der Volozhin Jeschiwa, der ersten und bedeutendsten Jeschiwa jener Zeit, und wurde vom Rosch Jeschiwa Rabbi Itzele Volozhiner (1780-1849) als Schwiegersohn ausgesucht. Nach dessen Tod wurde der Netziv – das Akronym seines Namens – im Jahre 1854 zum Rosch Jeschiwa von Volozhin und leitete sie bis zu ihrer Schließung im Jahre 1892.
Unter seiner Ägide kam die Volozhin Jeschiwa zur vollen Blüte und produzierte die rabbinische Elite, die Osteuropas Juden über Litauen hinaus bis zum Zweiten Weltkrieg führen würde, worunter Rabbi Shimon Shkop (1860-1939), Rabbi Isser Zalman Meltzer (1870-1953) und Rav Avraham Jitzchak Kook (1865-1935) zu zählen sind. Der Erfolg und große Zulauf der Volozhin Jeschiwa veranlasste Maskilim, die die Säkularisierung der jüdischen Bevölkerung zum Ziel hatten, die russischen Behörden zu Auflagen bzgl. des Curriculums der Jeschiwa zu bewegen. Es sollten nur säkulare Fächer von 9 bis 15 Uhr unterrichtet werden, der nächtliche Unterricht untersagt und die Studierstunden auf zehn Stunden täglich beschränkt werden. Statt sich diesen Restriktionen zu unterwerfen, beschloss der Netziv schweren Herzens, die Jeschiwa 1892 zu schließen.
Der Netziv legte besonderen Wert auf das Studium von NaCh und gab jeden Tag nach Schacharit einen Schiur zum Wochenabschnitt. Er unterstützte die jüdische Besiedelung von Eretz Jisrael, wohin er sogar noch kurz vor seinem Tod übersiedeln wollte. Er starb 1893 in Warschau.
Zu seinen Werken gehören Meishiv Davar – eine Sammlung von Responsen, Ha’Emek Davar – ein Chumasch-Kommentar und Davar Ha’Emek – ein Kommentar zu NaCh.

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