Okt ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Noach 5778

Daf Paraschat HaSchawua

Paraschat Noach
Schabbat Rosch Chodesch
20./21. Oktober 2017
1. Cheschwan 5778

Bereschit 6:9 – 11:32
Haftara: Jeschaja 54:1 – 55:5

Hier können Sie das Daf als pdf downloaden: Daf Noach 5778

Die Parascha in Kürze
• Noach wird von Haschem instruiert, eine Arche zu bauen, seine Familie sowie ein Paar aller unreinen Tiere und sieben Paare der reinen Tiere an Bord zu bringen, weil Er eine Sintflut über die Erde bringen wird
• Es regnet 40 Tage und Nächte und die Sintflut tötet alle Lebewesen
• Nach einem Jahr ist die Flut zurückgegangen und der Boden getrocknet; die Bewohner verlassen die Arche
• Haschem verspricht, nie mehr eine Sintflut zu schicken
• Der Turmbau zu Babel und die Zerstreuung der Menschen über die Erde

Konzept der Woche
וַיְהִי כָל־הָאָרֶץ שָׂפָה אֶחָת וּדְבָרִים אֲחָדִים:
„Es war die ganze Erde eine Sprache und einheitliche Worte (11:1).“

Gegen Ende der Parascha Noach lesen wir über den Turmbau zu Babel. Während die Menschheit vor der מַבּוּל (Sintflut) völlig korrupt war und Raub, Betrug und Zügellosigkeit vorherrschten, beschreibt die Tora hier, 340 Jahre nach der Sintflut, dass die Menschen eine Sprache sprachen. Sie lebten alle in בָּבֶל (Bawel = Mesopotamien, dem heutigen Irak) und waren sich untereinander so einig, dass sie sich zusammentaten, um G-tt selbst mit einem Turm herauszufordern, der in den Himmel reichen sollte.
Nun werden wir ständig daran erinnert, dass es dem jüdischen Volk an אַחְדוּת (Einheit) fehlt und sich daraus viele unserer Probleme immer wieder ergeben und ergeben haben. Müssen wir dann nicht bei der דוֹר הַפְלָגָה (Generation des Zwiespalts) anerkennen, dass es Achdut zwischen ihnen gab? Netziv (Rav Naftoli Zwi Jehuda Berlin, 1816-1893) erklärt, dass es sich beim Turmbau zwar um allgemeine Zusammenarbeit handelte, aber sie nicht auf Frieden und Einheit basierte, sondern auf dem Erreichen eines gemeinsamen Ziels. Sie kooperierten einfach miteinander. Raschi führt aus, dass unter דְבָרִים אֲחָדִים – einheitliche Worte – zu verstehen sind und daher die Menschen mit demselben Plan kamen. Auf diese Weise hatten sie die erforderliche Arbeitskraft, um eine so enorme Aufgabe anzugehen. Aber, sagt der Netziv, es verband diese Menschen wenig miteinander, was über die Zusammenarbeit hinausging. Sie ordneten ihre negativen Gefühle, die sie manchen Mitmenschen gegenüber empfanden, nur dem Ziel unter. Als Haschem sie mit dem Entzug der gemeinsamen Sprache bestrafte, gab es keine gemeinsame Grundlage mehr für sie und der schon immer unter der Oberfläche schwelende Hass kam zum Ausbruch und manifestierte sich in Chaos und offener Auseinandersetzung. Es war ihnen unmöglich, an einem Ort, in Bawel, friedlich zusammenzuleben und sie verteilten sich über die ganze Erde.
Nachdem die Einheit unter den Erbauern des Turmes von Bawel nur eine Zweckmäßigkeit war, gab es keinen Grund, sie fortzusetzen. Wirklicher Friede und Achdut, sagt der Netziv, die wir immer anstreben sollten, ist Frieden unter Menschen, die trotz interner Unterschiede verschiedener Gruppen in wahrem Einvernehmen leben wollen. Wir müssen friedlich mit Menschen leben, die andere Ansichten als wir besitzen, und einfach nur anerkennen, dass sie auch menschliche Wesen sind und damit G-ttes Geschöpfe.
Leider sehen wir gerade in diesen Tagen wieder in unseren eigenen Reihen, dass Frieden, Respekt und Toleranz wenig Bedeutung gerade von Leuten gezollt wird, die sich äußerlich als fromme Juden geben. Statt einen Weg zu suchen, im Staat Israel, der per definitionem versucht, allen Juden eine gute und sichere Lebensgrundlage zu ermöglichen, sind diese Elemente nur auf Konfrontation aus. Jeder unbeteiligte Bürger wird in seinem Alltag beeinträchtigt, weil die Anführer nicht auf Konsensus, sondern nur auf das Durchsetzen ihrer Engstirnigkeit aus sind. Interessant ist, dass auch sie buchstäblich untereinander größtenteils eine andere Sprache sprechen!
In der nächsten Parascha Lech Lecha werden wir in der Person von Awraham dem Gegenteil des Antagonismus begegnen. Awraham ist ein Mensch voller חֶסֶד – von Güte und Entgegenkommen, die tief aus seinem Herzen kommen. Er ist das wahre Vorbild für den Lebenswandel eines jüdischen Menschen.
Frage der Woche: Welche Sprache wurde damals von allen Menschen gesprochen? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Welche Halacha lernen wir aus Vers 32:3 in Sefer Dewarim? Rosch (Rav Ascher ben Jechiel, 1250-1327) erklärt, dass man beim Hören von Haschems Namen in einer Bracha mit בָּרוּךְ הוּא וּבָרוּךְ שְׁמוֹ – Gesegnet sei Er und gesegnet sei Sein Name – antworten soll.
Biographie der Woche

Rabbi Yisroel Spira

Bluzhever Rebbe

Jahrzeit 1. Cheschwan

Rabbiner Yisroel Spira wurde 1889 als zweiter Sohn von Rav Yehoshua Spira in Reischa/Galizien geboren. Er war so begabt, dass er bei seiner Bar Mitzwa seinen Großvater, Rav Tzvi Elimelech Spira, den ersten Bluzhever Rebben, sehr mit seinem Wissen beeindruckte. In diesem jungen Alter erhielt er schon Semicha vom Maharscham (Rav Sholom Mordechai Schwadron, 1835-1911), dem berühmten Rabbiner von Breschan. Nach seiner Heirat wurde er Rabbiner in Istrik bei Sanok und seine Expertise in halachischen Fragen, aber auch sein Rat, wurden von vielen Seiten gesucht. Nach dem Tod seines Vaters 1932 wurde er der nächste Bluzhever Rebbe.
In der Shoa verlor er seine gesamte Familie und war fünf Jahre in Arbeits- und Konzentrationslagern. Aus dieser Zeit stammen viele Geschichten, die den Bluzhever Rebben als tiefreligiösen, auch unter schrecklichsten Umständen auf G-tt vertrauenden Menschen porträtieren, der all seine Mitmenschen beeindruckte und inspirierte.
Im Arbeitslager wurden die ausgehungerten, erschöpften Gefangenen mitten in der Nacht von ihren deutschen Bewachern ins Freie befohlen, wo zwei riesige Gruben ausgehoben waren. Sie hatten die „Wahl“, über eine Grube zu springen und wahrscheinlich hineinzufallen oder auf der Stelle erschossen zu werden. Der Bluzhever Rebbe war nicht nur völlig ausgezehrt, sondern auch kein junger Mann mehr und wurde von einem freidenkenden Mitgefangenen animiert, sich mit ihm gleich in die Grube zu setzen und ihr Schicksal auf sich zu nehmen. Rav Spira entgegnete ihm: „Wir müssen G-ttes Willen tun. Wenn es von Oben bestimmt ist, dass wir über eine Grube springen sollen, müssen wir über die Grube springen. Sollten wir, G-tt behüte, hineinfallen, werden wir sogleich die Kommende Welt erreichen. Wir müssen versuchen zu springen, mein Freund!“ Als sie die Grube erreichten, schloss der Rebbe seine Augen und flüsterte mit ganzer Kraft: „Wir springen!“ Als die beiden wieder die Augen öffneten, standen sie auf der anderen Seite der Grube. Der Freund rief: „Wir sind am Leben! Um deinetwillen, Spira, lebe ich; es muss tatsächlich einen G-tt im Himmel geben! Sag mir, Rebbe, wie hast du das gemacht?“ Der Rebbe antwortete: „Ich habe mich am Verdienst meiner heiligen Vorväter festgehalten. Ich hielt mich am Rockzipfel meines Vaters, meines Großvaters und Urgroßvaters. Aber wie hast Du es geschafft?“ „Ich habe mich an dir festgehalten,“ war die Antwort.
Der Bluzhever Rebbe traf 1946 körperlich, aber nicht geistig gebrochen in New York ein. Er heiratete erneut und scharte wieder eine Gefolgschaft um sich herum. Vielen Menschen berichtete er von seinen Erfahrungen aus der Shoa, damit nie vergessen werde, was damals geschehen ist. Fast hundertjährig starb er 1989 in Brooklyn, New York. Sein Stiefsohn Tzvi Yehuda trat seine Nachfolge an. Sein Werk Shufra d’Yisroel über die Wochenabschnitte und Feiertage wurde posthum veröffentlicht.
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