Mrz 2007

„Das ist ein historischer Moment für alle Juden“ ()

Erstmals besuchen beide Oberrabbiner Israels Deutschland. Ein Interview mit dem Berliner Gemeinderabbiner Yitzhak Ehrenberg.

Zum ersten Mal besuchen die beiden obersten Rabbiner Israels, Yona Metzger und Shlomo Amar, Deutschland. Über die Bedeutung des Treffens für die Jüdische Gemeinde sprach Jens Anker mit Rabbiner Yitzhak Ehrenberg.

Berliner Morgenpost: Rabbiner Ehrenberg, was bedeutet es für die Jüdische Gemeinde, dass die beiden Oberrabbiner Israels Deutschland besuchen?

Yitzhak Ehrenberg: Das ist ein historischer Moment für alle Juden in Deutschland. Es ist selten, dass beide Oberrabbiner gleichzeitig ein Land besuchen. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland ist seit zwei Jahren eng mit dem israelischen Oberrabbinat verbunden. Vor einem Jahr habe ich dann beide Oberrabbiner eingeladen, Deutschland zu besuchen.

Was erhoffen Sie sich konkret von dem Besuch?

Das israelische Oberrabbinat ist der zentrale Geist für die jüdische Diaspora in der ganzen Welt. Der Besuch ist daher eine große Anerkennung für uns. Die orthodoxen Juden in Deutschland sehen, dass wir gute Arbeit leisten.

Am Wochenende besucht die Delegation Berlin. Was steht hier auf dem Programm?

Zu Ehren des im vergangenen Jahr verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Paul Spiegel, werden wir eine Thora-Rolle zu Ende schreiben und der Gemeinde übergeben. Am Sonntag gibt es ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Welche Themen werden Sie besprechen?

Wir wollen vor allem über die Zusammenarbeit in religiösen Fragen sprechen. In den vergangenen Jahren sind sehr viele Juden aus Russland nach Deutschland gekommen, und wir wollen darüber reden, wie uns die Bundesregierung dabei unterstützen kann, sie in die Jüdischen Gemeinden zu integrieren. Wie hat sich das jüdische Leben in Deutschland aus Ihrer Sicht entwickelt? Ich bin positiv überrascht. Die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion hätten ja auch nach Israel gehen können. Sie sind aber nach Deutschland gegangen, und viele von ihnen kommen interessanterweise in die Synagogen und Gemeinden. Sie entdecken ihre Religion neu, die sie in der Sowjetunion nicht praktizieren konnten.

In den vergangenen Wochen gab es auch in Berlin neue antisemitische Anfeindungen und Übergriffe. Nimmt der Antisemitismus in Deutschland zu?

Das kann ich nicht sagen. Ich finde es jedenfalls schade. Das sind Menschen, die mit sich selbst unzufrieden sind. Wer mit sich selbst zufrieden ist, respektiert auch andere Menschen. Ich fühle mich in Deutschland aber sicher. Natürlich, der Antisemitismus ist da, und man muss ihn mit allen Mitteln bekämpfen.

Wie kann das geschehen?

Das muss schon in der Kita und den Schulen anfangen, in denen mehr Wert auf Toleranz und Respekt gelegt werden muss. Neulich hatte ich ein ganz anderes Erlebnis. Ich bin mit der S-Bahn gefahren und neben mir saß ein junger Mann, der nervös wurde, als er mich sah. Nach einer Weile stand er auf, kam zu mir und sagte: Ich möchte mich im Namen des deutschen Volkes für die Taten bei Ihnen entschuldigen. Auch so etwas erlebt man.