Okt ‍‍2018 - תשעח / תשעט

Daf Paraschat Lech Lecha 5779

19./20. Oktober 2018
11. Cheschwan 5779

Bereschit 12:1 – 17:27
Haftara: Jeschaja 40:27 – 41:16

Hier können Sie sich das DAF als pdf herunterladen: Daf Lech Lecha 5779

Die Parascha in Kürze
• Awraham geht auf Haschems Befehl von Charan nach Kanaan
• Wegen einer Hungersnot muss Awraham nach Ägypten gehen, wo sich seine Frau Sara als seine Schwester ausgibt
• Haschem verspricht Awraham, dass Eretz Jisrael seinen Nachkommen gehören wird, die sehr zahlreich sein werden
• Sara gibt Awraham ihre Magd Hagar zur Frau, die ihm den Sohn Jischmael gebiert
• Im Alter von 99 Jahren schließt Haschem mit Awraham einen Bund und gebietet ihm, sich und alle männlichen Haushaltsmitglieder zu beschneiden. ER verspricht ihm einen Sohn mit seiner Frau Sara

Konzept der Woche
וַיֹּאמֶר ה‘ אֶל־אַבְרָם לֶךְ־לְךָ מֵאַרְצְךָ וּמִמּוֹלַדְתְּךָ וּמִבֵּית אָבִיךָ אֶל־הָאָרֶץ אֲשֶׁר אַרְאֶךָּ:

„Zu Awram aber sprach Haschem: Gehe für dich allein von deinem Lande, deinem Geburtsorte und dem Hause deines Vaters, zu dem Land hin, das ich dir zeigen werde.“ (12:1)
Drei Verse später, in Vers 4, sagt uns die Tora, dass Awraham 75 Jahre alt war, als er sich von Charan auf Befehl Haschems aufmachte und nach Eretz Jisrael ging. Wir haben zwar am Ende der vorigen Parascha von Awrahams Abstammung gehört, von Awrahams Heirat mit Sara, die unfruchtbar war, und von Awrahams Umzug von Ur Kasdim nach Charan, aber die Tora lässt sich nicht weiter über die ersten fünfundsiebzig Jahre in Awrahams Leben aus. Aus verschiedenen Midraschim erfahren wir, wie Awraham schon als Kind in Ur Kasdim erkannt hat, dass es nur einen Gott gibt und in welche Schwierigkeiten er mit der Obrigkeit, nämlich König Nimrod, geraten war. Ramban (Rav Mosche ben Nachman, 1194-1270) fragt, warum Haschem Awraham so große Belohnung verspricht, ohne dass die Tora uns darüber aufklärt, welch großer Zaddik Awraham war.
Sfas Emes (Rav Jehuda Aryeh Leib Alter, 1847-1905) basiert eine Antwort auf dem Sohar, wo es zu dieser Parascha heißt: „Wehe denen, die Schlaf in ihren Augen haben.“ Sfas Emes sagt, dass Haschem die Aufforderung ‚Lech lecha‘ nicht nur an Awraham gerichtet hat, sondern dass Haschems Aufrufe dauernd an die ganze Menschheit gerichtet sind – aber nur Awraham hat darauf geantwortet und reagiert. Die übrige Menschheit lebte ihr Leben in einem Traum, nämlich mit Schlaf in den Augen, und hörte daher nicht. Obwohl Awraham schon Großes in seinem Leben geleistet hatte, war es sein größtes Verdienst, auf Haschems Aufruf zu hören. Er war willens, alles stehen und liegen zu lassen und Haschems Worten zu folgen, die ihm nicht einmal das Ziel seiner Wanderung nannten. Damit verdiente er sich das Versprechen Haschems.
Der Midrasch sagt, dass Awrahamבירה דולקת – einen brennenden Palast – sah. Das Wortדולקת bedeutet ‚brennend‘, aber kann auch als ‚fortfahrend‘ verstanden werden. So symbolisiert dieser Palast die Welt, die immer fortfährt, sich dauernd bewegt und niemals ruht. Awraham war sehr erstaunt über diesen Anblick: einerseits hatte die Schöpfung den majestätischen Anblick eines Palastes, aber in dieser Pracht beobachtete er fortwährende Bewegung und ständigen Wechsel. Er hatte angenommen, dass alles einen Ruhepunkt haben müsse, an dem Frieden und Erfüllung erreicht werden. Haschem erklärt ihm aber, dass diese Welt voller Arbeit ist und es kein Ruhen gibt. Hier soll man von Stufe zu Stufe aufsteigen und immer danach streben, etwas zu leisten. Dies war die Botschaft von ‚Lech lecha‘, sagt Sfas Emes. ‚Geh‘ – ohne zu wissen, wo der Zielort ist. Awrahams Aufgabe war es, in das Land zu gehen, „das ich dir zeigen werde.“ Das letztliche Ziel auf dieser Welt ist erst nach lebenslangem Bemühen vorstellbar.
In demselben Midrasch werden zwei Ausdrücke des Hörens verwendet: zuhören und das Ohr neigen. Sfas Emes sagt dazu weiter, dass sogar nachdem Awraham zugehört und ein gewisses spirituelles Niveau erreicht hatte, er immer noch bereit war, sein Ohr zu neigen, um noch mehr zu hören. Wahres Wachstum fordert vom Menschen sich auf sein innerliches Fühlen zu konzentrieren und alles andere Verlangen aufzugeben. Nachdem er zum ersten Mal gehört hat, muss er das neue Wissen tief in sein Herz integrieren, was in ihm einen intensiveren Wunsch wecken wird, spirituell weiter zu wachsen. So muss er fortfahren, indem er hört, lernt, wächst und eine neue Stufe von Awoda festigt, um dann wieder zum Hören zurückzukehren. Awodat Haschem – Dienst vor G-tt – ist ein konstanter Zyklus, sagt Sfas Emes. Ein Zaddik – Gerechter – ruht erst in der kommenden Welt. Diese Welt wurde geschaffen, damit wir streben und wachsen.

Frage der Woche: Warum wird in Vers 12:4 betont, dass Lot אִתּוֹ – mit Awraham ging? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die Frage der vergangenen Woche: Wie viele Jahre vergingen zwischen der Sintflut und dem Turmbau zu Babel? Ein Midrasch stellt dar, dass es 340 Jahre waren, was der Gematria (numerischer Zahlenwert der Buchstaben) von שֵׁם/ Schem entspricht, der ein Sohn Noachs war und von dem Awraham abstammt.
Biographie der Woche

Rabbi Jehuda Meir Schapiro

Jahrzeit 7. Cheschwan

Rav Schapiro wurde 1887 in Suceava (jiddisch: Schotz) geboren, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte. Er zeigte von frühester Kindheit an seine geniale Begabung zum Lernen und wurde durch seine Eltern von Privatlehrern früh gefördert. Sein Großvater mütterlicherseits war der Minchas Schai, Rav Schmuel Jitzchak Schorr (1839-1902), mit dem er ab seiner Bar Mitzwa lernte, leider nur wenige Jahre bis zu dessen Tod.
Auf Drängen des Chortkover Rebben Rav Jisroel Friedman (1854-1934), dessen Chossid er war, wurde er 1910 Rabbiner von Galina, nahe Lemberg. Dort stellte er seine hervorragenden Fähigkeiten als Erzieher und Organisator des Schulwesens unter Beweis, indem er u.a. die Jeschiwa Bne Tora eröffnete.
Seine 1923 präsentierte Idee des Daf Yomi – des täglichen Lernens desselben Blattes Gemora auf der ganzen Welt – und das damit verfolgte Ziel von Lernen und Achdut (jüdische Einheit) wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Dadurch haben zwei Juden überall auf der Welt ein bedeutendes Thema des Lernens, das selbst Fremde miteinander verbindet. Nach etwa siebeneinhalb Jahren hat man so den kompletten Talmud durchgelernt und die ganze jüdische Welt feiert gemeinsam den Sijum HaSchas.
Das zweite große Projekt im Leben von Rav Schapiro war die Gründung der Jeschiwa Chachme Lublin. Den Grundstein für das Gebäude legte der Chortkover Rebbe im Mai 1924 und nach unermüdlichem Bemühen Rav Schapiros um Spenden, konnte die Jeschiwa im Juni 1930 ihre Pforten öffnen. Es war ein grandioses Gebäude, wo auf höchstem Niveau die künftige chassidische Rabbinerelite möglichst sorgenfrei erzogen werden sollte. Das Aufnahmekriterium bestand im Beherrschen von 200 Blatt Gemora!
Im Herbst 1933 infizierte sich Rav Schapiro mit der Grippe, an deren Folgen er im Alter von 46 Jahren innerhalb weniger Wochen starb.
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