Sep ‍‍2017 - תשעז / תשעח

Daf Paraschat Ki Tavo 5777

Paraschat Ki Tawo

Daf Ki Savo 5777
8./9. September 2017
18. Elul 5777

Dewarim 26:1 – 29:8
Haftara: Jeschaja 60:1 – 22

Die Parascha in Kürze
• Gesetze über die Erstlingsfrüchte und den Zehnten für die Armen
• Mosches Ankündigung des Segens für die Einhaltung der Toragesetze
• Mosches Ankündigung der Flüche für das Ignorieren der Toragesetze

Konzept der Woche
אָמַרְתָּ לִפְנֵי ה‘ אֱלֹקֶיךָ בִּעַרְתִּי הַקֹּדֶשׁ מִן־הַבַּיִת וְגַם נְתַתִּיו לַלֵּוִי וְלַגֵּר לַיָּתוֹם וְלָאַלְמָנָה כְּכָל־מִצְוָתְךָ אֲשֶׁר צִוִּיתָנִי לֹא־עָבַרְתִּי מִמִּצְוֹתֶיךָ וְלֹא שָׁכָחְתִּי:
„So sagst du dann vor dem Angesicht Haschems, deines G-ttes: ‚Ich habe das Heilige aus dem Hause geschafft und habe es auch dem Levi, dem Fremdling, der Waise und der Witwe gegeben, ganz nach Deinem Gebot, das Du mir geboten. Ich habe von Deinen Geboten nichts übertreten und nichts vergessen.‘“ (26:13)

Diese Worte soll ein Landwirt am Ende eines Ma’aser-Zyklus, der drei Jahre dauert sagen, d.h. nach dem dritten und dem sechsten Jahr eines siebenjährigen Schmitta-Zyklus. Es wird וִדּוּי מַעַשְׂרוֹת – Bekenntnis der Ma’asrot (Zehntenbekenntnis) – genannt. Raschis Erklärung teilt uns mit, dass man so angeleitet wird: התְוַדֵּה שֶׁנָּתַתָּ מַעְשְׂרוֹתֶיךָ – bekenne, dass du deinen Zehnten gegeben hast.
Normalerweise versteht man unter Vidui ein Sündenbekenntnis, aber hier hat diese Deklaration nichts mit einem Geständnis von Schuld, Sünde oder irgendeinem Verbrechen zu tun. Warum wird ein „Bekenntnis“ für diese Deklaration verlangt, wenn es doch nur darum geht, eine Erklärung abzugeben, dass man alle Gesetze bezüglich der Abgabe des Zehnten genau erfüllt hat?
Misrachi (Rav Elijahu Misrachi, 1455-1526) meint, dass jemand, der ein Verbrechen gesteht, tatsächlich die Verantwortung für seine Handlung übernimmt. Wenn es um Mitzwot geht, ist es ebenso angebracht, ein Bekenntnis abzugeben, um dadurch auszudrücken, dass man die volle Verantwortung dafür annimmt. Daher sagt derjenige: „Ich erkenne meine Verantwortung an, alle Gesetze Haschems zu erfüllen und gebe an, dass ich dies in vollem Umfang getan habe.“
Sforno (Rav Ovadja Sforno, 1475-1550) hat eine andere Erklärung, warum der Ausdruckוִדּוּי – Bekenntnis – gebraucht wird, auch wenn es kein Bekenntnis von Sünden ist. Er erläutert, dass Haschem ursprünglich die Erstgeborenen als Priester – Kohanim – ausersehen hatte, die Ihm dienen sollten. Dadurch dass das ganze Volk, außer dem Stamm Levi, am Berg Sinai die Sünde des goldenen Kalbs begangen hatte, wurde den Erstgeborenen dieses Privileg entzogen und auf die Kohanim (die ja auch aus dem Stamm Levi kommen, weil sie von Aharon, Mosches Bruder, abstammen) und Levi’im übertragen. Hätte das Volk nicht gesündigt, wären die Abgaben von Truma und Ma’aser nicht an Kohanim und Levi’im gegangen, sondern an die Erstgeborenen jeder Familie und wären in jedem jüdischen Haus verblieben.
Die Tatsache, dass Truma und Ma’aser nun aus dem Haus entfernt werden mussten, stellt eine Anerkennung der Sünde des jüdischen Volkes beim goldenen Kalb dar. Wenn man also erklärt, dass man alle Gesetze des Zehnten genau befolgt hat, erkennt man auch Schuld für die Sünde des goldenen Kalbes an und diese Deklaration kann tatsächlich als ein Bekenntnis bezeichnet werden.
Im Weiteren meint Sforno, dass die Verse in ihrer Fortsetzung ausdrücken: ‚Obwohl ich bekenne, dass meine Abgabe des Zehnten an den Levi ein Bekenntnis der Sünde meiner Vorväter ist, bitte ich trotzdem (26:15): הַשְׁקִיפָה מִמְּעוֹן קָדְשְׁךָ מִן־הַשָּׁמַיִם וּבָרֵךְ אֶת־עַמְּךָ – sende Deinen prüfenden Blick hernieder von Deiner heiligen Stätte im Himmel und segne Dein Volk. Man will damit also sagen, dass man nicht würdig sein möge diesen himmlischen Segen zu erhalten, aber man weiß, dass die Macht von Zedaka den Verdienst des Segens und eines Wandels des מִדַּת הַדִּין – der Eigenschaft der strengen Gerichtbarkeit – nach sich ziehen kann.
Dies ist ein Gedanke, den wir auch heute, wenige Wochen vor Rosch Haschana, im Sinn haben sollten. Wir nähern uns den Tagen des Hohen Gerichts über uns und können mit תְּשׁוּבָה, תְּפִלָה und צְדָקָה – Rückkehr auf den richtigen Weg, Gebet und Zedaka – Haschem bitten, ein nicht so gutes Urteil über unser vergangenes Verhalten abzuwenden.

Frage der Woche: Woher lernen wir, dass die Mitzwot des Gebens von Truma und Ma’aser für Haschem so wertvoll sind wie alle anderen Mitzwot zusammengenommen? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wie hoch muss ein Zaun um ein Dach sein? Er muss 10 Tefachim hoch sein. Es gibt unterschiedliche Ansichten, wie lang ein Tefach in heutigen Maßen ist. Rav Mosche Feinstein (1895-1986) sagt, dass man in diesem Fall, da es sich um eine Sicherheitsmaßnahme handelt, die Lebensgefahr abwenden soll, die Ansicht mit dem größten Maß anwenden soll. Daraus ergibt sich für den Zaun eine Höhe von 106 cm.
Biographie der Woche

Rabbi Yosef Shlomo Kahaneman

Jahrzeit 20. Elul

Rav Yosef Shlomo Kahaneman wurde 1886 in der kleinen litauischen Stadt Kuhl geboren. In seiner Jugend trugen die Rabbiner der Telsche Jeschiwa Rav Eliezer Gordon (1841-1910) und Rav Shimon Shkop (1860-1939) grundlegend zu seiner Entwicklung bei. Später lernte er unter dem Chofetz Chaim (Rav Jisrael Meir Kagan, 1839-1933) drei Jahre in der Radun Jeschiwa und wurde nach seiner Heirat 1911 Rabbiner von Vidzh.
1919 wurde er nach Ponevezh berufen, das eines der bedeutendsten Tora-Zentren Litauens war. Dort trug er zum Aufbau von drei Jeschiwot bei, und war auch an der Gründung einer Schule und eines Waisenhauses beteiligt. Er war Mitglied des litauischen Parlaments und musste erkennen, dass bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges sein Werk in Litauen nicht fortgesetzt werden konnte.
Er wanderte 1940 nach Israel aus und baute dort Kiryat HaYeshiva in Bnei Brak auf, wozu auch einige Waisenhäuser gehörten. Es gelang ihm, die Ponevezh Jeschiwa in Bnei Brak wiederzubegründen und sie zu einer der größten und bedeutendsten Jeschiwot zu machen. Rav Kahanemann kümmerte sich sehr um Waisen – Kriegswaisen der Shoa, die teilweise über Persien aus Europe geflüchtet waren. Er besaß außerordentliche ethische Werte, die er lebte, selbst wenn er dadurch finanzielle Einbußen erlitt. Dazu gehörte, dass er von seinen Unterstützern nur „koscheres“ Geld annahm, d.h. Geld, das auf legalem Wege verdient worden war.
Rav Kahanemann starb 1969 in Bnei Brak.