Mai ‍‍2016 - תשעו / תשעז

Daf Paraschat Acharei Mot

Paraschat Acharej Mot
Schabbat Mewarchim

Daf Acharei Mos 5776

Wajikra 16:1 – 18:30
Haftara: Amos 9:7 – 15

6./7. Mai 2016
29. Nissan 5776
Die Parascha in Kürze

• Der Tempeldienst des Kohen Gadol an Jom Kippur wird detailliert beschrieben
• Die verbotenen sexuellen Beziehungen werden aufgeführt

Konzept der Woche
אִישׁ אִישׁ אֶל־כָּל־שְׁאֵר בְּשָׂרוֹ לֹא תִקְרְבוּ לְגַלּוֹת עֶרְוָה אֲנִי ה‘:
„Jeder, jeder, zu aller Verwandtschaft seines Fleisches sollt ihr euch nicht nähern, Blöße zu enthüllen, Ich bin Haschem (18:6).”
Gegen Ende dieses Wochenabschnittes werden die גִלוּי עֶרְוָה – die verbotenen sexuellen Beziehungen – aufgezählt. Während fast alle unserer Gebote übertreten werden dürfen, wenn es darum geht, sein Leben zu retten, so gibt es drei Bereiche, für die man eher sein Leben lassen muss, als das Gebot zu brechen: Mord, Götzendienst und עַרָיוֹת – verbotene sexuelle Beziehungen. Für uns scheint es heute auf der Hand zu liegen, dass inzestuöse Beziehungen verboten sind, aber erstens gebraucht die Tora ein Wort, das sie selten für andere Sünden verwendet: תּוֹעֵבֹת – Abscheulichkeiten – und zweitens sind in die verbotenen Beziehungen auch nichtverwandte Familienmitglieder wie die Ehefrau des Vaters oder die Schwiegertochter miteinbezogen. Was also führt zu dieser Strenge der Tora?
Wenn in Vers 18:6 mit der Auflistung der verbotenen Beziehungen begonnen wird, spricht die Tora vonשְׁאֵר בְּשָׂרוֹ – Verwandtschaft seines Fleisches. Die Mefarschim (Tora-Kommentatoren) sehen in der Beschreibung, wen man nicht heiraten darf, Hinweise auf die Gründe für die Verbote. Weitergehend kann man daraus ableiten, was eigentlich das Ziel einer jüdischen Ehe ist und über die Art und Weise, wie ein Ehepaar ein jüdisches Zuhause zusammen aufbauen soll.
Maharal (Rav Jehuda Löw von Prag, 1520-1609) erklärt, dass man das eheliche Ziel, über sich hinauszuwachsen und eine Einheit zu bilden, nur erreichen kann, wenn der Partner anders als man selbst ist: mit seiner einzigartigen Persönlichkeit und vielleicht unterschiedlichen Ansätzen im Alltag. Wenn man allerdings jemanden heiratet, der zu einem identisch – oder sehr nah verwandt – ist, wird man nicht wachsen und in Bereiche vordringen können, die jenseits seines momentanen Horizonts liegen. Stattdessen hat dieser Mensch seine komfortable Ecke gefunden, muss nicht an seinen Charaktereigenschaften arbeiten und betont damit einzig den physischen Aspekt der Ehe. Die Tora bezeichnet allerdings in Bereschit 2:18 die Ehefrau als עֵזֶר כְּנֶגְדּוֹ – Hilfe ihm gegenüber. Der Mensch soll nicht allein bleiben und das Paar soll sich mit seinen unterschiedlichen Eigenschaften in die Ehe einbringen. Die Ehefrau soll ihrem Mann ein konstruktives Gegenüber sein, so dass eine erfolgreiche Gemeinschaft entsteht. Maharal sagt, dass die Tora die Heirat mitשְׁאֵר בְּשָׂרוֹ verbietet, weil nahe Verwandte nicht nur genetisch ähnlich sind, sondern auch in der Familie jahrelang dieselben Erfahrungen gemacht haben. Dies klingt vielleicht nach der idealen Grundlage für eine gute Ehe, weil die Partner schon darauf zählen können, kompatibel zu sein, aber die Tora erwartet mehr von uns als Zufriedenheit mit körperlichen Genüssen und Bequemlichkeit. Wir sollen als Juden das uns von G-tt gegebene Potential erfüllen und an jedem Tag unseres Lebens versuchen, über uns hinauszuwachsen und auf eine höhere spirituelle Stufe zu kommen. Wir haben eine spirituelle Seite wie die Engel und eine körperliche Seite mit Instinkten und Bedürfnissen wie die Tiere. Die Tora zeigt uns den Weg, wie wir beides miteinander vereinen und aus dem Alltäglichen etwas Heiliges machen können. Sich auf עַרָיוֹת einzulassen, bedeutet, sich nur der Körperlichkeit hinzugeben und das Ziel einer jüdischen Ehe, gemeinsam spirituell zu wachsen, nicht zu erfüllen.

Frage der Woche: Wie oft wurde das Kodesch HaKodaschim – das Allerheiligste – kontrolliert, ob es eine Reparatur brauchte? Antwort, s.G.w., im nächsten Daf.
Zuletzt gestellte Frage und Antwort: Warum nennen wir die Mitzwa des Zählens der Tage von Pessach bis Schawuot „Sefirat HaOmer“? Diese Zeit hat ihren Namen vom Beginn der Zählung am zweiten Tag von Pessach, an dem zu Tempelzeiten ein Omer (knapp vier Liter) der neuen Gerstenernte im Bet HaMikdasch dargebracht wurde.
Biographie der Woche

Rabbi Jakow Emden

Ja‘avetz

Jahrzeit 30. Nissan

Rabbiner Jakow Emden wurde 1697 in Altona geboren, wo sein Vater, der berühmte Rabbiner Tzvi Hirsch Aschkenasi (Chacham Tzvi, 1656-1718), als Rabbiner tätig war. Der Chacham Tzvi stand einer Jeschiwa in Altona vor, die junge Männer von Nah und Fern anzog, und auch Jakow Emden lernte dort, bis sein Vater 1710 Oberrabbiner der aschkenasischen Gemeinde von Amsterdam wurde und er seine Studien dort unter seinem Vater fortsetzte.
Nachdem er 1715 die Tochter des Rabbiners von Ungarisch Brod geheiratet hatte, lernte und lehrte er einige Jahre in der Jeschiwa seines Schwiegervaters in Mähren. Er tat sich außerordentlich als Toragelehrter hervor und beschäftigte sich nebenbei mit weltlichen Fächern wie Philosophie und Latein. Er verdiente schließlich den Lebensunterhalt seiner Familie mit Schmuckhandel, denn er weigerte sich lange Zeit, mit seinem Torawissen Geld zu verdienen. Schließlich gelang es der jüdischen Gemeinde im friesischen Emden, ihn als Rabbiner zu gewinnen. Seine Tätigkeit dort von 1728 bis 1734 brachte ihm den Nachnamen ein, unter dem er bis heute bekannt ist. Da er ein hochintelligenter und hochgebildeter Talmudist war, wurde ihm zeitlebens sehr viel Hochachtung entgegengebracht, aber sein unabhängiger Geist verschaffte ihm immer auch viele Gegner. Seine negativen Erfahrungen mit dem Emdener Gemeindevorstand brachten ihn zu dem Entschluss, nie mehr ein Rabbineramt zu bekleiden.
Ab 1734 lebte er wieder in Altona und wurde wenig später dort Besitzer einer hebräischen Druckerei. Er verlegte daselbst u.a. seinen berühmt gewordenen Siddur und einige seiner Schriften. Er war weit über die Grenzen Altonas als Talmudist und Dezisor bekannt und viele seiner Responsen sind uns erhalten geblieben.
Rav Emden lebte in einer Zeit, die noch von den Nachwehen des falschen Moschiach Schabbatai Tzvi (1626-1676) bestimmt war. Wie sein Vater ging er vehement gegen dessen Anhänger vor und wurde so in den Amulettenstreit mit Rabbiner Jonathan Eybeschütz (1690-1764) verwickelt, der von 1751 bis zu Rav Eybeschütz‘ Tod das ganze rabbinische Mittel- und Osteuropa in eine große Kontroverse verwickelte. Die Meinungen und Entscheidungen, ob es sich bei Rav Eybeschütz um einen Sabbatianer handelt, gingen jahrelang hin und her und es wurde erbittert miteinander gefochten, zumal da Rav Eybeschütz ab 1751 das Amt des Oberrabbiners von Hamburg, Altona und Wandsbek innehatte.
Rav Emden starb 1776 in Altona.

Impressum: Herausgegeben von HMS © 2016