Mrz ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Ki-Tissa 5777

Paraschat Ki Tissa
Paraschat Para

Daf Ki Sisa 5777

Schmot 30:11 – 34:35
Maftir Bamidbar 19:1 – 22

17./18. März 2017
20. Adar 5777
Haftara: Jecheskel 36:16 – 38

Die Parascha in Kürze

• Alle jüdischen Männer sollen einen halben Schekel für den Mischkan spenden
• Betzalel wird als kunstfertiger Handwerker zur Ausführung der Geräte des Mischkans von G-tt bestimmt
• Die Mitzwa, Schabbat zu halten wird noch einmal angeführt
• Das jüdische Volk irrt in Mosches Rückkehrdatum und verlangt einen neuen Führer; daraufhin wird das goldene Kalb errichtet und von einigen angebetet
• Mosche kehrt mit den Gesetzestafeln vom Berg Sinai zurück, sieht den Tanz um das goldene Kalb und zerbricht die Tafeln im Zorn
• Mosche richtet die Schuldigen mithilfe des Stammes Levi und 3000 Männer fallen
• Mosche bittet G-tt, dem Volk zu verzeihen, bleibt noch einmal 40 Tage auf dem Berg Sinai und kehrt mit den zweiten Gesetzestafeln zurück

Konzept der Woche
וַיְהִי כַּאֲשֶׁר קָרַב אֶל־הַמַּחֲנֶה וַיַּרְא אֶת־הָעֵגֶל וּמְחֹלֹת וַיִּחַר־אַף מֹשֶׁה וַיַּשְׁלֵךְ מִיָּדָו אֶת־הַלֻּחֹת וַיְשַׁבֵּר אֹתָם תַּחַת הָהָר:
„Da war es, als er näher zum Lager gekommen und das Kalb und Tänze sah, da erglühte Mosche Zorn und er warf aus seinen Händen die Tafeln und zerschmetterte sie unten am Berge.“ (32:19)

In dieser Parascha lesen wir, dass Mosche Rabbenu nach 40 Tagen des Tora-Lernens mit Haschem vom Berg Sinai hinabsteigt und das Volk mit dem goldenen Kalb sündigen sieht. Viele Mefarschim (Tora-Kommentatoren) fragen, warum Mosches Wut bei diesem Anblick entbrannte, wenn ihm G-tt doch schon vorher von dieser Sünde mitgeteilt hatte. Zudem ist es schwer vorstellbar, dass Mosche in einem Wutanfall die Tafeln mit den zehn Geboten zerschmettert hat.
Sforno (Rav Ovadja Sforno, 1475-1550) erklärt, dass Mosche über die Freude der Menschen, die um das goldene Kalb ausgelassen tanzten, erzürnt war. Aber, sagt Sforno, es war nicht sein Zorn, der ihn die Tafeln zerbrechen ließ, sondern seine Überzeugung, dass diese Menschen unwiederbringlich vom rechten Pfad abgekommen waren und es daher nicht mehr verdienten, die Tafeln zu empfangen.
Meschech Chochma (Rav Meir Simcha von Dvinsk, 1843-1926) erläutert, dass der Grundfehler des Volkes bei der Episode mit dem goldenen Kalb darin bestand, dass sie glaubten, Haschem regiere die Welt durch Mittelsleute und dass der Weg zum Himmel von handfesten Dingen abhängig sei, die in sich selbst eine Kraft besäßen. Daher sahen sie Mosche als denjenigen an, der sie aus Ägypten herausgeführt hat, und nicht als den von G-tt auserkorenen Boten, der mit Pharao sprechen sollte und keine eigene Macht hatte, die Erlösung herbeizuführen. Dieser Kardinalfehler wird deutlich in Vers 32:7 herausgestellt, als Haschem zu Mosche sagt: כִּי שִׁחֵת עַמְּךָ אֲשֶׁר הֶעֱלֵיתָ מֵאֶרֶץ מִצְרָיִם – denn schwer gesündigt hat dein Volk, das du aus dem Land Ägypten heraufgeführt hast. Rav Samson Raphael Hirsch (1808-1888) schreibt, dass die Worte עַמְּךָ אֲשֶׁר הֶעֱלֵיתָ „..aus dem Sinne des verirrten Volkes gesprochen, und spricht eben den Kern der Verirrung aus, der ja eben darin bestand, dass sie sich nicht rein als G-ttes Volk, sondern auch als Mosches Volk, und Mosche als notwendigen und bedingenden Vermittler der Erlösung begriffen.“
Mosche begriff nicht die Tragweite des Fehlers, den das Volk beging, sagt Meschech Chochma, bis er mit eigenen Augen sah, wie die Menschen ekstatisch tanzten und ihren neuen „Führer“ verehrten. Hätten sie sich lediglich um Mosche gesorgt, der nach ihrer Kalkulation nicht rechtzeitig zurückgekehrt war, hätten sie Wachen aufstellen können, die nach Mosche hätten Ausschau halten können. Als Mosche aber die Tanzerei sah, wurde ihm klar, dass das Volk nur einen Mittler (das Kalb) durch einen anderen Mittler (die Tafeln) ersetzen würde. Nur das dramatische und eigentlich undenkbare Zerschmettern der Tafeln vor dem ganzen Volk würde eine Lektion abgeben, dass absolut nichts und niemand eine unabhängige Macht besitzt außer G-tt.
Mit diesem Ansatz erklärt Meschech Chochma einen Satz im Traktat Schabbat 87a des Talmuds, wo es heißt: יִישַׁר כֹּחֲךָ שֶׁשִׁבּרְתָּ – möge deine Stärke zunehmen, weil du sie zerbrochen hast! Mosche zeigte mit dem Zerschmettern der Tafeln klar und deutlich, dass ihnen keine G-ttlichkeit innewohnt. Haschem beauftragt Mosche später, ein zweites Paar Steintafeln zu meißeln, worauf Haschem die zehn Gebote schreibt. Diese Tafeln, zusammen mit den zerbrochenen Tafeln, werden in die Bundeslade im Stiftszelt (und viele Jahrhunderte später im Bet Hamikdasch in Jerusalem) gelegt. Damit wird eindeutig kundgetan, dass die ursprünglichen Tafeln, die vollständig von Haschem gemacht und beschrieben wurden, dort zerbrochen vorliegen, während Mosches Tafeln intakt sind: es gibt nichts, das Heiligkeit unabhängig von Haschem besitzt.

Frage der Woche: Was tat Haschem, als das Volk das goldene Kalb verehrte? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Was war so besonders am Material des Me’il (Mantel)? Der Me’il war das einzige Gewand des Kohen Gadol, das vollständig aus himmelblauer Wolle gefertigt wurde.

Biographie der Woche

Rabbiner Chaim Davidson

Jahrzeit 17. Adar

Rav Chaim Davidson wurde 1760 in Pinczow/Polen (jiddisch: Pinchev) geboren. Früh verwaist zeigte er immense Begabung beim Tora-Studium, so dass einer der reichsten Männer Warschaus sich ihn zum Schwiegersohn auserkor.
In Warschau widmete er sich weiter dem Tora-Studium, wurde aber auch von seinem Schwiegervater in geschäftliche Ange-legenheiten involviert. Auf Geschäftsreisen verweilte er oft wochenlang bei Rabbi Akiva Eiger (1761-1837), einem der größten und einflussreichsten Rabbiner jener Zeit, in Märkisch-Friedland und später in Posen, um gemeinsam Tora zu lernen.
Auch wenn Rav Davidson den Großteil seines Lebens hauptsächlich Geschäftsmann war, übte er großen Einfluss auf das jüdische Leben in Warschau aus. Warschaus jüdische Bevölkerung war zwischen 1765 (2519 Juden) und 1816 (etwa 15 000 Juden) stark angewachsen. Die Aufklärung griff spätestens mit der Ankunft Napoleons I. Anfang des 19. Jahrhunderts um sich und führte zu Grabenkämpfen zwischen orthodoxen und reformerischen Juden. Rav Davidson unterstützte den Oberrabbiner Warschaus Rav Shlomo Zalman Lifschitz (Chemdas Shlomo, 1765-1839).
Im Alter von fast achtzig Jahren wurde er selbst Oberrabbiner von Warschau – eine Position, die er mit viel Energie bis zu seinem Lebensende ausfüllte. Kurz vor seinem Tod vernichtete er alle seine Manuskripte, weil er sie in seiner Bescheidenheit nicht für würdig befand, der Nachwelt erhalten zu bleiben.
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