Feb ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Mischpatim 5776

Paraschat Mischpatim
Schabbat Mewarchim

Daf Mishpatim 5776

5./6. Februar 2016
27. Schwat 5776

Schmot 21:1 – 24:18
Haftara: Jirmijahu 34:8– 22 & 23:25-26

Die Parascha in Kürze

• Gesetze über den jüdischen Knecht; Strafen für Mord, Totschlag, Diebstahl; Schadensersatzregelungen für Personen und Sachen; Gebot eines unabhängigen Rechtssystems
• Gesetze über das Schmitta-Jahr, Schabbat und die drei Wallfahrtsfeste
• G-ttes Versprechen, das jüdische Volk nach Eretz Jisrael zu bringen
• G-tt gebietet Mosche, auf den Berg Sinai hinaufzugehen, um ihn die Tora zu lehren

Konzept der Woche
In den Versen Schemot 22:6-14 erklärt uns die Tora die Gesetze, die von שוֹמְרִים – Hütern – des Eigentums anderer Menschen handeln. Die Gemara erklärt, dass es vier Arten von Schomrim gibt: ֹשוֹמֵר שָֹכָר – den bezahlten Hüter, ֹשוֹמֵר חִנָם – den unbezahlten Hüter, ֹשוֹאֵל – den Borger – und שֹוֹכֵר – den Mieter. Sollte den in ihrer Verantwortung befindlichen Dingen Schaden zugefügt werden, ist jede Art von Schomer unterschiedlich zur Verantwortung zu ziehen.
Der Sfas Emes (Rav Jehuda Aryeh Leib Alter, 1847-1905, zweiter Gerrer Rebbe) schreibt, dass die in dieser Parascha beschriebenen Gesetze sich zwar mit zwischenmenschlichen Vorkommnissen beschäftigen, aber man sie auch als Metaphern sehen kann, wie wir G-tt besser dienen können. So wie ein Schomer sich um das Wohlbehalten der ihm anvertrauten Dinge kümmern muss, so soll sich jeder Mensch um seine ihm von G-tt gegebene und ihm anvertraute Seele kümmern. Indem der jüdische Mensch ein Leben voller Tora und Mitzwot führt, wird er sich von Sünden möglichst fernhalten und so seiner Seele keinen Makel zufügen.
Der Imre Emes (Rav Awraham Mordechai Alter, 1866-1948, dritter Gerrer Rebbe) führt die Gedanken seines Vaters noch weiter. Er wendet die Gesetze über die ersten drei Typen von Schomrim an und setzt sie in Beziehung zu den drei Abschnitten des Schma Jisrael. Er sagt, dass die Motivation eines Schomers unterschiedlich ist, je nachdem, in welche Kategorie von Schomer er fällt. Ein Mensch, der sich im Klaren ist, dass er ein Schomer über seine g-ttgegebenen Talente ist, kann G-tt wie diese drei Schomrim auf unterschiedliche Weise dienen.
Im ersten Abschnitt des Schma וְאָהַבְתָּ אֵת ה‘ – du sollst Haschem lieben, spricht die Tora von der erhabensten Art des G-ttesdienstes. Wie ein Schomer Chinam, der aus reiner Hilfsbereitschaft handelt, ist der Mensch, der G-tt aus Liebe dient, und nicht die Belohnung für ausgeführte Mitzwot im Sinn hat. Er handelt völlig uneigennützig und agiert allzeit aus reiner Liebe zu G-tt, sogar bis zum Punkt, dass man sagen kann: בְּכָל לְבָבְךָ וּבְכָל נַפְשְׁךָ וּבְכָל מְאֹדֶךָ – mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit all deinem Vermögen.
Der zweite Abschnitt verspricht Belohnung für die Erfüllung von Mitzwot: וְנָתַתִּי מְטַר אַרְצְכֶם בְּעִתּוֹ יוֹרֶה וּמַלְקוֹשׁ וגו‘ – dann werde Ich den Regen eures Landes zur richtigen Zeit geben … Dies sagt einem Menschen, der nicht altruistisch handeln kann, dass er dennoch Mitzwot tun soll und wie ein Schomer Sachar, der für sein Wachen bezahlt wird, letztendlich seinen Lohn empfangen wird.
Im dritten Abschnitt des Schma steht die Mitzwa von Tzitzis im Mittelpunkt. Der Imre Emes erklärt, dass derjenige, der diese Mitzwa erfüllt, wie ein Scho’el ist, der sich etwas borgt und damit von der Benutzung des Geborgten profitiert. Zusätzlich erhält er damit eine Beziehung zum Eigentümer des Geborgten aufrecht. Beim täglichen Tragen der Tzitzis hat man die Möglichkeit, sie immer anzusehen und וּזְכַרְתֶּם אֶת כָּל מִצְוֹת ה‘ וַעֲשִׂיתֶם אֹתָם – sich immer an alle Mitzwot Haschems zu erinnern und sie zu tun. Durch die Ausführung von Mitzwot kommt der Mensch G-tt näher. So sehen wir, dass in diesem Abschnitt der Hinweis enthalten ist, wie wir unmittelbar von einer Mitzwa profitieren können. Dadurch dass wir eine engere Verbindung zu G-tt bekommen, wird unser Leben von unseren Taten bereichert.
Der Imre Emes zitiert abschließend den Vers 3:18 aus Mischle (Buch der Sprüche) über die Tora: עֵץ־חַיִּים הִיא לַמַּחֲזִיקִים בָּהּ – ein Baum des Lebens ist sie für diejenigen, die an ihr festhalten. Es ist eine unmittelbare und unermessliche Bereicherung des Lebens, Tora zu lernen und Mitzwot zu tun.

Frage der Woche: Was lernen wir aus dem Satz לֹא־תַעֲנֶה עַל־רִב – antworte nicht auf eine Streitsache(23:2)? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Was lernen wir aus dem Satz וַיְדַבֵּר אֱלֹקִים אֵת כָּל־הַדְּבָרִים הָאֵלֶּה לֵאמֹר אָנֹכִי ה‘ – Da redete G-tt alle diese Worte: Ich bin Haschem (20:1/2), mit dem die Zehn Gebote beginnen? Noam Elimelech (Rav Elimelech von Lezhensk, 1717-1787) erklärt, dass wir daraus die Absicht der gesamten Tora erkennen, dass Haschem unser Schöpfer ist.

Biographie der Woche

Rabbiner Yisroel Lipkin Salanter

Jahrzeit 25. Schwat

Rabbiner Yisroel Lipkin wurde 1810 in Litauen geboren. Er entstammte einer rabbinischen Familie und wurde aufgrund seiner außergewöhnlichen Begabung mit zwölf Jahren in die Jeschiwa nach Salant geschickt, wo er unter dem Gaon von Salant, Rav Tzvi Hersch Braude, achtzehn Jahre lang lernte. Hauptsächlich wurde er dort aber von Rav Joseph Sundel von Salant (1786-1866) beeinflusst, der ihm die Bedeutung von Mussar (jüdische Ethik) nahebrachte.
Rav Salanter, wie er nach seinem langen Aufenthalt in Salant genannt wurde, entwickelte die Grundlagen der Mussar-Bewegung, die charakterliche Vervoll-kommnung zum Ziel hat. 1840 wurde er Rosch Jeschiwa der Rameillas Jeschiwa in Vilna und bestach dort durch seine große Gelehrsamkeit. Die großen Rabbiner seiner Zeit wie der Beis HaLevi, Rabbiner Joseph Dov Soloveitchik (1820-1892), zollten ihm ihre Achtung. In dieser Zeit lehrte er im ersten Bet HaMussar, wo in kleinen Gruppen die Mussar-Klassiker wie Mesillas Jeschorim des RaMChal studiert wurden. 1849 zog er nach Kovno und eröffnete dort eine Jeschiwa, die sehr schnell hundertfünfzig Schüler anzog, die zu den führenden Rabbinern der nächsten Generation werden sollten, darunter Rav Elieser Gordon (1841-1910) und Rav Simcha Sissel Siv (1824-1898).
1857 begab sich Rav Salanter nach Halberstadt in Deutschland und unterzog sich medizinischer Behandlung. In den folgenden Jahren bemühte er sich in Deutschland und Westeuropa, seine Ideen der um sich greifenden Reformbewegung entgegen-zusetzen. 1877 gründete er das Kovno Kollel als erste Institution für verheiratete Toragelehrte, die im Gegenzug für ihr Lernen mit einem geringen Stipendium unterstützt wurden. Mit siebzig Jahren bemühte er sich um die russischen Juden in Paris und kehrte schließlich nach Königsberg zurück, wo er 1883 starb.
Zu seinen Werken gehören Iggeres HaMussar, Even Yisroel und Ohr Yisroel.

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