Sep ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Nizawim Wajelech 5777

Paraschat Nitzawim/ Wajelech
15. /16. September 2017
25. Elul 5777

Daf Nitzavim-Vayelech 5777

Dewarim 29:9 – 30:20
Haftara: Jeschajahu 61:10 – 63:9

Die Parascha in Kürze

• Erneuerung des Bundes mit Haschem für alle Generationen
• Warnung vor Götzendienst und Exil
• Zukünftige Erlösung
• Immerwährende Zugänglichkeit der Tora für jeden Juden
• Freier Wille im Gegensatz zu Vorherbestimmung
• Der letzte Tag in Mosche Rabbenus Leben
• Mitzwa von Hak’hel: der König liest aus der Tora alle sieben Jahre (im ersten Jahr des Schmitta-Zyklus‘) an Chol HaMoed Sukkot vor dem gesamten Volk

Konzept der Woche
וְשַׁבְתָּ עַד־ה‘ אֱלֹקֶיךָ וְשָׁמַעְתָּ בְקֹלוֹ כְּכֹל אֲשֶׁר־אָנֹכִי מְצַוְּךָ הַיּוֹם אַתָּה וּבָנֶיךָ בְּכָל־לְבָבְךָ וּבְכָל־נַפְשֶׁךָ:

„Und wirst ganz bis zu Haschem, deinem G-tt, zurückkehren und auf Seine Stimme hören, nach allem, was ich dir heute gebiete, du und deine Kinder, mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele.“ (30:2)

Viele Verse in der Parascha Nitzawim sprechen von der Mitzwa von Teschuwa – Reue (wörtlich: Rückkehr). Tatsächlich lesen wir diesen Wochenabschnitt immer unmittelbar vor Rosch Haschana und damit den Aseret Jemej Haschuwa (Zehn Tage der Reue, vom 1. bis 10 Tischrej), in denen wir uns ganz besonders bemühen, Teschuwa zu tun und zu beten, dass Haschem unser Gebet erhört. Die Tora sagt in dieser Parascha, dass das jüdische Volk letztlich seine Sünden bereuen wird und zu Haschem zurückkehren wird. So sollen auch wir gerade in diesen Tagen Teschuwa tun, denn die Gemara erklärt uns im Traktat Rosch Haschana 18a, dass Haschem jetzt besonders unsere Teschuwa erwartet.
Rambam (Rav Mosche ben Maimon, 1135-1204) beschreibt in seinen Hilchot Teschuwa den großen Stellenwert von Teschuwa. Durch Teschuwa können wir Haschem wieder näherkommen. Vorher waren wir noch durch unsere sündigen Taten befleckt und dadurch ergab sich eine Distanz zu G-tt. Wenn sich ein Mensch in diesem Zustand an Ihn wendet, ignoriert ihn G-tt. ER ist diesem Menschen nicht bei seinen Mitzwot behilflich, selbst die wenigen Mitzwot, die dieser Mensch noch tut, finden nicht Sein Wohlgefallen und treffen auf taube Ohren. Nachdem der Mensch allerdings Teschuwa getan hat, ist er ein Zaddik – ein Gerechter – und kann Haschem wieder nahekommen. Dann werden seine Gebete sogleich erhört (was allerdings nicht bedeutet, dass Haschem immer alle Gebete erfüllt, sondern tut, was für den Menschen letztlich das Beste ist, auch wenn wir es nicht immer verstehen). Haschem möchte mit jedem von uns eine enge Beziehung haben und reagiert schnell, nachdem ein Mensch Teschuwa getan hat. ER freut sich sozusagen darauf, die Mitzwot dieses Menschen anzunehmen und hilft ihm, mehr und tiefer inspirierte Mitzwot zu tun.
Rav Yaakov Weinberg (1923-1999) erklärt diese Passage in Rambams Buch, dass sich die Bedeutsamkeit von Teschuwa letzten Endes nicht auf das Vergeben unserer Sünden erstreckt, die uns Haschem in Seiner großen Gnade gewährt, um uns schmerzliche Bestrafung zu ersparen. Rambam erwähnt in seinen Ausführungen über die Großartigkeit von Teschuwa nicht, dass sich die Vermeidung von Strafe daraus ergibt. Obwohl es wahr ist, dass Teschuwa Strafe abwendet, ist sie doch ein viel größeres Geschenk. Sie gibt dem ehemaligen Sünder die Gelegenheit, wieder (oder erstmals!) eine enge Beziehung zu Haschem zu haben und zu pflegen. Wenn ein Mensch echte Reue zeigt, sagt Rambam, blickt Haschem nicht mehr auf vergangene Missetaten oder Verschuldungen, denn in Seiner großen Liebe für jeden Juden agiert Er nicht nach den Gesetzen der Logik. Selbst einer Person, die viel und oft gesündigt hat, bietet Haschem die Möglichkeit der Teschuwa. Ein Mensch hat immer die Gelegenheit, seine Taten zu bereuen und einzusehen, dass er falsch gehandelt hat. Wenn der Mensch aus tiefstem Herzen bereut, was er getan hat, wird Haschem ihn so behandeln, als hätten diese Taten nie stattgefunden statt den Menschen anzusehen – und zu behandeln – als ob ein Sünder lediglich aufgehört hätte zu sündigen. Haschem wird ihn stattdessen mit Liebe, Stolz und Freude betrachten wie man einen treuen Diener oder ein liebes Kind annimmt. ER wird diesen Menschen so ansehen, als hätte er nie gesündigt und seine Gebete nicht nur annehmen, sondern sogar mit großem Wohlwollen. ER wird sich auf dessen Mitzwot freuen. Die ganze Vergangenheit dieses Menschen wird völlig ignoriert werden, weil er wahrhaftig bereut hat, und der Mensch kann wieder auf einer reinen und hohen Ebene leben, die es ihm erlaubt, Haschem nahe zu sein.
Allen Lesern ein Ketiwa veChatima Towa und ein Schana Towa uMetuka – ein gutes und süßes neues Jahr.

Frage der Woche: Was lernen wir über das Wesen der Teschuwa aus den Worten der Tora in 30:11 וְלֹא־רְחֹקָה הִוא – und sie liegt nicht in der Ferne? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Woher lernen wir, dass die Mitzwot des Gebens von Truma und Ma’aser für Haschem so wertvoll sind wie alle anderen Mitzwot zusammengenommen? Rosch (Rav Ascher ben Jechiel, 1250-1327) erklärt, dass darauf im Vidui angespielt wird, das nach dem Geben von Truma und Ma’aser gesagt wird und die Worte enthält עָשִׂיתִי כְּכֹל אֲשֶׁר צִוִּיתָנִי – ich habe getan ganz, wie Du mir geboten.
Biographie der Woche

Rabbi Jisroel Meir Kagan

Chofetz Chaim

Jahrzeit 24. Elul

Rabbiner Jisroel Meir Kagan wurde 1838 im polnischen Zhetl geboren, das damals zum zaristischen Russland gehörte. Im Kindesalter verlor er seinen Vater und wuchs in großer Armut auf. Diese Erfahrungen prägten ihn sehr und er begegnete zeitlebens seinen Mitmenschen mit großem Mitgefühl und Rücksichtnahme und lebte immer in einfachsten Verhältnissen.
Nachdem er in einer Jeschiwa in Vilna gelernt hatte, heiratete er mit 17 Jahren die Tochter seines Stiefvaters und zog in die kleine polnische Stadt Radin, die mehrheitlich von Juden bewohnt wurde. Zunächst betrieb er einen kleinen Lebensmittelladen, den seine Frau führte, damit er sich weiter dem Torastudium widmen konnte. Er achtete minutiös auf die Benutzung korrekter Maße und Gewichte und vergewisserte sich, dass kein Kunde übervorteilt wurde. 1869 eröffnete er eine Jeschiwa in Radin, die sich bald eines sehr guten Rufes erfreute. 1873 veröffentlichte er sein Buch Chofetz Chaim, das von den Gesetzen über Laschon Hara (üble Nachrede) handelt. Unter dem Namen Chofetz Chaim wurde er weltberühmt, denn er war nicht nur eine Tora-Autorität, sondern kümmerte sich um alle jüdischen Belange weit und breit. Er reiste bis ins hohe Alter, um das toratreue Judentum zu stärken. Als die Agudat Jisrael 1913 als politische Repräsentanz orthodoxer Juden gegründet wurde, war der Chofetz Chaim zusammen mit dem Gerrer Rebben (Rav Avrohom Mordechai Alter, 1866-1948) die treibende Kraft.
Der Chofetz Chaim schrieb Dutzende Bücher, von denen vor allem seine sechsbändige Mischna Brura zu nennen ist, die einen Kommentar zum Orach Chaim-Teil des Schulchan Aruch darstellt, und bis zum heutigen Tag als wichtige Referenz benutzt wird.
Der Chofetz Chaim starb 1933 in Radin und wurde in aller Welt betrauert.
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