Okt ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Bereschit 5777

Paraschat Bereschit
Schabbat Mewarchim

daf-bereishis-5777

Bereschit 1:1 – 6:8
Haftara: Jeschaja 42:5–43:10

28./29. Oktober 2016
27. Tischre 5777
Die Parascha in Kürze

• G-tt erschafft Himmel und Erde, alle Pflanzen und Lebewesen in sechs Tagen und ruht am siebten Tag
• Adam und Chawa, die ersten Menschen, essen verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und werden von G-tt aus Gan Eden verwiesen
• Kajin tötet seinen Bruder Hewel, weil dessen Opfer von Haschem angenommen wurde
• Die Geschichte der ersten zehn Generationen der Menschheit, von Adam bis Noach, wird erzählt: die Menschen verhalten sich nicht, wie G-tt es gewünscht hat

Konzept der Woche
וַיֹּאמֶר אֱלֹקִים יְהִי מְאֹרֹת בִּרְקִיעַ הַשָּׁמַיִם לְהַבְדִּיל בֵּין הַיּוֹם וּבֵין הַלָּיְלָה וְהָיוּ לְאֹתֹת וּלְמוֹעֲדִים וּלְיָמִים וְשָׁנִים:
„G-tt sprach: es werde eine Einheit von Lichtträgern an dem Gewölbe des Himmels, zu unterscheiden zwischen dem Tag und der Nacht; und sie sollen auch dienen zu Zeichen und zu Festzeiten, und für Tages- und Jahreskreise.“ (1:14)
Am vierten Tag der Schöpfung schuf G-tt die himmlischen Gestirne, die Sonne und den Mond. Die Tora zählt zu ihren Aufgaben: die Trennung zwischen Tag und Nacht, der Welt Licht zu geben und als Grundlage für einen Kalender zu dienen, mit denen der Mensch Zeit messen und einteilen kann.
Im obigen Vers verbindet die Tora die Worte mit den Gestirnenוְהָיוּ לְאֹתֹת – sie sollen als Zeichen dienen. Raschi erklärt, basierend auf dem Talmud im Traktat Sukka 29a, wie Sonne und Mond der Menschheit als Zeichen dienen. Wenn nämlich die Welt vorübergehend in Dunkelheit versinkt, weil die Sonnenstrahlen während einer Sonnenfinsternis nicht auf die Erde fallen, wird dies als סִימָן רַע – schlechtes Zeichen – für die ganze Welt angesehen und wir sind aufgerufen, unser Verhalten zu prüfen und Teschuwa zu tun. Der Talmud zieht einen Vergleich heran: ein König aus Fleisch und Blut lässt seinen Untertanen ein Festmahl servieren und stellt eine Laterne auf, damit sie ihr Essen genießen können. Dann wird der König auf sie wütend und befiehlt: „Entfernt die Laterne und lasst sie in Dunkelheit sitzen!“
Ähnlich, erläutert der Maharscha (Rav Schmuel Eidels, 1555-1631), ist es mit G-tt, dem König der Welt, der dem Menschen die ganze Welt gegeben hat, um sie zu genießen und zu nutznießen. Wenn der Mensch sündigt, wird das Licht der Sonne, das es dem Menschen ermöglicht, dieses Geschenk zu gebrauchen, vorübergehend der Welt entzogen.
Natürlich wird sofort die Frage aufgeworfen, wie denn ein Naturereignis wie eine Sonnenfinsternis mit diesem Vergleich in Verbindung gebracht werden kann. Jeder, der die Gesetze der Naturwissenschaft kennt, weiß, dass Sonne, Mond und Erde auf einer Linie stehen müssen, damit es zu einer Sonnenfinsternis kommt. Die Bewegungen des Mondes um die Erde und der Erde um die Sonne folgen eindeutigen physikalischen Gesetzen und werden nicht vom ethischen Verhalten des Menschen auf der Erde beeinflusst. Wie können wir dann eine Sonnenfinsternis als schlechtes Zeichen ansehen?
Aruch Laner (Rav Jacob Ettlinger, 1798-1871) antwortet darauf, dass der Talmud zwar ein Ereignis als schlechtes Omen bezeichnet, aber dies nicht bedeutet, dass das Ereignis eine Strafe für schlechtes Verhalten ist. Ebensowenig ist es eine Vorhersage von anderen Strafen, die sich bald als Reaktion auf Fehlverhalten ereignen werden. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: statt eine Strafe anzukündigen, ist es ein Signal dafür, dass nun die Zeit für die Möglichkeit einer Strafe ist. Während Haschem dem Menschen sonst gewogen ist und Milde walten lässt, richtet Er uns während einer Sonnenfinsternis als strenger Richter, auch wenn wir Seine Gründe weder erkennen noch verstehen können. Was tatsächlich während dieser Zeit geschieht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie den Taten der Bevölkerung, den Taten früherer Generationen und zahlreicher anderer, miteinander verflochtener Komponenten, die in die g-ttliche Entscheidung hineinspielen. Eine Generation, die sich tadellos verhalten hat, mag diese Zeit der strengen Gerichtsbarkeit unversehrt überstehen. Sollte Haschem jedoch entscheiden, dass eine Strafe angebracht ist, mag sie tatsächlich zu der Zeit einer Sonnenfinsternis erteilt werden.
So wie der König in der Parabel des Talmuds seine Untertanen seinen Zorn spüren lassen wollte, indem sie die Mahlzeit nicht genießen konnten und in Dunkelheit verbringen mussten, so erlaubt uns eine Sonnenfinsternis einen kurzen Blick auf die spirituellen Verhältnisse im Himmel. Wir können uns entscheiden, ob wir auf diese Botschaft reagieren wollen oder nicht.

Frage der Woche: Welche sechs Dinge nannte Haschem während der Schöpfung beim Namen? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Antwort auf die zuletzt gestellte Frage: Warum gibt es in Dewarim 31:2 einen Zusatzbuchstaben, den Buchstaben Waw, im Wort וְלָבוֹא ? Der Buchstabe Waw, der den Zahlenwert „6“ hat, ist präsent, weil Mosche hier sagte: „Ich kann nicht mehr kommen und gehen“, d.h. ich kann nicht mehr die sechs Ordnungen der Mischna geben und nehmen (Baal HaTurim, 1269-1343).
Biographie der Woche

Rabbi Jitzchak von Dampierre

Ri HaSaken

Jahrzeit 27. Tischre

Rav Jitzchak ben Schmuel wurde circa 1120 in Ramerupt/Frankreich geboren. Sein Großvater väterlicherseits war Rav Simcha von Vitry (11. Jhd.) und sein Großvater mütterlicherseits war Raschis Schwiegersohn Rav Meir. Somit waren Rabbenu Tam (Rav Jakow ben Meir, 1100-1171) und der Raschbam (Rav Schmuel ben Meir, 1085-1158) seine Onkel mütterlicherseits.
Der Ri gehörte zu den Tosafisten (Rabbiner des 11. und 12. Jahrhunderts in Frankreich und Deutschland, die den Talmud kommentierten) und nur der Name von Rabbenu Tam wird öfter als sein Name in unseren Ausgaben der Tosafos genannt. Nachdem Rabbenu Tam nach Troyes gezogen war, übernahm der Ri die Leitung der Jeschiwa in Ramerupt. Später ließ er sich in Dampierre nieder, wo er eine angesehene Jeschiwa gründete. Es ist überliefert, dass der Ri sechzig ausgezeichnete Schüler hatte, von denen jeder ein ganzes Talmudtraktat auswendig konnte, und somit jederzeit die gesamte talmudische Literatur zur Verfügung stand.
Der Ri war als großer Talmud-Gelehrter anerkannt und lebte ein sehr asketisches Leben. Der Beiname „HaSaken“ unterscheidet ihn von seinem Schüler Rav Jitzchak, mit dem der Name „Ri HaBachur“ verbunden wird.
Der Ri starb circa 1200 in Dampierre.

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