Feb ‍‍2019 - תשעט / תשף

Daf Paraschat Mischpatim 5779

Paraschat Mischpatim
Schabbat Mewarchim
1./2. Februar 2019
27. Schwat 5779

Schmot 21:1 – 24:18
Haftara: Jirmijahu 34:8-22, 33:25-26

Hier können Sie sich das Daf als pdf herunterladen:Daf Mishpatim 5779

Die Parascha in Kürze
• Gesetze über den jüdischen Knecht; Strafen für Mord, Totschlag, Diebstahl; Schadensersatzregelungen für Personen und Sachen; Gebot eines unabhängigen Rechtssystems
• Gesetze über das Schmitta-Jahr, Schabbat und die drei Wallfahrtsfeste
• G-ttes Versprechen, das jüdische Volk nach Eretz Jisrael zu bringen
• G-tt gebietet Mosche, auf den Berg Sinai hinaufzugehen, um ihn die Tora zu lehren

Konzept der Woche
מִדְּבַר־שֶׁקֶר תִּרְחָק וְנָקִי וְצַדִּיק אַל־תַּהֲרֹג כִּי לֹא־אַצְדִּיק רָשָׁע:

„Halte dich fern von einem Wort der Lüge; und einen Unschuldigen und einen Freigesprochenen lasse nicht hinrichten, denn Ich werde einen Schuldigen nicht freisprechen.“ (23:7)

Wenn zwei Männer vor dem Richter erscheinen und der eine Kontrahent ärmlich gekleidet ist, während sein Gegenspieler wohlhabend aussieht, so sagt uns die Gemara im Traktat Schewuot 31a, dass der eine wie der andere gekleidet werden müsse – entweder beide ärmlich oder beide luxuriös. Raschi folgert aus dem Scenario, dass ein ärmlich gekleideter Mensch weniger Selbstbewusstsein gegenüber einem gutgekleideten Menschen empfindet und sich daher schlechter vor Gericht vertritt. Daher sollen, laut Raschi, beide gutgekleidet auftreten, so dass sich der Arme besser fühlt und beide gleichbehandelt werden. Selbst der gelehrteste, ehrlichste und mit dem besten Ruf versehene Richter könnte vielleicht durch solche Äußerlichkeiten beeinflussbar sein und daher möchte man möglichst alle Eventualitäten ausschließen.
Unsere Weisen haben auf psychologischer Ebene erkannt, dass selbst die integerste Person von seiner eigenen Wahrnehmung beeinflusst werden kann. Rabbiner Leib Chasman (1869-1935), ein einflussreicher Mussar-Gelehrter, leitet aus מִדְּבַר־שֶׁקֶר תִּרְחָק („halte dich fern von einem Wort der Lüge“) ab, dass nicht nur Lügen und Betrügen damit gemeint sind, sondern alles, wovon man getäuscht und was verzerrt werden kann, wodurch man seine Verpflichtungen im Leben nicht erfüllt oder man vom richtigen Pfad abweicht.
Im ewigen Kampf mit seinem eigenen יֵצֶר הָרָע (böser Trieb) ist die freie Wahl eines Menschen wie ein Richter, der von den schön ausstaffierten Argumenten des Jetzer Hara beeinflusst wird, die ihm ein wundervolles Bild des angenehmen Lebens zeichnen und den Menschen auf seine Seite zu ziehen versuchen. Der יֵצֶר הַטּוֹב (guter Trieb) hingegen gibt sich wie ein Bettler und hat nur die ewigwährende Glückseligkeit der Kommenden Welt zu offerieren. Wie kann sich dann ein Mensch richtig entscheiden? Rav Chasman basiert seine Antwort auf der Gemara im Traktat Brachot 5a und sagt, dass man zuerst den Jetzer Hara kontinuierlich in sich bekämpfen muss. Er sieht die Situation wie der Richter, der niemandem den Vorzug geben darf. Wenn der Mensch auf diese Art und Weise den Jetzer Hara bezwingen kann und nicht vom richtigen Weg abweicht, hat er sein Ziel erreicht. Wenn er aber den Sog des Jetzer Hara beständig fühlt, soll er sich dem Torastudium widmen und versuchen, die Süße des Lernens zu spüren. Damit kleidet er den Jetzer Hatov in prachtvolle Gewänder – und beide sind dadurch gleich gut gekleidet. Aber wenn das Lernen nicht ausreicht, soll er das Kriat Schma sagen und sich darauf einlassen zu fühlen, wie angenehm es ist, Haschem zu dienen. Sollte auch das nicht helfen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als das schöne Gewand des Jetzer Hara zu zerreißen und ihn in Fetzen dastehen zu sehen, so dass beide gleich schlecht gekleidet sind. Dann wird er sich an seine eigene Sterblichkeit erinnern und wissen, dass er nur Mitzwot und gute Taten mitnehmen kann in die Kommende Welt, nicht Ansehen und Reichtum. Damit wird er endlich fähig sein, das richtige Urteil zu fällen und auf dem Pfad der Rechtschaffenheit zu gehen.

Frage der Woche: Warum betont die Tora in Vers 22:21 כָּל־אַלְמָנָה וְיָתוֹם לֹא תְעַנּוּן, dass jegliche Witwe oder Waise nicht gepeinigt werden darf? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wo im Mischkan (Stiftszelt) waren Stufen zu finden? Es gab eine Trittleiter mit drei Stufen vor der Menora.
Biographie der Woche

Rabbi Joseph David Sinzheim

Jahrzeit 28. Schwat

Rabbiner Joseph David Sinzheim wurde 1745 in Trier als Sohn des Rabbiners Jitzchak Sinzheim geboren. Sein Vater unterrichtete ihn und gab ihm umfassende Kenntnisse in Tora und Talmud. Als sein Vater 1763 Rabbiner im elsässischen Niederney wurde, schloss er sich ihm mit zwanzig Jahren nach seiner Ordination zum Rabbiner an.
1765 heiratete er Esther Medelsheim, die Schwester des reichen und einflussreichen Naftali Herz (Cerf Beer) Medelsheim (ca. 1726-1793). Dieser finanzierte 1786 die Gründung einer Jeschiwa in Bischheim, nahe Straßburg, deren Rosch Jeschiwa Rav Joseph David Sinzheim wurde, der inzwischen ein großer Toragelehrter geworden war. Während der Unruhen, die die Französische Revolution von 1789 mit sich brachte, floh Rav Sinzheim zunächst mit seiner Familie in die Schweiz. Nachdem sich die Situation beruhigt hatte, zog Rav Sinzheim nach Straßburg, wurde Rabbiner von Straßburg und engagierte sich politisch für die Belange der Juden im Elsass. 1806 war er der Abgesandte der jüdischen Notablen-Versammlung, die vor Napoleon die absolute Gleichbehandlung der französischen Juden durchsetzte, was nicht zuletzt auf den eloquenten Auftritt Rav Sinzheims zurückzuführen war. Er wurde Nassi (Präsident) des von Napoleon unterstützten Sanhedrins und übernahm die Position des ersten Oberrabbiners von Frankreich.
Rav Sinzheim widmete sich auch in dieser Rolle dem Torastudium und schrieb Kommentare zum Talmud, zu denen sein Werk Jad David gehört. Er stand in brieflichem Kontakt mit den anderen großen Rabbinern seiner Zeit und schrieb viele Responsen, die leider größtenteils nicht überliefert sind.
Er starb 1812 in Paris. Aus Anlass seiner Beerdigung schrieb der Chasam Sofer (Rav Mosche Schreiber, 1762-1839) lobend über ihn.

Impressum: Herausgegeben von HMS © 2019