Sep ‍‍2018 - תשעח / תשעט

Daf Paraschat Nizzawim 5778

Paraschat Nitzawim

7./8. September 2018
28. Elul 5778

Hier können Sie sich das Daf als pdf herunterladen: Daf Nitzavim 5778

Dewarim 29:9 – 30:20
Haftara: Jeschajahu 61:10 – 63:9

Die Parascha in Kürze

• Erneuerung des Bundes mit Haschem für alle Generationen
• Warnung vor Götzendienst und Exil
• Zukünftige Erlösung
• Immerwährende Zugänglichkeit der Tora für jeden Juden
• Freier Wille im Gegensatz zu Vorher-bestimmung

Konzept der Woche
כִּי הַמִּצְוָה הַזֹּאת אֲשֶׁר אָנֹכִי מְצַוְּךָ הַיּוֹם לֹא־נִפְלֵאת הִוא מִמְּךָ וְלֹא־רְחֹקָה הִוא: לֹא בַשָּׁמַיִם הִוא לֵאמֹר מִי יַעֲלֶה־לָּנוּ הַשָּׁמַיְמָה וְיִקָּחֶהָ לָּנוּ וְיַשְׁמִעֵנוּ אֹתָהּ וְנַעֲשֶׂנָּה: וְלֹא־מֵעֵבֶר לַיָּם הִוא לֵאמֹר מִי יַעֲבָר־לָנוּ אֶל־עֵבֶר הַיָּם וְיִקָּחֶהָ לָּנוּ וְיַשְׁמִעֵנוּ אֹתָהּ וְנַעֲשֶׂנָּה: כִּי־קָרוֹב אֵלֶיךָ הַדָּבָר מְאֹד בְּפִיךָ וּבִלְבָבְךָ לַעֲשׂתוֹ:

„Denn dieses Gebot, das ich dir heute gebiete, es ist deinem Verständnis nicht zu hoch und es liegt nicht in der Ferne. Es ist nicht im Himmel, dass du sprechen könntest: wer stiege für uns zum Himmel und holte es uns, und gäbe es uns zu verstehen, dass wir es vollbrächten. Und es ist nicht jenseits des Meeres, dass du sprechen könntest: wer ginge für uns jenseits des Meeres hin und holte es uns und gäbe es uns zu verstehen, dass wir es vollbrächten. Denn nahe ist dir das Wort ungemein, mit deinem Mund und mit deinem Herzen es zu vollbringen.“ (30:11-14)

Im Monat Elul und umso mehr in den ersten zehn Tagen des Monats Tischrej, den עֲשֶׂרֶת יְמֵי תְשׁוּבָה, besinnen wir uns auf Teschuwa, lassen Revue passieren, was wir im vergangenen Jahr getan haben und was wir verbessern können. Nachdem die Tora in der vorigen Parascha und in der ersten Hälfte dieser Parascha von den Konsequenzen des Nichtbeachtens der Gebote der Tora für das jüdische Volk spricht, ist nun von der Möglichkeit der Teschuwa die Rede und von der Gewissheit, dass das jüdische Volk auf den rechten Weg zurückkehren wird und Haschem seine Reue annehmen wird.
In den obigen Versen versichert die Tora jedem Juden, dass es für jeden von uns möglich ist, die Gebote zu lernen und zu erfüllen. Die berühmten Worte לֹא בַשָּׁמַיִם הִוא – sie ist nicht im Himmel – sagen uns: die Tora ist weder unerreichbar für uns noch können wir Ausreden vorbringen, dass wir unendliche Anstrengen, die kaum menschenmöglich sind, vollbringen müssen oder dass wir jemanden brauchen, der für uns in den Himmel steigt wie Mosche Rabbenu oder jemanden, der jenseits des Meeres für uns danach sucht. Die Weisheit der Tora ist direkt vor uns und mithilfe der jahrtausendealten Tradition können wir ihre Gebote auch heute halten. Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808-1888) erklärt uns wie: „Anhand der mündlichen Überlieferung, zum Zwecke der Pflichterkenntnis und Pflichterfüllung, mit Geist und Herz das Buch des g-ttlichen Gesetzes ‚lernen‘, das ist der einzige, jedem immer und überall nahe liegende Weg, das G-ttesgesetz und aus ihm unsere ewige Aufgabe auf Erden zu verstehen.“
Vielen von uns scheint dieses Unterfangen wie ein fast uneinnehmbarer Berg. Aber wie ein Bergsteiger oft mit einem Bergführer beim Erklimmen von Gipfeln unterwegs ist, so können wir uns an Toragelehrte wenden, die uns dabei helfen werden, Schritt für Schritt unserem Ziel näher zu kommen. Die Tora sagt in Vers 30:14: כִּי־קָרוֹב אֵלֶיךָ הַדָּבָר מְאֹד – Denn nahe ist dir das Wort ungemein. Schon seit jeher hat sich ein jüdischer Mensch einem Lehrer angeschlossen, um Tora zu lernen. Die Mischna fordert uns in Pirkej Awot 1:6 (Sprüche der Väter) auf: עֲשֵׂה לְךָ רַב – bestimme dir einen Lehrer. Dieser wird uns zu unserem Wegweiser werden und wir können damit spirituelle Höhen erreichen, von denen wir anfangs nicht zu träumen wagten. Gleichzeitig bleiben wir aber durch das Ausführen der Mitzwot fest verankert in einem jüdisch bestimmten Alltag.
Die Diskussion über die Vor- und Nachteile des Internets ist jedem bekannt. Zu den großen Vorzügen des Internets gehört jedoch, dass es heute wirklich jedem Juden, selbst an einem winzigen Ort irgendwo auf der Welt, möglich ist, von großen Toragelehrten Tora zu lernen. Es gibt Schiurim in vielen Sprachen und auf hohem Niveau, wenn man nicht in der glücklichen Lage ist, regelmäßige Schiurim vor der Haustür zu haben. Auch kann man sich viele Bücher über unsere jüdische Tradition von weither nach Hause bestellen und so die Worte in Vers 30:14 bestätigen: Denn nahe ist dir das Wort ungemein, mit deinem Mund und mit deinem Herzen es zu vollbringen.
Allen Lesern ein Ketiwa veChatima Towa und ein Schana Towa uMetuka – ein gutes und süßes neues Jahr.

Frage der Woche: Wo finden wir in Vers 30:12 eine Anspielung auf den Stellenwert von Brit Mila? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Welches andere „Kommen und Gehen“ wird mit diesem Vers angedeutet? Ibn Esra (Rav Awraham ibn Esra, 1089-1167) erklärt, dass sich das ‚Kommen‘ auf das Eintreten in das Lehrhaus zum Torastudium handeln kann und das ‚Gehen‘ auf das Hinausgehen, um den Lebensunterhalt zu verdienen.
Biographie der Woche

Rabbi Jonathan Eibeschütz

Jahrzeit 21. Elul

Rabbiner Jonathan Eibeschütz wurde 1690 in Krakau geboren. Er verlor seinen Vater in jungen Jahren. Da aber sein Genie im Toralernen früh erkannt worden war, wurde er sehr gefördert und lernte als Teenager in der Jeschiwa des Maharam Asch (Rav Meir Asch, 1670-1744) im mährischen Prossnitz.
1711 heiratete er in Prag eine Enkelin des Rabbiners der AHU-Gemeinden (Altona, Hamburg und Wandsbeck) und verbrachte zwei Jahre mit seiner Frau in Hamburg. 1714 kehrte er nach Prag zurück und wurde dort Rosch Jeschiwa. Obwohl seine Gelehrsamkeit allgemein anerkannt wurde, machte er sich Feinde und er wurde beschuldigt, ein Sabbatianer zu sein, was er vehement bestritt.
1741 wurde er Rabbiner von Metz und 1750 als Rabbiner der AHU-Gemeinde berufen. Dort wurden die Vorwürfe gegen Rav Eibeschütz wieder laut, ein Sabbatianer zu sein und als Beweis wurden Sätze aus von ihm geschriebenen Amuletten angeführt. Unter der Führung von Rav Jakob Emden (1697-1776) kam es zu jahrelangen Streitigkeiten, in die auch die Regierung verwickelt wurde. Er blieb dennoch Rabbiner in Hamburg und starb dort 1764.
Rav Eibeschütz verfasste viele halachische Werke, die größtenteils erst posthum veröffentlicht wurden. Er verfügte nicht nur über ein großes Torawissen, was Expertise in Kabbala einschloss, sondern war auch versiert in Philosophie und Naturwissenschaften.

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