Feb ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Mischpatim

Paraschat Mischpatim
Parschat Schekalim
Schabbat Mewarchim

24./25. Februar 2017
29. Schwat 5777
Daf Mishpatim 5777
Schmot 21:1 – 24:18
Maftir Schmot 30:11-16
Haftara: Melachim II 11:17– 12:17

Die Parascha in Kürze

• Gesetze über den jüdischen Knecht; Strafen für Mord, Totschlag, Diebstahl; Schadensersatzregelungen für Personen und Sachen; Gebot eines unabhängigen Rechtssystems
• Gesetze über das Schmitta-Jahr, Schabbat und die drei Wallfahrtsfeste
• G-ttes Versprechen, das jüdische Volk nach Eretz Jisrael zu bringen
• G-tt gebietet Mosche, auf den Berg Sinai hinaufzugehen, um ihn die Tora zu lehren

Konzept der Woche
כָּל־אַלְמָנָה וְיָתוֹם לֹא תְעַנּוּן: אִם־עַנֵּה תְעַנֶּה אֹתוֹ כִּי אִם־צָעֹק יִצְעַק אֵלַי שָׁמֹעַ אֶשְׁמַע צַעֲקָתוֹ:
„Eine Witwe und Waise sollt ihr nicht bedrücken. Denn wenn du ihn bedrückst und er zu Mir schreit, so werde Ich seinen Schrei hören (22:21-22).“

Wenn man die Wortwahl dieses Verses im Hebräischen betrachtet, fällt einem auf, dass alle drei Verben in Vers 22:22 „gedoppelt“ sind, was ihren Inhalt besonders betont. Es heißt dort: עַנֵּה תְעַנֶּה – du bedrückst, צָעֹק יִצְעַק – er wird schreien – und שָׁמֹעַ אֶשְׁמַע – Ich werde hören. Warum spricht der Vers von doppelter Unterdrückung, doppeltem Aufschrei und Haschems doppelten Hören dieser Schreie? Und mutet die Strafe für die Unterdrückung der Witwen und Waisen nicht etwas extrem an, wenn es in Vers 22:23 heißt: וְחָרָה אַפִּי וְהָרַגְתִּי אֶתְכֶם בֶּחָרֶב וְהָיוּ נְשֵׁיכֶם אַלְמָנוֹת וּבְנֵיכֶם יְתֹמִים – Mein Zorn wird entbrennen und Ich werde euch mit dem Schwert erschlagen; dann werden eure Frauen Witwen und eure Kinder Waisen werden. Es ist keine Frage, dass es äußerst verwerflich ist, einer Witwe oder einer Waise Leid zuzufügen, aber hat man dafür den Tod verdient?
Es gibt eine Devise in der Tora, die מִדָּה כְּנֶגֶד מִדָּה – Maß für Maß – heißt. Wie kann dieser Grundsatz hier eingebracht werden?
Rabbenu Bachya (11. Jhd. in Spanien) erklärt, dass die Tora damit das Ausmaß des Schmerzes ausdrücken will. Witwen und Waisen sind ohnehin schwach und in misslicher Lage und es ist leicht, sie zu drangsalieren. Die Verdoppelungen im Vers drücken ihren großen Schmerz aus und sagen aus: „Pass auf, es ist leicht, sie zu verletzen!“
Kli Yakar (Rav Schlomo Ephraim Luntschitz, 1550-1619) interpretiert die Worte אִם־עַנֵּה תְעַנֶּה אֹתוֹ – wenn du ihn bedrückst – als die Drangsalierung der Waise (das Wort אֹתוֹ ist maskulinum). Wenn das Kind verletzt ist, empfindet auch seine verwitwete Mutter Schmerzen, denn sie muss zusehen, wie ihr Sohn schutzlos dasteht und kann ihn selbst nicht davor bewahren. Daher, sagt Kli Yakar, wird mit der Verdoppelung des Verbs ausgedrückt, dass mit einer Handlung der Schmerz zweifach verteilt wird: auf Mutter und Sohn.
Raschi sagt in einem Kommentar im Traktat Schabbat 11a des Talmuds, dass eine Waise und eine Witwe leicht zum Weinen gebracht werden können. Während andere Menschen nicht so schnell Tränen über banale Dinge vergießen, weil sie in ihrem Leben ein gewisses Maß von Glück, Schutz und Geborgenheit empfinden, geht es Witwen und Waisen sehr schnell ans Herz, wenn ihnen übel mitgespielt wird. Sie empfinden oft eine gewisse Leere und sie rufen daher doppelt aus, wenn ihr schnöder Alltag beeinträchtigt wird: einmal wegen des Schmerzes, der ihnen zugefügt wird, und einmal, weil sie dadurch an das Fehlen wahren Glücks in ihrem Leben erinnert werden, weil Vater und Ehemann nicht mehr da sind. Und Haschem hört doppelt auf sie: auf beide Aufschreie, die der Unterdrücker provoziert hat.
Nun wird das Prinzip von מִדָּה כְּנֶגֶד מִדָּה – Maß für Maß – hier verständlich. Die Verursachung von Schmerzen bei einer Witwe oder Waise, bringt dem Peiniger und seiner Familie dieselben Schmerzen ein, die er mit seinem Handeln verursacht hat. Seine Frau und seine Kinder werden zur Strafe ebenso Schmerzen empfinden, als seien sie selbst Witwe und Waisen.

Frage der Woche: Warum betont die Tora, dass jegliche Witwe oder Waise nicht gepeinigt werden darf? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wo finden wir in der Tora eine Anspielung auf den Brauch, am Erew Schabbat (Freitag) gewisse Arbeiten nach Chatzot (halachische Mittagszeit) nicht mehr zu tun? Schlah HaKadosch (Rav Jeschaja Horowitz, 1565-1630) leitet von der Gematria des Wortes לֹא (=31) ab, dass wir 31 Stunden keine Schabbatarbeit tun sollen: von Freitagmittag bis eine Stunde nach Sonnenuntergang am Samstagabend.
Biographie der Woche

Rabbi David HaLevi Segal

Tas

Jahrzeit 26. Schwat

Rav David HaLevi Segal wurde 1586 in Wolhynien, das damals zum Staat Polen-Litauen gehörte, geboren. Er entstammt einer Gelehrtenfamilie und seine früh erkennbare intellektuelle Begabung wurde vor allem von seinem älteren Halbbruder Yitzchak gefördert. Er heiratete eine Tochter des Bach (Rav Joel Sirkis, Autor des Bajit Chadasch, 1561-1640), den er später in seinen Werken oft zitieren würde, und verbrachte die ersten Jahre seiner Ehe im Hause seines Schwiegervaters mit dem Studium von Tora und Talmud.
Nach einigen Jahren nahm er Positionen als Rabbiner in verschiedenen kleinen Städten Polens an, die ihm und seiner Familie einen kargen Lebensunterhalt bescherten. Sein Ruf als Gelehrter eilte ihm jedoch voraus und im Jahre 1641 wurde er Rabbiner in Ostrog, einer Stadt in Wolhynien, in der viele jüdische Gelehrte wohnten und wo er ein erheblich besseres Auskommen hatte. Er gründete dort eine Jeschiwa und schrieb seinen Kommentar zu den beiden ersten Teilen des Schulchan Aruch (Orach Chaim und Joreh Deah), der unter dem Namen „Turej Sahaw“ herausgegeben wurde. Die Anfangsbuchstaben dieses Werks bilden den Namen Tas, unter dem er auch bekannt ist.
Der Tas floh 1648 vor den Chmielnicki-Pogromen nach Mähren, kehrte aber so bald wie möglich nach Polen zurück und ließ sich in Lemberg nieder. Dort wurde er zunächst Vorsitzender des Bet Din und schließlich 1653 Oberrabbiner von Lemberg. Er starb 1667 in Lemberg.
Seine Autorität in halachischen Fragen wurde auf allen Ebenen anerkannt und bald wurde sein Kommentar neben den Text des Schulchan Aruch gedruckt. Bis heute gehört er zu den fundamental wichtigen Kommentatoren, die studiert werden. Obwohl der Tas der Autor vieler nichthalachischer Schriften war – darunter ein Kommentar zu Raschi – die allerdings nicht alle veröffentlicht wurden, ist er vor allem als herausragende Autorität in halachischen Fragen berühmt und zählt zu unseren sehr großen Talmudgelehrten.
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