Jan ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Bo 5776

Daf Paraschat HaSchawua

Daf Bo 5776

Paraschat Bo
15./16. Januar 2016
6. Schwat 5776

Schmot 10:1 – 13:16
Haftara: Jirmijahu 46:13–28

Die Parascha in Kürze
• G-tt breitet die letzten drei der zehn Plagen über Ägypten aus: Heuschreckenschwärme, Dunkelheit und Tod der Erstgeborenen
• Die erste Mitzwa an die Nation: Rosch Chodesch – die Grundlage des jüdischen Kalenders
• Die Mitzwa des Pessach-Opfers, das zusammen mit Matza und Maror in der Nacht des 15. Nissan gegessen wird
• In großer Hast wird das jüdische Volk von Pharao zum Aufbruch getrieben und es verlässt Ägypten mit allem Vieh und Hab und Gut
• Die Mitzwa von Tefillin wird gegeben und die Auslösung aller Erstgeborenen (Mensch und Vieh) beschrieben

Konzept der Woche
וּשְׁמַרְתֶּם אֶת־הַמַּצּוֹת כִּי בְּעֶצֶם הַיּוֹם הַזֶּה הוֹצֵאתִי אֶת־צִבְאוֹתֵיכֶם מֵאֶרֶץ מִצְרָיִם וּשְׁמַרְתֶּם אֶת־הַיּוֹם הַזֶּה לְדֹרֹתֵיכֶם חֻקַּת עוֹלָם:
„Und ihr sollt die Matzot hüten, weil Ich an eben diesem Tage eure Heere aus dem Land Mitzrajim hinausgeführt, und sollt so diesen Tag hüten für eure Nachkommen als ein ewiges Gesetz (12:17).”
Raschi zitiert den Midrasch, wo Rabbi Joschija zu unserem Vers sagt: „Lies nicht מַּצּוֹת – Matzot, sondern מִצְוֹת – Mitzwot, wie man die Matzot nicht sauer werden lassen darf, so darf man auch die Gebote nicht sauer werden lassen; sondern erfülle es sofort, sobald ein solches in deine Hand kommt.“
Die Eigenschaft der זְרִיזוּת – Eilfertigkeit – gehört zu den grundlegenden Eigenschaften eines g-ttesfürchtigen Menschen. Wir lernen darüber schon von Awraham Awinu, der sich gleich frühmorgens aufgemacht hat, um Haschems Befehl, seinen Sohn Jitzchak zu opfern, zu gehorchen. In obigem Vers lernen wir über die Bedeutung der Eilfertigkeit aus einer Andeutung: wir sollen die Matzot hüten! Warum sagt uns die Tora nicht geradeheraus, dass wir Mitzwot unverzüglich ausführen sollen, sondern lehrt es uns im Zusammenhang mit dem Hüten der Matzot?
Der Nachalas Elieser (Rabbiner Eliezer Kahan, 20. Jhd, erster Direktor der Gateshead Jeschiwa) erklärt, wie Eilfertigkeit und die Ausführung von Mitzwot elementar miteinander verbunden sind. Man muss nicht viel tun, damit ein Brotteig säuert: man muss eigentlich nur abwarten, bis der Teig zu gehen beginnt und so zu Chametz wird. Dasselbe, sagt Rav Kahan, gilt auch für Mitzwot: wenn man keine aktive Rolle übernimmt und die Mitzwa tut, sondern abwartet, kann es sein, dass die Gelegenheit zur Ausführung der Mitzwa vorbeigegangen ist. Es ist ein großer Fehler zu denken, dass einem eine Mitzwa nicht davonläuft. Jemand, der die Gelegenheit aber beim Schopfe fasst, wird seinen Lohn in der Kommenden Welt erhalten.
Nun könnte man ja meinen, dass man entweder mit der Eigenschaft der Eilfertigkeit geboren wird oder dass sich jemand so viel beim Ausführen von Mitzwot abverlangt, dass er mit durchschnittlichen Menschen nicht zu vergleichen ist. Solange man überhaupt die Mitzwa tut, spielt es doch keine Rolle, ob man sie mit großem Eifer ausführt oder nicht.
Aber ist das wirklich so? Wenn der Teig für Matza zubereitet wird, kommt es auf jeden Moment an, denn in Sekundenschnelle können die achtzehn Minuten, die maximal vom ersten Mischen bis zum Backen zur Verfügung stehen, vorbei sein. Von außen betrachtet sieht der Teig nach siebzehn Minuten genauso aus wie nach neunzehn Minuten, aber es ist die Eilfertigkeit, die den Unterschied macht. Genauso ist es mit Mitzwot, die prompt oder mit Nachlässigkeit getan werden – es liegen Welten zwischen ihnen.

Frage der Woche: Was lernen wir in Vers 13:16 aus der Tatsache, dass das Wort יָדְכָה – dein Arm – in dieser ungewöhnlichen Weise geschrieben wird und nicht wie üblich יָדְךָ ? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.

Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Warum sind alle Frösche gestorben, nachdem die Plage geendet hat? Alle Frösche sind nach der zweiten Plage gestorben, damit die Ägypter keinen Nutzen aus ihnen ziehen und sie aufessen konnten.

Biographie der Woche

Rabbi Dr. Menachem M. Brayer
Jahrzeit 8. Schwat

Rabbiner Menachem Brayer wurde 1922 in Polen geboren. Er entstammte einer Familie von Husyatiner Chassidim – sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren Rabbiner in Shtefanesht/Rumänien. Er lernte an der Jeschiwa von Kischinew und wurde mit achtzehn Jahren zum Rabbiner ordiniert. Es gelang ihm während des Zweiten Weltkrieges in Rumänien zu studieren und 1944 seinen ersten Studienabschluss zu erlangen. 1947 ging er nach Paris und studierte an der Sorbonne, wo er in Jahresfrist sein Diplom machte. 1948 emigrierte er in die USA und studierte an der New Yorker Yeshiva University, während er an der zugehörigen High School unterrichtete. Seinen ersten Doktortitel erwarb Rav Brayer 1950 und promovierte schließlich 1958 in Psychologie. 1952 heiratete er die Tochter des Boyaner Rebben Mordechai Shlomo Friedman (1891-1971) und hatte bald sowohl die Position eines Professors an der Yeshiva University als auch die Rolle eines als Therapeut arbeitenden Psychologen inne. Er hielt die Gedanken seines Schwiegervaters für die Nachwelt, aber vor allem für seinen Sohn Nachum Dov, fest, der nach dem Tod des Boyaner Rebben 1971 als dessen Nachfolger erzogen wurde und 1986 der nachfolgende Rebbe wurde.
Rabbi Dr. Brayer schrieb mehrere wissenschaftliche Werke, in denen sein äußerst umfassendes Allgemeinwissen und sein tiefgründiges rabbinisches Wissen miteinander eindrucksvoll verwoben sind. Zu nennen ist u.a. das zweibändige Werk The Jewish Woman in Rabbinic Literature, das die Rolle der jüdischen Frau über die Jahrtausende eingehend darstellt.
2002 macht Rav Brayer mit seiner Frau Aliya. Er war einer der letzten europäischen jüdischen Intellektuellen, die tiefe Religiosität, große Offenheit und wissenschaftliche Neugier in sich vereinten. Er starb 2007 in Jerusalem.

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