Mai ‍‍2019 - תשעט / תשף

Daf Paraschat Kedoschim 5779

Paraschat Kedoschim

10./11. Mai 2019
6. Ijar 5779

Wajikra 19:1 – 20:27
Haftara: Jecheskel 22:1 – 16

Hier können Sie das DAF als pdf herunterladen: Daf Kedoshim 5779

Die Parascha in Kürze
• Das Gebot heilig zu sein und damit verbundene Mitzwot, wie Schabbat, das Ehren der Eltern, Zedaka
• Strafen für verbotene sexuelle Beziehungen

Konzept der Woche
לֹא־תִקֹּם וְלֹא־תִטֹּר אֶת־בְּנֵי עַמֶּךָ וְאָהַבְתָּ לְרֵעֲךָ כָּמוֹךָ אֲנִי ה‘:

„Räche dich nicht und grolle nicht den Söhnen deines Volkes und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, Ich bin Haschem.“ (19:18)

Diese beiden Wochenabschnitte enthalten sehr viele Mitzwot: insgesamt finden wir in beiden Parschiot 35 Gebote und 64 Verbote (gemäß dem Sefer HaChinuch). Dazu gehört das Gebot, seinen Nächsten zu lieben. Es mag ja noch angehen, seinen Nächsten lieben zu sollen, aber wie können wir das Gebot erfüllen, den Nächsten so wie uns selbst zu lieben? Der Ramban (Rav Mosche ben Nachman, 1194-1270) schreibt dazu, dass man selbst seinen Freund nicht so wie sich selbst lieben kann. Sogar Rabbi Akiva (1./2. Jhd n.d.Zr.) lehrte (Talmudtraktat Bava Metzia 62a), dass das eigene Leben Vorrang vor dem Leben des Freundes hat. War es aber nicht Rabbi Akiva, der diese Mitzwa als hohe Maxime des Judentums begriffen hat?
Was hat es überhaupt mit Liebe bzw. Selbstliebe auf sich? Rabbiner Eliyahu Lopian (berühmter Vertreter der Mussar-Bewegung, 1876-1970) schreibt über Liebe: „Jede Liebe, die wir auf der Welt kennen, ob es Liebe zu einer Sache oder einer Person ist – jede natürliche Liebe – kann man nicht so erklären, dass der Liebende etwas liebt, sondern im Gegenteil – er liebt sich selbst. Mit anderen Worten liebt er es, sich gut zu fühlen mit der geliebten Sache – das war’s! Es ist wie ein Mensch, der im Restaurant sagt, er liebe Fisch. Jedes Kind versteht, dass er nicht den Fisch liebt, sondern dass er sich selbst liebt, indem er Fisch isst.“
Wie kann man dann wahrhaftig jemanden lieben? Der Slonimer Rebbe (Rav Shalom Noach Berezovsky, 1911-2000) baut auf der Aussage unserer Weisen auf, dass die Liebe von Juden ein Segula (Hilfsmittel) für die Liebe zu G-tt ist. Das bedeutet, dass der einzige Weg, einen Juden zu lieben, ist, sein Selbst (Jeschut) nichtig (mewatel) zu machen. Wenn ein egoistischer Mensch mit Selbstliebe ausgefüllt ist, kann er unter keinen Umständen einen anderen lieben. Der Slonimer Rebbe sagt weiter, dass die Wurzel allen Hasses und aller Kämpfe das Selbst ist. Solange man noch einen Funken von Selbst besitzt, fühlt man, als ob der andere im Wege stehe. Nur wenn ein Jude sein Selbst nichtig macht und völlig entwurzelt, kann es für sein Herz von Bedeutung sein, die Liebe zu Juden einzuschließen. Im weiteren Sinne ist verständlich, dass dies der Schlüssel ist, mit dem es möglich wird, die Liebe zu G-tt zu erreichen.
Rabbiner Schimon Schkop (1860-1939) sagt hingegen, man müsse sich selbst neu definieren. G-tt pflanzte bei der Schöpfung die starke Begierde der Selbstliebe in den Menschen ein. Obwohl auf den ersten Blick die Gefühle von Selbstliebe und Liebe zu anderen einander widersprechen, müssen wir so an uns arbeiten, Haschems Forderung an uns, beide zu vereinen, umzusetzen. Zuerst muss man sich über sein Ich, sein Ego, klarwerden, weil so jeder Mensch gemessen wird: Für einen groben Menschen ist sein Ich vom Körper und von Körperlichkeit bestimmt. Darüber steht jemand, der in seinem Ich Körper und Seele vereint fühlt. Auf der nächsten Stufe befindet sich jemand, der in sein Ich seine Familienmitglieder einschließt. Wenn jemand ein toratreues Leben führt, schließt sein Ich das gesamte jüdische Volk ein. Schließlich ist jeder Jude ein Glied im Körper der jüdischen Nation. Es gibt noch weitere Stufen, die ein vollständiger Mensch in seine Seele eingliedern soll: zu fühlen, dass alle Welten sein Ich sind und er nur ein kleines Glied der ganzen Schöpfung ist. So können seine Gefühle der Selbstliebe ihm helfen, das ganze jüdische Volk und die gesamte Schöpfung zu lieben.
Rav Schkop meint, diesen Ansatz auch in Hillels Aussage in Pirkej Awot 1:14 zu hören: „Wenn ich nicht für mich bin, wer ist für mich? Und wenn nur ich für mich bin, was bin ich?“ Wenn man sein Ich auf einen engen Radius beschränkt, was ist dann das Ich, fragt Rav Schkop. Es ist wertlos und wie ein Nichts. Aber wenn man die ganze Schöpfung als Ganzes sehen kann und man ein Glied dieses riesigen Körpers ist, ist sein Wert beeindruckend groß. Denn in einer großen Maschine hat auch noch die kleinste Schraube eine Funktion und damit einen großen Stellenwert. Das Ganze besteht aus Bestandteilen, aber nur die Summe der Teile ergibt das Ganze.

Frage der Woche: Welche Mussarlektion kann man aus dem Doppelausdruck הוֹכֵחַ תּוֹכִיחַ – zurechtweisen sollst du (deinen Nächsten) – lernen (19:17)? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Wie oft wurde das Kodesch HaKodaschim – das Allerheiligste – kontrolliert, ob es eine Reparatur brauchte? Es wurde alle sieben Jahre kontrolliert (Gemara im Traktat Pessachim 86a).

Biographie der Woche

Rabbi Schmuel Horowitz

Reb Schmelke von Nikolsburg

Jahrzeit 2. Ijar

Rav Schmuel Horowitz wurde 1726 im galizischen Chortkov als Sohn eines Rabbiners geboren. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Pinchas (1731-1805), der später Rabbiner von Frankfurt wurde und nach einem seiner Werke Baal HaFla’a genannt wird, lernte er von frühester Jugend an Tora. Gemeinsam setzten die Brüder ihre Studien an litauischen Jeschiwot fort, aber wurden auf einer Reise nach Mesritch, wo der Maggid von Mesritch (Rav Dov Ber, 1700-1772) als Schüler des Baal Schem Tov (Rav Jisroel ben Elieser, 1698-1760) lehrte, zu dessen Anhängern.
Von der chassidischen Idee überzeugt wurde Rav Horowitz 1754 zum Rabbiner von Ryczwal/Polen berufen, wo er auch eine Jeschiwa leitete. 1764 wurde er Rabbiner von Sieniawa/Polen und schließlich trat er 1773 seine Position als Rabbiner von Nikolsburg in Mähren an. Er wurde immer wieder als Chassid angegriffen, aber war allseits als rabbinische Autorität anerkannt.
Zu seinen Schülern gehören u.a. der Choseh von Lublin (Rav Jakow Jitzchak Horowitz, 1745-1815), Rav Menachem Mendel von Rimanov (1745-1815) und Rav Jisroel Hopstein von Koschnitz (1737-1814). Die chassidischen Dynastien der Nikolsburger Rebbes und der Bostoner Rebbes stammen von Reb Schmelke von Nikolsburg ab.
Er starb 1778 in Nikolsburg.

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